Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 130
Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen war. Dem ist nicht mehr so, weil die Menschen, die im Sozial- und Gesundheitsbereich arbeiten, unter den von der Stadt Wien bereitgestellten Arbeitsbedingungen leiden. Es gibt zu wenig Arbeitsplätze, der Druck erhöht sich permanent und selbstverständlich wirkt sich das dann auch immer wieder auf Beratungstätigkeiten oder im Gesundheitsbereich auch noch viel schlimmer aus. Aber es sind Strukturmängel und die müssen wir ebenfalls einmal mit einer Zusatzinvestition ins Personal verbessern.
Es liegt an uns, eine ernsthafte Diskussion in der
jetzigen Situation zu führen. Deshalb bringe ich neben diesem Antrag auch noch
einen Abänderungsantrag ein:
„Im Ergänzungsantrag zum Voranschlagsentwurf 2009
sind folgende Änderungen vorzunehmen: Auf Ansatz 9701 wird die einnahmen- und
ausgabenseitige Zahl 100 000 durch 1 050 000 ersetzt. Punkt 2
des Ergänzungsantrags ist sinngemäß anzupassen.“ (VBgmin Mag Renate Brauner
schüttelt den Kopf.)
Die Frau Stadträtin
schüttelt den Kopf (VBgmin Mag Renate Brauner: Ja!), wie man angesichts
dieser Situation eine Milliarde Mehrausgaben fordern kann. Wenn wir nächstes
Jahr zur selben Zeit den Budgetvoranschlag beschließen, dann hoffe ich von der
Frau Stadträtin nicht zu hören: „Jetzt ist es tatsächlich höchste Zeit.“ Dann
will ich kein Jammern über das Versagen der Politik der anderen, das Versagen
der Politik auf europäische Ebene, das Versagen der Politik auf nationaler
Ebene. Frau Stadträtin, Sie haben es in der Hand, die dramatischen
Auswirkungen, die auf Wien zukommen, zu lindern. Nützen Sie die Chance! Dann
können wir möglicherweise auch einmal in der Rechnungsabschlussdebatte dem
Ganzen durchaus etwas Positives abgewinnen. Es war ja Ihr Wunsch, dass wir in
der Budgetvoranschlagsdebatte, auch in der Generaldebatte, einmal auch zu den
positiven Dingen, die die Stadt Wien bewegen, Stellung nehmen und das werde ich
jetzt tun. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. Als Nächster am
Wort ist Herr StR Walter.
StR Norbert Walter, MAS: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr
geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Geschätzte Damen und Herren!
Wenn der Christian Oxonitsch - wo ist er denn, da ist
er - Graz mit Wien verglichen hat, so glaube ich, ist das doch ein bissel ein
Vergleich mit Äpfeln und Birnen. Aber wie dem auch sei, weil normalerweise
lässt sich ja die Stadt Wien nicht mit anderen Städten in Österreich
vergleichen. Da sind wir immer ein Alleinstellungsmerkmal.
Ich darf schon darauf hinweisen, wenn die Frau
Vizebürgermeisterin heute in ihrer Rede so gesprochen hat, als ob wir hier in
einem Schlaraffenland leben würden - wir tun es zum Teil. Aber es fließen nicht
nur Milch und Honig, denn bröckelnde Schulbauten, teilweise zusammenbrechender
öffentlicher Verkehr, Knebelungen, ewig lange Verfahren bei Genehmigungen - wenn
das Schlaraffenland ist, Frau Vizebürgermeisterin? Doch, das stimmt, ich kann
Ihnen viele Beispiele sagen, es ist so. (VBgmin Mag Renate Brauner: Ja, von
den Wirtschaftsleuten!) Nein, es sind nicht die Wirtschaftsleute. Es ist
die Stadt, weil sie so lang braucht, weil die Stadt so lange braucht! (Beifall
bei der ÖVP.)
Aber lassen Sie mich zum
Budget 2009 kommen. Der amerikanische Handelsminister Maurice Stans formulierte
vor 40 Jahren: „Die Aufstellung eines Budgets ist die Kunst, Enttäuschungen
gleichmäßig zu verteilen."
Dieses Gefühl der gleichmäßigen Enttäuschung
verspüren wir von der ÖVP in Wien Jahr für Jahr, wenn wir im Herbst das Budget
seitens der Stadtregierung präsentiert bekommen, diese es abfeiert, aber wir
sozusagen, außer den Vorwurf zu bekommen, über die Stadt schlecht zu reden,
keine Möglichkeit haben, anständig und offensiv mitzudiskutieren. Bei
Anwesenheit gerade der sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen, die ja
die Mehrheit haben, wäre es schon spannend, mitzudiskutieren (Zwischenrufe
bei der SPÖ.) Charly, du weißt selber, wenn nicht einmal die Hälfte da ist,
dann ist das kein Interesse. (GR Godwin Schuster: Na bitte, wie schaut es
denn bei euch aus? – GR Kurt Wagner: Wer sitzt denn bei euch in der zweiten
Reihe?) Das heißt, wir brauchen auch nicht zu diskutieren. (Beifall bei
der ÖVP.)
Auch der Voranschlag für das Budget 2009 ist leider
wieder nur die Fortschreibung des Stillstandes. Auf den Punkt gebracht, ist es
nichts anderes als monotone Verwaltung statt innovativer Gestaltung. Dafür und
für jede Menge Skandale und Skandälchen stehen Sie, meine Damen und Herren von
den Wiener Sozialdemokraten. (Beifall bei der ÖVP.) Aber auch diese
Budgetdebatte hier wird nicht helfen, diese lange Liste zuzudecken.
Die Fortschreibung des Stillstandes drückt sich in
den wirtschaftlichen Eckdaten der Bundeshauptstadt ganz besonders aus. Nehmen
wir das Thema Wachstum her. Die Wiener Wirtschaft wuchs in den letzten Jahren
um durchschnittlich 1,3 Prozent. Im Österreich-Schnitt schafften wir
immerhin 2,3 Prozent und in Oberösterreich 3,1 Prozent.
Bei der Beschäftigung liegt Wien im 10-Jahres-Schnitt
auch bei 1,3 Prozent, Österreich bei 10 Prozent und Oberösterreich
bei 15 Prozent.
Und wenn Sie, Frau Vizebürgermeisterin, in den
letzten Monaten versucht haben, Wien als Musterschüler hinzustellen, dann muss
ich Ihnen sagen, mit Verlaub, vom letzten Platz aus ist es keine Kunst, besser
zu werden (Beifall bei der ÖVP.), denn im Bundesländervergleich schaffen
wir nicht einmal den 10. Platz.
Wien hatte im 3. Quartal eine Arbeitslosenrate
von 7,2 Prozent, das ist, wie schon in den letzten Jahren, der letzte
Platz unter den Bundesländern. Der Zweitschlechteste, das Burgenland, kam laut
WIFO auch nur auf 5,8 Prozent, der Klassenprimus Oberösterreich immerhin
auf 2,9 Prozent.
Zum Teil ist das das Ergebnis der
Hochkonjunktur der letzten Jahre. Das schwarze Oberösterreich hat
Vollbeschäftigung geschaffen. Und was bleibt in Wien? Rote Zahlen und die rote
Laterne. (GR Prof Harry Kopietz: Sagen Sie auch, wer da beschäftigt ist!) Wir reden und lesen aber nicht über
Hochkonjunktur, Herr
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