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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 115

 

Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen allerdings sagen, dass Ihre Behauptungen und Argumente nicht richtiger werden, je öfter Sie sie von dieser Stelle vorbringen!

 

Meine Damen und Herren! Vor mehr als 14 Jahren – so lange sitze ich nämlich mit verschiedensten Vertretern aller hier im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien im Wiener Drogenbeirat – wurde bei der Vorstellung unseres neuen Drogenkonzeptes eine sehr weise Aussage getroffen. Man meinte damals ziemlich übereinstimmend, dass es in der Drogenpolitik gescheite Debattenbeiträge, weniger gescheite Debattenbeiträge und auch verzichtbare Debattenbeiträge gibt.

 

Meine Damen und Herren! Einen Vorwurf kann ich der Freiheitlichen Partei nicht ersparen: Ich glaube, Ihre Beiträge zur Lösung der Probleme, die wir haben – und jede Stadt hat diese Probleme –, sind nicht dazu angetan, Probleme zu lösen, sondern sie verleiten nur dazu, diese Probleme zu verdrängen. Daher muss man diese hier wirklich aktiv ablehnen.

 

Meine Damen und Herren! In meiner früheren Tätigkeit in der Bezirksvertretung im 4. Bezirk hatte ich die Ehre, wenn auch nicht immer das Vergnügen, mit Kollegen Gudenus senior, nicht junior, oft über die Drogenproblematik auf dem Karlsplatz zu diskutieren. Wenn ich mich recht an die damaligen Debattenbeiträge erinnern kann, dann hat es bereits damals nach Angaben des damals freiheitlichen Abgeordneten Gudenus senior im Bereich des Karlsplatzes mehr Drogensüchtige gegeben, als der 4. Bezirk Einwohner hat. – Die Situation und die Schilderung waren also eigentlich immer gleich! (GR Mag Wolfgang Jung: Das Thema ist zu ernst, um es lächerlich zu machen, Herr Kollege!)

 

Meine Damen und Herren! Das zeigt auch ein bisschen Ihren Zugang im politischen Bereich. Wenn Kollege Gudenus junior heute hier gemeint hat, dass ihm die künstlerischen Lesungen nicht gefallen, dann kann man natürlich immer argumentieren, dass es bei Kunst und Kultur durchaus unterschiedliche Geschmäcker gibt: Dem einen gefällt etwas, und dem anderen nicht.

 

Herr Kollege Madejski! Sie hätten vorher nur Kollegen Gudenus fragen müssen, woraus manche dieser Texte zitiert wurden. Er hat es nämlich ohnedies vorher gesagt. Es gab hier Zitate von Peter Handke. Etwas wird jedoch nicht funktionieren, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Fraktion, nämlich Kulturpolitik nach dem Motto: „Sauber sei die Kultur, sittsam und rein!" Das würde nämlich bedeuten, dass wir einen maßgeblichen Einfluss auf die Kultur nehmen müssten und nicht die Freiheit gewährleisten würden, die wir Kulturschaffenden zugestehen.

 

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen im Prinzip noch etwas näherbringen: Lesen Sie alte Protokolle des Drogenbeirates! Damals war Kollege Mag Kowarik senior Ihr Vertreter, und dieser hat uns durchaus sehr vernünftige und gezielte Ansatzpunkte mitgeteilt. Wir haben darüber diskutiert. Wir waren uns vielleicht nicht immer bezüglich der Vorgangsweise einig, aber im Großen und Ganzen war es eine konstruktive Zusammenarbeit. Und diese konstruktive Zusammenarbeit, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, vermisse ich seit Jahren von Ihrer Seite im Bereich der Drogenarbeit!

 

Meine Damen und Herren! Ich komme zur heutigen Aussage des Herrn Bürgermeisters zu dem Argument, dass die Drogenszene auf dem Karlsplatz in den letzten Jahren gewaltbereiter geworden sei. Lieber Herr Kollege Gudenus! Betreffend die Zeitung, auf die Sie sich beziehen, haben Sie wiederum falsch zitiert. Diese Zeitung stammt nämlich nicht vom 31. Oktober 2008, sondern vom 13. Oktober 2008! Daher entspricht Ihr Zitat nicht den Tatsachen und ist in keiner Weise belegbar. (StR Johann Herzog: Das ist ja ungeheuerlich!)

 

Die Schilderungen eines oder einzelner Beamten, auf welche sich die Anfrage bezieht, stammen aus dem einzigen Bericht der Tageszeitung „Die Presse" vom 13. Oktober 2008, und sie sind durch keine offiziellen Berichte oder Unterlagen belegt, auch wenn Ihnen das nicht passt, Herr Jung! Und Medienberichte allein, meine Damen und Herren, stellen für uns keine ausreichende Quelle für die Beurteilung derartiger Situationen dar!

 

Meine Damen und Herren! Regelmäßig finden Koordinations- und Informationstreffen zwischen der Polizei und den MitarbeiterInnen des Wiener Sucht- und Drogenhilfsnetzwerkes statt, konkret auch mit der Sucht- und Drogenkoordination Wien, welche eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Wiener Exekutive pflegt. In keiner dieser Besprechungen wurden derartige Vorfälle zur Sprache gebracht beziehungsweise wurden keine derartigen Anzeigen von Polizeibeamtinnen und -beamten gegen Suchtkranke bekannt. Die Situation wird auch laufend von den sozialen Diensten – den Streetworkern und „Help U“, die am Karlsplatz vor Ort arbeiten –, beobachtet. Diese kennen Sie ja sehr gut!

 

Ich möchte noch etwas dazu sagen: Ich habe noch Debatten in Erinnerung, in denen auch Sie verlangt haben, dass es mehr Sozialarbeiter und eine bessere Betreuung gibt. Heute sagt jedoch Herr Gudenus: Aber nicht am Karlsplatz! – Da frage ich mich: Wo soll man denn Betreuung leisten, wenn nicht vor Ort dort, wo es im Prinzip notwendig ist? (StR Johann Herzog: Sie hören ja nie zu!)

 

Meine Damen und Herren! Die Mitarbeiter dieser Dienste kennen die Situation am Karlsplatz im Unterschied zu Ihnen genauestens! Und auch von diesen kann nicht bestätigt werden, dass die Szene gewaltbereiter geworden wäre. Im Gegenteil: Sie können in der Statistik von „Help U“, die vom ersten Tag an alle Vorfälle penibel dokumentiert, nachlesen, dass die Anzahl der Interventionen auf Grund von Konflikten innerhalb der Szenenangehörigen und zwischen Drogenkonsumenten und Unbeteiligten – und jetzt passen Sie auf! – zwischen jeweils dem dritten Quartal 2007 und 2008 um 53 Prozent zurückgegangen ist. Diese Statistik besagt außerdem, dass von den gesamten Interventionen, die „Help U“ verzeichnet, nur ein Prozent auf Grund von Konflikten sowie Notfällen erfolgt.

 

Die Konflikte, die es gibt, spielen sich meist innerhalb

 

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