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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 25.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 91 von 106

 

Das zweite Problem - das haben wir hier schon sehr oft diskutiert - sind die Plakatierungen von Kulturinstitutionen im öffentlichen Raum. Die Abhängigkeit von einem einzigen, SP-nahen Unternehmen ist wirklich nicht mehr zu ertragen. Hier braucht es nicht nur eine kulturpolitische, sondern hier braucht es eine städtische Initiative, wobei ich mir vom Kulturstadtrat, aber auch von der gesamten Regierung ein Konzept wünsche, damit es einen fairen Zugang für mehrere Anbieter und Anbieterinnen, aber auch für die Kulturinstitutionen gibt, wo und von wem sie plakatieren lassen.

 

Herr Kollege Woller hat seine Rede völlig zu Recht mit der Frage der privaten Finanzierung von Kultur begonnen. Das sehen auch wir genau so. Allerdings sehen wir auch die Gefahr, dass derzeit sich in Wien befindende Kulturinstitutionen möglicherweise demnächst Sponsorinnen und Sponsoren verlieren werden. Es ist noch gar nicht so lange her, da ist das dem Vienna Art Orchestra passiert.

 

Wir wissen jetzt noch nicht, wie sich die Wirtschaftskrise en detail auswirken wird. Wir können nur mutmaßen, wir können nur vorbauen, wir können das Schlimmste verhindern. Das tun ohnehin viele in allen Bereichen, aber das gilt insbesondere auch für die Kultur. Wenn Sponsoren und Sponsorinnen verloren gehen, dann gibt es ein Problem, dann muss die öffentliche Hand doch als sehr sicherer Anbieter oder sicherer Finanzierer von Kultur von sich aus eine Rolle spielen.

 

Das gilt aber auch für Publikumseinnahmen. Wir wissen nicht, wo in Zukunft gespart werden wird, aber eines ist auch möglich: dass weniger Touristinnen und Touristen ins Land oder in die Stadt kommen. Das bedeutet für viele Kulturbetriebe doch Erhebliches, nämlich weniger Einnahmen durchs Publikum. Hoffen wir, dass es nicht passiert! Aber auch da sollte man in einem Budget Vorbeugemaßnahmen ergreifen, um solche - hoffentlich nicht eintretenden - Fälle bewerkstelligen zu können, da es hier Ausfälle von wesentlichen Playern in der Kultur Wiens geben kann.

 

Damit wären wir im Übrigen schon beim nächsten Thema. Was oft vergessen wird, ist, dass der Kulturausschuss unter anderem für den Tourismus zuständig ist. Es gibt derzeit - das hat zumindest die Schönbrunn Kultur- und BetriebsGesmbH gesagt - sehr starke Einbrüche bei den BesucherInnenzahlen im Schloss Schönbrunn. Worauf das zurückzuführen ist, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Kommen jetzt schon weniger TouristInnen in die Stadt, um die Kulturbetriebe zu besuchen? (GRin Nurten Yilmaz: Oder haben sie ...?) Oder hat Schönbrunn vielleicht auch Eigenfehler gemacht? Das ist auch eine Diskussion, die man führen sollte und kann.

 

Was ich allerdings nicht gut fand - das sage ich auch hier an dieser Stelle -, war der plötzlich ausgebrochene Kulturkampf, als ob es jetzt die Frage wäre: Sollten wir die Stadt Wien nur noch mit der traditionellen, historischen Kultur oder mit einer modernen Kultur bewerben? Ich glaube, Wien ist beides, Wien soll beides haben, und Wien soll auch beides zeigen.

 

Aber der Tourismus ist auch für die Kulturbetriebe Wiens eine sehr, sehr wichtige Sache. Gerade für Museen, für die Staatsoper, für Musik spielt das eine ganz entscheidende Rolle. Wir sollten daher tatsächlich lieber darüber Debatten führen anstelle dieses Klein-Kleins, das wir oft in der Kulturpolitik pflegen. Denn das sind wirklich die großen Herausforderungen für die Zukunft unserer Kulturbetriebe in Wien.

 

Es ist durchaus möglich, dass Wien-Tourismus, die Finanzstadträtin, die ja auch Präsidentin des Tourismusverbandes ist, und der Herr Kulturstadtrat hier gemeinsam Pakete schnüren. Das wäre zum Beispiel etwas, was ich mir erwarten würde in einer Budgetwoche in Zeiten einer möglichen Wirtschaftskrise. Aber es wird immer noch so getan, als ob alles so wäre, wie es noch vor einem Jahr war. Hier fürchte ich, dass wir uns in die eigene Tasche lügen, so ist es derzeit nicht.

 

Wir wissen, wie gesagt, noch nicht, welche Auswirkungen dies auf den Tourismus haben wird. Wir wissen es nicht, weil es noch nie in der Zeit einer Wirtschaftkrise so viel Tourismus gegeben hat. Das heißt, dies mit 1929 zu vergleichen, ist gar nicht möglich. Wir wissen zum Beispiel nicht, ob viele Europäer und Europäerinnen, die Fernreisen machen wollten, diese Fernreisen einsparen und ohnehin hier Urlaub machen. Das alles wissen wir nicht, weil es das noch nie gegeben hat. Aber wir sollten gerüstet sein, es ist auch hier Dramatisches möglich.

 

Bevor ich zum Abschluss komme, habe ich noch ein bisschen Zeit. Herr Kollege Wolf - jetzt hätte ich fast Woller gesagt -, Herr Kollege Wolf hat schon ... (GR Dr Franz Ferdinand Wolf: Bitte nicht!) Das war wirklich ein Freud'scher!

 

Herr Kollege Wolf hat in seinem Debattenbeitrag schon die Studie zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler in Österreich und vor allem in Wien erwähnt. Tatsächlich ist fast die Hälfte der Kunstschaffenden Österreichs hier in dieser Stadt. Das ist für diese Stadt eine besondere Herausforderung, und sie hat deswegen auch eine besondere Verantwortung!

 

Die Zahlen haben Sie schon genannt: durchschnittlich 500 EUR verdienen kunstschaffende Frauen und 800 EUR kunstschaffende Männer. Abgesehen davon, dass natürlich auch diese Lücke zu schließen wäre, ist es noch immer auch für Männer zu wenig. Das ist das große Problem. Auch in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist die Tatsache, dass gerade in Kulturbetrieben so viele Menschen im Prekariat leben, eine der größten Fragen, die wir kulturpolitisch beantworten müssen.

 

Auch hier besteht wieder einmal dieses Problem, dass ein Kulturstadtrat allein das natürlich nicht lösen kann. Das wäre wieder ein klassisches Beispiel dafür, dass mehrere Ressorts sich zusammensetzen und gemeinsam ein Paket entwickeln müssten. Ich habe manchmal den Eindruck, dass das in dieser Stadt nicht passiert. Es ist eine Sozialaufgabe, es ist eine Finanzaufgabe, es ist eine kulturelle Aufgabe - das sind schon drei Ressorts -, und es gäbe auch noch den Bürgermeister.

 

Es geht übrigens - seien wir uns ehrlich - nicht nur

 

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