Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 89 von 130
an. Wir haben ja vorhin schon darüber geredet, und
mein Kollege Madejski hat das mit der Verpackung und dem Inhalt verglichen.
Also, das stimmt schon, wenn der Inhalt sehr dürftig ist, dann muss man halt
eine hübsche Verpackung drum machen, dann schaut das ein bisschen besser aus,
oder man glaubt, dass es besser ausschaut oder beim Empfänger besser ankommt.
Sie übernehmen jetzt, wie gesagt, freiheitliche
Forderungen, zumindest in Ansätzen. Das ist schon einmal gut, aber was uns
dabei fehlt, ist der Faktor der Verpflichtung, denn wenn man sich das neue
Programm anschaut, dann stellen Sie zur Auswahl, sich drei Module auszusuchen.
Also, man kann sich über Wohnen, Schule oder Kultur informieren. Ich glaube,
dass es wichtig ist, dass man ein Gesamtpaket an Information den Neuzuwanderern
zugänglich macht, und dass man dann auch wirklich abfragt, ob der Inhalt auch
beim Empfänger sozusagen angekommen ist. Das muss ja möglich sein, wenn man
etwas annimmt oder eine Leistung bekommt, die weder gering noch
selbstverständlich ist wie etwa die Unterstützung von Sprachkursen - eine Einheit
zu 1 EUR, das ist ja ein Geschenk -, und dann darf man sich es auch nicht
aussuchen können, ob ich mir das eine oder das andere lieber anhöre oder
vermitteln lasse, dann besteht auch die Verpflichtung, das Gesamtprogramm
anzunehmen. Das ist also unsere Forderung und ein Schwerpunkt, dass wir sagen,
genau diese Vermittlung unseres Gesellschaftssystems, unserer Hausordnung –
jetzt im weiteren Sinne – unserer Regeln, die muss verpflichtend besucht
werden.
Schwieriger wird es bei
einem größeren Konfliktpotenzial, und das sind die Personen, die schon lange
hier leben, die aber vernachlässigt wurden oder sich auch selbst nicht drum
gekümmert haben, etwa im Bereich des Spracherwerbs, oder auch im Bereich der
Information über die Hausordnung hier in Wien. Und im Bereich des Spracherwerbs
fällt halt schon eines auf, dass es dort massive Defizite gibt. Und wir sehen
es ja heute vor allem bei den vielen Schulabgängern, die nach Schulabschluss
keine Lehrstelle finden, nicht ins Berufsleben einsteigen können, vor allem
deshalb, weil sie ein ganz enormes Sprachdefizit aufweisen.
Und ich darf da vielleicht
einen sehr unverdächtigen Zeugen anführen: Es hat heuer im Sommer in einem
„profil“-Interview der Fußballstar Ivic Borkner, Folgendes gesagt, als er unter
anderem gefragt wurde - und ich glaube, er ist wirklich unverdächtig, denn er
hat gesagt, ich wähle immer die SPÖ, und vielleicht sollten Sie auf ihn hören
-, ob es manche Migrantengruppen schwerer haben als andere: „Die Kinder, die
jetzt kommen, haben es viel schwerer als wir damals. Ich bin hier geboren und
konnte schon im Kindergarten Deutsch. Mein Freund Mehmet kam mit 8 Jahren
und konnte nach einem halben Jahr Deutsch. Heute würde er es nie lernen. Da
wäre er in einer Integrationsklasse, hätte rund herum zehn andere Türken und
redete nur Türkisch.
„profil fragt, ob Zuwanderer Deutsch lernen sollen,
bevor sie nach Österreich kommen. Er sagt: „Vielleicht, man sollte Deutsch
reden, wenn man hier lebt.“ Also ich glaube, das sind sehr aufschlussreiche
Sätze und eine sehr aufschlussreiche Aussage von jemandem, dem man wohl
wahrlich nicht unterstellen kann, er käme aus den Kreisen der Freiheitlichen
Partei. Er ist ein Wähler der SPÖ, nehmen Sie sich seine Wort zu Herzen, es ist
das Um und Auf, und mit Ihrem ersten Schritt, den Sie jetzt gesetzt haben, was
den Schuleinstieg betrifft, wird es nicht getan sein, sondern es geht auch
darum, dass die Menschen, die sozusagen im außerschulischen Bereich Deutsch
lernen und Deutsch gelernt haben, die Sprache auch im Alltag anwenden. Das
gehört einfach dazu, wenn man wo leben will.
Ganz besonders schwierig ist es, glaube ich, mit dem
Männern aus kulturfremden Herkunftsländern. Wenn man sich die vielen Berichte
der Integrationsvereine ansieht, und da sind ja oft auch Bilder dabei oder auch
sehr detaillierte Berichte, dann sind es meistens Frauen und Kinder, die diese
Angebote annehmen und die dann mittun. Ich glaube, es gibt ein massives
Defizit, was gerade die Männer betrifft, und das ist sehr schlecht, weil gerade
in diesen Kulturen der Mann doch eine dominante Rolle spielt und sich der Boden
dann eben von Gewalttaten im Namen der Ehre bis zur Forderung hinspannt, dass
Frauen als Autoritätspersonen nicht anerkannt werden dürfen.
Hier ist viel zu tun, und das ist sicher kein
leichtes Feld, vor allem diejenigen, die schon lange hier leben, auch
dementsprechend in die richtige Richtung zu weisen. Wichtig ist natürlich auch,
und ich wiederhole mich, aber ich sage es trotzdem öfter, weil ich ja hoffe -
und es zeigt mir ja dieser Schritt, den Sie unlängst getan haben -, dass das,
was wir hier sagen und was wir schon fast gebetsmühlenartig wiederholen, dann
doch irgendwann einmal Eingang in ihre Politik findet: Wichtig ist auch, dass
die Deutschkurse in öffentlichen Bildungseinrichtungen stattfinden, nicht im
Extrazimmer, im abgeschotteten Vereinslokal oder in der Moschee. Wichtig ist,
dass der Kontakt zur ansässigen Bevölkerung forciert wird, aber nicht mit
ausgesuchten Personen, sondern genau mit den Menschen, die im täglichen Leben
einfach miteinander zu tun haben.
Also ich hoffe, dass Sie auch
diesen Vorschlägen in Zukunft Folge leisten werden. Das Integrationsbudget ist
ja so wie jedes Budget sozusagen der in Zahlen gegossene politische Wille in
diesem Bereich, und wenn wir uns das Budget anschauen, und wenn wir uns die
Ausgaben anschauen und die Schwerpunkte der Ausgaben anschauen, dann fällt zum
Beispiel auf, dass ein Wiener Verein, der nunmehr kein Verein mehr ist, nämlich
der Verein Interface, etwa für 2008 fast die Hälfte oder zumindest ein Drittel
des ganzen Budgets für sich in Anspruch nehmen konnte. Dieser Verein ist
mittlerweile in eine GmbH umgewandelt worden, wogegen wir auf jeden Fall
eintreten, denn ich glaube nicht, dass es richtig ist, die Integrationspolitik
sozusagen in einem Unternehmen zu führen. Man kann sagen, was man will, aber
eines ist ganz klar, es wird erstens einmal die Kontrolle dadurch nicht
verbessert, sondern im Gegenteil schwerer gemacht, und auf der anderen Seite
ist es so, dass
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