Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 130
Genau das war uns in den Bezirken eigentlich immer schon bewusst, und es ist ein Murren umgegangen, ein Murren nicht nur auf Seiten der Opposition – der fünf ÖVP-Bezirke und der beiden Grün-Bezirke –, sondern offensichtlich hat es auch ein Murren in den eigenen Reihen gegeben, und das wurde zum Anlass genommen, um eine Evaluierungsstudie der Dezentralisierung durchzuführen.
Diese Studie des KDZ hat eigentlich das zu Tage
gebracht, was man im Bezirk, an der Basis schon seit Jahren und Jahrzehnten
wusste, nämlich dass die Dezentralisierung ein Instrument ist, das sich ganz
massiv bewährt hat, das zu Effizienz geführt hat, bei dem man sich die
Bezirksmittel wirklich genau anschaut, bevor man sie ausgibt, das zu Bürgernähe
geführt hat und zu einem massiven Demokratieaufschwung in den Bezirken. (Beifall
bei der ÖVP.)
Es ist weiters herausgekommen, dass die Aufgaben in
den letzten zehn Jahren ganz massiv gestiegen sind. Das sind die Aufgaben, die
ich zuerst schon erwähnt habe, nämlich von der Parkbetreuung bis hin zu den
Computern in den Schulen, wo wir seit zehn Jahren gar nicht gewusst haben, dass
das auf die Bezirke zukommt. Es sind die Ausgaben der Bezirke innerhalb der
letzten zehn Jahre um 33 Prozent gestiegen, und zwar nicht deshalb
gestiegen, weil wir nicht wirtschaften können, sondern weil einfach so viele
neue Aufgaben dazugekommen sind und die Kosten so gestiegen sind.
Was noch herausgekommen ist, ist, dass durch die
Nichtanpassung der Bezirksbudgets das auf der anderen Seite mit zusätzlichen
Töpfen ausgeglichen wurde, mit Töpfen, wo man in letzter Minute eingegriffen
hat, wenn man gesehen hat, es geht gar nicht weiter. Das heißt, wir verfolgen
im Moment eine Politik, die heißt, keine starken Bezirke, die Bezirke werden
mit dem abgespeist, was es seit zehn Jahren gibt, und man will eigentlich gar
nicht, dass die Aufgaben, die wir nach der Stadtverfassung zu erfüllen haben,
auch wirklich erfüllt werden. Dann kommt man immer mit diesen Sondertöpfen als
Almosentöpfchen, um irgendwie in letzter Minute noch zu reagieren.
Ich glaube, das Wichtige ist, wie man jetzt umgeht
mit diesen Ergebnissen aus der Evaluierungsstudie, die ergeben hat, dass den
Bezirken zwischen 10 und 12 Millionen EUR im Jahr einfach fehlen.
Wichtig ist, wie man damit umgeht, ob man starke Bezirke möchte, ob man
reagieren will oder ob man regieren will in dieser Stadt.
Und ich fürchte, es wird wieder die Politik kommen,
die bei allem in dieser Stadt herrscht: Man schaut sich die Dinge an und
reagiert viel zu langsam, und erst wenn gar nichts mehr da ist, macht man
halbherzige Schritte. Da ist es egal, ob es jetzt um die Dezentralisierung, um
die Budgetmittel geht, ob es um den Karlsplatz geht, ob es um die
Schulsanierung geht. Es ist ja eine Politik, die nicht agiert, sondern reagiert
und spät, viel zu spät darauf antwortet. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist eine Politik, wo ich sage, mir fehlt der Mut,
es ist eine mutlose Politik, es ist eine Politik, wo mir die Visionen für diese
Stadt und für diese Bezirke fehlen. Ich bin der festen Überzeugung, unter einem
Helmut Zilk hätte es diese Visionslosigkeit nicht gegeben. Er war in den
Bezirken, er war vor Ort, er hat genau gewusst, was die Bürgerinnen und Bürger
dieser Stadt wollen. Er hat sich da persönlich eingesetzt, hat seine Ideen,
aber auch die guten Ideen der Opposition, etwa eines Erhard Busek, eines Jörg
Mauthe, verwendet, um diese Stadt hochzubringen. Im Grunde genommen ist das,
was damals gemeinsam getan wurde in dieser Stadt, das, wovon Sie heute noch
zehren. (Beifall bei der ÖVP.)
Es passt eigentlich überhaupt nichts mehr zusammen.
Es passen die Budgets und die Umorganisierungen in dieser Stadt nicht mehr
zusammen. Einige Beispiele nur. Ich habe auf der einen Seite ein Schulsanierungspaket
von 570 Millionen EUR, wo ich genau weiß, dass von diesen
570 Millionen EUR 60 Prozent ohnehin wieder die Bezirke zahlen,
auf der anderen Seite ist die Stadt nicht fähig, dieses Schulsanierungspaket
auch umzusetzen, weil der Stadtschulrat es nicht schafft, ein entsprechendes
Raumkonzept auszuarbeiten und zur Verfügung zu stellen.
Es gibt eine Wien Energie, die
100 Millionen EUR Defizit im Jahr schafft, auf der anderen Seite
schnalzen Sie mit 21 Prozent die Gasgebühren hinauf.
Es gibt einen Prater-Vorplatz, den man sich um
60 Millionen EUR leistet, auf der anderen Seite müssen Büros einer
Bezirksvorstehung mit einer Zuteilung von einem Müllsack pro Woche auskommen.
Da versteht man die Welt nicht mehr, wo Summen in dieser Stadt hinwandern. Ein
Prater-Vorplatz pro Periode, wenn man sich den leistet oder nicht leisten will,
das wäre genau die Summe, die man in dieser Zeit den 23 Bezirken
zuschießen könnte, die sie brauchen und die jetzt zu wenig ist.
Ein Minus von Wien Energie von 100 Millionen EUR
im Jahr ist umgelegt pro Tag an die 300 000 bis 350 000 EUR.
Wenn Sie drei Monate schwarze Zahlen schreiben würden, wäre das Geld, das wir
in einem Jahr in allen 23 Bezirken dringend bräuchten, mit einem Schlag
und auf der Stelle da.
Ich habe den Eindruck, es fehlt Mut in dieser Stadt:
Mut zum Zuhören, Mut für starke Bezirke, einfach Mut zum Zuhören, was wir alle,
die wir in allen 23 Bezirken an der Basis arbeiten, an der Basis hören.
Ich glaube nicht, dass es die richtige Variante ist,
wenn Sie als SPÖ-Wien darauf reagieren, dass Sie Ihre Funktionäre in rote
Jacken stecken, damit sie frierend an einer Ecke der Bezirke stehen und Karten
verteilen, auf denen einsame Menschen im Schnee herumrennen und auf die Sie
schreiben: „Wir lassen Sie nicht allein." Diese Menschen, die hier im
Schnee wandern, die sind allein in dieser Stadt, denn sie zahlen künftig
21 Prozent Gaserhöhung und 8 Prozent Stromerhöhung. Damit sind sie
alleingelassen in diesem Winter in dieser Stadt.
Es geht auch nicht, dass Sie die
Stadtwerke und Wien Energie sanieren, indem Sie die für die Politik und für die
Wirtschaft in diesem Betrieb Verantwortlichen einfach nicht arbeiten lassen
oder nicht wirtschaften lassen, damit endlich ein Plus herauskommt, sondern als
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