Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 130
komplett daneben ist.
Sie schreiben hier von einem Kahlschlag, und dann
schreiben Sie – und das
ist das Besondere, und deswegen ist es meiner Meinung nach wichtig, dass man
sich damit genau auseinandersetzt: „Die
Österreichische Post AG wird aufgefordert, die Aufrechterhaltung von Poststellen“ – dieser Terminus ist sehr interessant! – „zur Grundversorgung von Postdienstleistungen
sicherzustellen und die Stadt Wien über geplante Restrukturierungsmaßnahmen in
ihrem Stadtgebiet zu informieren.“
Herr Kollege Ekkamp! Ich weiß, Sie kennen das
Postgesetz und die Universaldienstverordnung sehr gut. Daher wissen Sie auch,
dass genau das geltendes Recht ist! (Beifall bei der ÖVP.)
Im § 3 Abs 1 der Universaldienstverordnung
sind die Poststellen nämlich explizit erwähnt. Da frage ich mich: Warum stellen
Sie so einen populistischen Antrag? Was wollen Sie damit bezwecken?
Angeblich soll die Stadt Wien informiert werden. – Auch das ist geltendes Recht, und
auch das ist geschehen! Als Landeshauptmann war auch der Herr Bürgermeister rechtzeitig
informiert, und zusätzlich waren auch der Verkehrsminister und Ihr
Bundesparteivorsitzender informiert. Wenn Sie sich daher jetzt als Postretter
aufspielen, dann ist das höchst populistisch, und zwar vor allem dann, wenn man
mit dem Streben nach aller Macht im Staat und in der Stadt antritt. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn Sie mir das nicht glauben, kann ich Sie
informieren, dass es in diesem Zusammenhang eine
parlamentarische Anfragebeantwortung vom August 2007 – 2007! – des Herrn Verkehrsministers
Faymann gibt. Er wurde gefragt: „Welche Maßnahmen werden Sie betreffend
Sicherstellung einer hochwertigen Versorgung mit Postdienstleistungen treffen?“
So wurde das auch jetzt in Ihrem Antrag formuliert. Die Anfragebeantwortung
Ihres Parteivorsitzenden lautet wortwörtlich: „Das Postgesetz und die darauf
basierende Postuniversaldienstverordnung beinhalten entsprechende Vorschriften,
die schon derzeit einen hochwertigen und flächendeckenden Universaldienst
sicherstellen. Mit freundlichen Grüßen: Werner Faymann.“ (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich frage Sie deshalb: Warum fordern Sie das jetzt
unsinnigerweise? Warum wollen Sie das hier beschließen lassen? Und ich frage
Sie jetzt auch ganz locker: Wer ist denn der Herr Postgeneraldirektor? Ist das
nicht einer, der Ihrer Partei mehr als nahe steht, der Parteimitglied und auch
in Ihrer Jugendorganisation tätig ist? Können Sie das folglich nicht direkt mit
ihm ausmachen, anstatt hier reinen Populismus zu üben?
Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist keine seriöse
Politik, die man ernst nehmen kann und im Hinblick auf welche man zusammen
arbeiten kann. Sie wollen nur Kleingeld wechseln beziehungsweise wollen
versuchen, Angst zu schüren, genau so wie es auch andere Populisten in dieser
Stadt tun! (Beifall bei der ÖVP.)
Leider komme ich nicht umhin, auch den grünen Antrag,
der zwar wesentlich kürzer und inhaltlich viel distanzloser ist, zu
kommentieren. Darin wird alles vermixt, BriefträgerInnen, Postamtsschließungen
et cetera. Unter anderem wird auch der Paketdienst erwähnt. – Seit wann
ist denn der Paketdienst ein Thema in der Universaldienstverordnung? Dieser ist
vollkommen liberalisiert, er unterliegt vollkommen dem freien Markt, da gibt es
mehr als genug Anbieter! Da braucht sich keiner Sorgen zu machen! Generell sage
ich: Betreffend Universaldienste im ländlichen Bereich kann man sich Sorgen
machen, im städtischen Bereich drängen jedoch die Mitbewerber heran, da
brauchen wir uns keine Sorgen zu machen!
Sehr geehrte Damen und Herren! Ihr Antrag geht
vollkommen ins Leere! Er weist ein Höchstmaß an Populismus auf, und er zeigt,
dass bei Ihnen nicht sehr viel Verständnis für die Materie vorhanden ist. Er
ist also vollkommen abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben es Ihnen deshalb einfach gemacht, geben
Ihnen noch ein bisserl Bedenkzeit und bringen einen eigenen Antrag ein. Ich
möchte Ihnen diesen einfachheitshalber vorlesen, weil er, wie ich meine,
inhaltlich genau jene Position wiedergibt, die wichtig für eine seriöse
Wirtschaftspolitik in dieser Stadt ist. Ich stelle gemeinsam mit meinem
Kollegen Mag Alexander Neuhuber und meiner Kollegin Mag Barbara
Feldmann folgenden Antrag betreffend „Zukunft der österreichischen
Postdienstleistungen“:
„Eine flächendeckende und qualitätsorientierte
Versorgung Österreichs mit Postdienstleistungen ist ein wesentlicher Pfeiler
der österreichischen Standortpolitik. Eine entsprechende Versorgung Österreichs
und der Bundeshauptstadt Wien ist somit selbstverständlich auch ein
wesentlicher Bestandteil der politischen Zielsetzungen.
Die Österreichische Post AG ist an der Wiener Börse
gelistet und hat im Zuge ihres Börsenganges erfolgreich um Investoren geworben,
darunter auch sehr viele Kleinaktionäre.“ – Diese scheinen Sie
offensichtlich gerne zu vergessen!
„Das Gebaren der Post AG unterliegt dem Regime des
österreichischen Aktiengesetzes. Die ‚Story’ der heimischen Post AG ist eine
Erfolgsgeschichte, da der heimische Universaldienstleister eine
zukunftsorientierte Unternehmensstrategie verfolgt.
Die beschlossene und bevorstehende Liberalisierung
der Postmärkte, neben den Postzustelldiensten auch die Briefzustellung, wird
nun zu einem verstärkten Wettbewerb führen – zum Vorteil der Konsumenten
und auch der Klienten. Das bedingt jedoch eine wettbewerbsfähige Aufstellung
des Unternehmens, will es weiterhin ein führender Anbieter am heimischen Markt
sein. Dazu legte der Postvorstand seinem Aufsichtsrat und auch den politischen
Entscheidungsträgern eine umfangreiche Strategieanalyse vor, inklusive
Maßnahmenszenarien.
Sollte es im Rahmen von Umstrukturierungsprozessen
zur Schließung von Postämtern kommen – Klammer: die mittels alternativer
Versorgungsmodelle ersetzt werden -, müssen“ – so steht es auch im
bestehenden Postuniversaldienstgesetz – „und werden selbstverständlich die
Gemeinden informiert und konsultiert, Letzteres sogar mit dem Ziel einer
potenziellen Standorterhaltung.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular