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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 130

 

Präsident, wir reden nicht über boomende Meistbeschäftigungsrekorde, sondern wir stehen vor einer Dürreperiode.

 

Als die ersten Vorboten der Krise über Österreich gekommen sind und vor allem auch über Wien, Frau Stadträtin, haben Sie in Rekordzeit gehandelt und die Gebühren exorbitant in die Höhe geschnalzt. Aber wir haben ja ein Konjunkturpaket, ein weiters Potemkinsches Dorf, denn 100 Millionen EUR, schöne Überschriften, aber nichts dahinter. Und mit Verlaub gesagt, meine Damen und Herren von der Stadtregierung, ich glaube, Potemkin muss ein Wiener Sozialdemokrat gewesen sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ein Paket in dieser Größenordnung von nicht einmal 1 Prozent des regulären Budgets der Stadt Wien, das ist nicht einmal der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein, denn das verpufft schon, bevor es ankommt, geschweige denn, das notwendige Löschwasser, um gegen die ökonomischen Brände anzukämpfen. Frau Stadträtin, Sie sind ja auch für die Feuerwehr zuständig, aber seien Sie nicht nur für die Feuerwehr zuständig, sondern auch für die ökonomische Feuerwehr.

 

Was ist mit dem regulären Budget – der Kollege Margulies hat es schon angesprochen –, wo sind die Impulse für den Arbeitsmarkt? – 2007: 1,7 Milliarden EUR für Investitionen im engeren Sinne, 2009: 100 Millionen EUR weniger, nämlich 1,6 Milliarden EUR.

 

Bauinvestitionen 2007: 1,8 Milliarden EUR, 2009: 1,6 Milliarden EUR, 200 Millionen EUR weniger; das sind in Schillingen immerhin 250 Millionen Schilling.

 

Also ich frage mich, wo die 573 Millionen tatsächlicher Investitionen bleiben.

 

Das Wirtschaftsbudget, die Wirtschaftsförderung im engeren Sinne: 131 Millionen EUR. Ist das alles, was wir zustande bringen, Frau Stadträtin, Frau Vizebürgermeisterin?

 

Das Arbeitsmarktbudget: 56 Millionen EUR.

 

Also das ist aus meiner Sicht nichts anderes als Stillstand, monotone Fortschreibung.

 

Wo sind die im Wahlkampf wortreich versprochenen Investitionen? Denn wir wissen, das Budget ist das in Zahlen gegossene Arbeitsprogramm. Ihr Arbeitsprogramm, meine Damen und Herren, steht für Stagnation, für Stillstand. Man kann es auch anders sagen: Sie machen falsch, was man falsch machen kann.

 

Es gibt wohl einen triftigen Grund, warum die Opposition, warum wir nicht geladen wurden zum Konjunkturgipfel. Da hätte ja theoretisch eine gute Idee auf den Tisch kommen können. Gott bewahre! Oder es könnten theoretisch ganz konkrete Initiativen da sein. Aber was ist geblieben? Nichts als wolkige Überschriften. Wenn Sie also vom Zusammenstehen reden, Frau Stadträtin, dann frage ich Sie, warum haben Sie der Opposition keine Gelegenheit gegeben, hier mitzusprechen.

 

Und wenn Sie schon die Kritik der Opposition kalt lässt, dann darf ich Ihnen die Vorschläge der Experten wärmstens empfehlen. Die sind einer Meinung, dass die klein- und mittelständische Wirtschaft jetzt gestärkt werden muss. Gerade in den konjunkturell schwächeren Zeiten sind die KMUs jene Betriebe, die durchstarten, die krisenfester sind, die das Rückgrat der Wiener Wirtschaft darstellen. Sie müssen daher gerade jetzt deutlicher unterstützt werden. Es braucht ein Konjunkturpaket in Höhe von 500 Millionen EUR, nicht 100 Millionen EUR. Es bedarf der deutlichen Ausweitung der Kreditaktion von Stadt und Wirtschaftskammer zur Finanzierung der Mikrokredite. Wir brauchen die Aufstockung, und zwar die deutliche Aufstockung der Internationalisierungsförderung, die verstärkte Unterstützung der Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Renovierung von Geschäftslokalen sowie Förderungen für individuelle Energieeffizienzmaßnahmen. Das alles sind Möglichkeiten, wie man ein Budget deutlich kreativer, ideenreicher gestalten kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Gerade der letzte Punkt leitet mich noch zum Thema Wohnen über. Das Thema Wohnen und das Budget im Bereich Wohnen stehen exemplarisch für das gesamte Wiener Budget. Beim Budgetansatz der MA 50, Wohnbauförderung für 2009, gibt es keine entscheidenden Veränderungen. „More of the same.”

 

Hinsichtlich der Wohnhaussanierung gibt es eine Änderung, aber was glauben Sie, in welche Richtung? Nach unten und nicht nach oben! Für 2009 sind nämlich 183 Millionen EUR vorgesehen, 2008 waren es immerhin 201 Millionen EUR. Das heißt, es fehlen wieder 20 Millionen EUR, die Sie nicht mehr budgetiert haben. Anstatt die Förderung auszuweiten in der Krise, wird sie reduziert. Das zeigt einmal mehr: Die SPÖ kann nicht wirtschaften.

 

Dabei wäre gerade die thermisch-energetische Wohnhaussanierung nicht nur ökologisch, sondern vor allem auch ökonomisch interessant. Neben den bedeutsamen Effekten für den Schutz unserer Umwelt wäre eine diesbezügliche Offensive konkreter und ein sinnvollerer Ansatz bei der arbeitsmarktpolitischen Dimension, denn Sie wissen ganz genau, dass gerade im Sanierungsbereich gegenüber dem Tiefbau dreimal so viele Arbeitsplätze geschaffen werden, im Hochbau sind es immerhin noch zweimal so viele wie im Tiefbau. Gerade den Klein- und Mittelbetrieben, die jetzt verstärkt und vermehrt Druck verspüren, gäbe das die Möglichkeit, sich nachhaltig über Wasser zu halten und erfolgreich zu wirtschaften.

 

Wenn Sie jetzt sagen, das stimmt alles nicht, dann sage ich Ihnen nur, 2007 hat das Kontrollamt festgestellt, dass von 1995 bis 2006 nur 116 000 Miet- und Eigentumswohnungen saniert wurden, obwohl das Programm der Stadt Wien bis 2010 220 000 Wohnungen vorsieht. Und das Kontrollamt hat zitiert, das Maßnahmenprogramm „Thermoprofit" des Klimaschutzprogramms der Stadt Wien könne damit nicht erreicht werden. Ist das in der Krise Investition in die Zukunft? Was haben Sie gemacht? Achselzucken, Weiterwurschteln.

 

Liebe SP-Stadtalleinregierung! Gerade in Zeiten konjunktureller Abschwächung und drohender Rezession brauchen wir ein klares Bekenntnis zu Maßnahmen im Wohnbau, um die Wirtschaftsleistung anzukurbeln. Im Budget sehen Sie dafür jedoch nicht vor. Das ist traurig,

 

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