Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 93 von 130
Regierungsprogramm bringt für Frauen nicht viel, ein bisschen mehr als „more of the same“, aber ich habe das Gefühl, dass man nicht auf eigenständige Frauenpolitik setzt, sondern auf traditionelle Familienpolitik. Es werden ein Papa-Monat und einkommensabhängiges Kindergeld, Karenzgeld - die Terminologie ist nicht ganz sicher - angekündigt. Das ist zwar positiv für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber die Details sind eigentlich noch völlig offen. Welche Lenkungseffekte und welches Ausmaß diese Maßnahmen haben werden - Lenkungseffekte vor allem für Väter und Väterkarenz - ist noch völlig offen.
Auch die steuerliche Absetzbarkeit von
Kinderbetreuung ist, bei aller Liebe, eine schlechte Lösung, vor allem für
niedrige Einkommensbezieher und -bezieherinnen. Es bevorzugt Besserverdienende,
bevorzugt auch Männer, denn auf Grund der höheren Einkommen, oder in vielen
Fällen höheren Einkommen, von Männern sind es vielleicht gar diese und nicht
die Frauen, die die Kinderbetreuungskosten absetzen werden.
Auch das letzte Kindergartenjahr gratis ist
eigentlich ein großer Schmäh. Es ist nur halbtags, was einen falschen
Lenkungseffekt hat. Sie züchten damit direkt potenzielle Teilzeitbeschäftigte.
Warum nicht ganztags? Warum nur das letzte Jahr gratis? Ein Rechtsanspruch auf
flächendeckende Ganztageskinderbetreuung wäre hier eigentlich dem
sozialdemokratischen Anspruch oder den sozialdemokratischen Forderungen mehr
entgegengekommen.
Es gibt wieder keine Quoten für Aufsichtsräte. Es
gibt wieder keine Koppelung der Wirtschaftsförderung und Frauenförderung. Der
nationale Aktionsplan für Gleichstellung hat nicht einmal Eckpunkte. Wir wissen
überhaupt nicht, was sich dahinter verbirgt. Es ist reine Ankündigungspolitik.
Kein Thema bei den Regierungsverhandlungen waren
offensichtlich der gesetzliche Mindestlohn auf Stundenbasis, die
bedarfsorientierte Grundsicherung, nämlich eine Grundsicherung, die über eine
Reform der Sozialhilfe, wie es das Mindestsicherungsmodell vorsieht, hinausgeht
und die jetzt wieder auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben ist. Es gibt
wieder keine Streichung der Anrechnung des Partner-/Partnerinneneinkommens bei
der Notstandshilfe. Das wäre eigentlich eine wichtige Maßnahme gewesen, um
Frauenarmut in den speziellen Problemlagen zu verhindern, weil Notstandshilfe
ist eigentlich eine Versicherungsleistung für die Frauen in einem
Versicherungstopf, in demselben, in den sie die Arbeitslosenversicherung
eigentlich eingezahlt haben, aber trotzdem, wenn der Mann zu viel verdient,
sehen sie keinen Cent davon.
Wieder keine Investitionen in beschäftigungsintensive
Branchen, in denen Frauen beschäftigt sind. Wieder keine Schaffung eines
Lehrlingsfonds zur Förderung von Mädchen in traditionellen Berufen. Dieses
Ergebnis ist enttäuschend! Frauen sind wieder einmal nicht nur keine Priorität,
sondern völlig vernachlässigt in Investitionsprogrammen!
Ich wünsche der neuen Frauenministerin, der Kollegin
Gabriele Heinisch-Hosek, sehr viel Glück und sehr viel Durchsetzungskraft. Sie
wird es brauchen. Ich habe die Kollegin Heinisch-Hosek als sehr engagierte,
sehr feministisch orientierte, auch eigentlich sehr hartnäckige
Frauenpolitikerin kennengelernt, die sich nicht scheut, sensible Themen
aufzugreifen, wie zum Beispiel die Abschaffung der Sittenwidrigkeit in der
Prostitution - wir sagen besser Sexarbeit. Es gibt hier auch positive Signale
von Frau Kollegin Marek, dieses sensible Thema in Angriff zu nehmen. Es gibt
auch eine gemeinsame Vereinbarung mit dem Österreichischen Frauenring - das ist
der Dachverband aller frauenpolitischen Vereine -, hier einen Vorstoß zu
machen, die Sittenwidrigkeit abzuschaffen. Vielleicht geht bei diesem Punkt
gemeinsam doch etwas vorwärts.
Ich hoffe auf eine Frauenpolitik mit Substanz. Ich
hoffe, dass die Frau Kollegin Heinisch-Hosek es gut macht. Wie sie es sicher
nicht machen soll, will ich Ihnen jetzt an einem Beispiel demonstrieren, das
mir heute bei einer Lektüre aufgefallen ist. Es ist eine kritische
Kulturzeitschrift, aber das, was ich Ihnen jetzt zeigen werde, ist auch in
anderen Zeitungen erschienen. Was ich Ihnen zeigen werde, wie man es sicher
nicht macht, ist ein Inserat der Frauenministerin, in dem Fall der noch
amtierenden Frauenministerin Heidrun Silhavy, wo wir groß lesen können:
„Gleichbehandlung auch im Alltag - erledigt". (Die Rednerin zeigt das angesprochene Inserat.) Ich zeige es einmal
herum. „Gleichbehandlung auch im Alltag - erledigt", abgehakt, brauchen
wir nicht mehr. (GR David Lasar: Welche
Zeitung ist das?) - Das ist die Zeitung „Fleisch", die Sie nicht
kennen werden, eine kritische Kulturzeitschrift. Aber dieses Inserat ist
flächendeckend auch in vielen anderen Medien erschienen. Ich habe es heute in
einer Zeitung entdeckt. Ich denke, das kann es wohl nicht sein! Wir sind in der
Fraktion irgendwie geschwankt zwischen Empörung, Fassungslosigkeit und
Unglauben, weil es kann nicht der Ernst der Frauenministerin sein zu sagen:
„Gleichbehandlung im Alltag – erledigt." Das ist nicht nur ein Affront
gegen die Probleme von Frauen im Alltag und auf Kosten der Frauen, sondern
sicher auch kontraproduktiv. Ich denke, das Einzige, was hier erledigt ist, ist
die Amtszeit der Frauenministerin. Ich finde das eigentlich schade, denn ich
schätze die Kollegin Silhavy, aber das ist sicher ein vollkommener Fehlgriff,
den sie hier gemacht hat und völlig kontraproduktiv für eine aktive
Frauenpolitik.
Zuletzt noch ein paar Worte zum Antrag, der, glaube
ich, im Anschluss dann von Kollegin Martina Ludwig-Faymann eingebracht wird,
betreffend Zwangsheirat. Das ist ein Antrag, den einige SPÖ-Kolleginnen -
vielen Dank diesbezüglich auch für den Vorstoß - und einige grüne Kollegen und
Kolleginnen einbringen. Kampf gegen Gewalt gegen Frauen ist nicht nur Frauensache.
Deshalb ist es ganz wichtig, dass auch Männer diesen Antrag einbringen. Es ist
ein Antrag, der eigentlich längst überfällig ist. Wir haben schon vor einem
Jahr im Arbeitskreis Frauen über dieses wichtige Thema „Was tun gegen das
drängende Problem der Zwangsheirat?" gesprochen.
Wir haben damals schon vereinbart,
eigentlich einen
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