Gemeinderat,
44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 96
klären. Er
meinte, dass es im Allgemeinen genügen müsste, anonymisierte Aussagen von
ÄrztInnen, PflegerInnen – immer mit großem „I“ – oder vom Patientenanwalt zu
bekommen, weil es eben nicht in erster Linie darum gehe, was dort alles
vorgefallen sei, sondern was der beziehungsweise die Verantwortliche gewusst
hat oder wissen müssen hätte beziehungsweise wie damit umgegangen wurde.
Prof Mayer
wies auch darauf hin, dass es sich nicht so verhalte, dass jemand, der aussagen
wolle, auch automatisch aussagen dürfe, sondern dass die Behörde zu entscheiden
habe, ob man im Sinne der Ermittlung noch Aussagen brauche oder nicht.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich habe diesen Punkt deshalb zu Beginn so
ausführlich angesprochen, weil das die rechtliche Basis der weiteren Tätigkeit
der Untersuchungskommission war und die Ausführungen von Prof Mayer deutlich
gemacht haben, dass die Ladung von Patientinnen und Patienten nicht zwingend
notwendig ist, um die Frage der politischen Verantwortung zu klären.
Ein weiterer
wichtiger Bestandteil der rechtlichen Ausführungen war die Definition des
Umfangs der Prüfkompetenz der Kommission. Prof Mayer stellte klar, dass es sich
bei dem im Antrag auf Einsetzung der Untersuchungskommission konkret als
Untersuchungsziel genannten Kuratorium für Psychosoziale Dienste in Wien, kurz
PSD genannt, um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigener
Rechtspersönlichkeit handelt und daher das, was in dieser Körperschaft vor sich
gehe, nicht Gegenstand der laufenden Untersuchungen sein könne.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Die Kommission hat insgesamt 30 öffentliche
Sitzungen abgehalten. Sie hat ein transparentes Verfahren durchgeführt, und die
Wortprotokolle wurden alle im Internet veröffentlicht. Beweisanträge für
Ladungen von Expertinnen und Experten, Sachverständigen und Zeugen wurden zu
rund 80 Prozent einstimmig angenommen. Drei als ZeugInnen geladene
Personen konnten nicht befragt werden. Sie waren von der Amtsverschwiegenheit
nicht entbunden, da es sich bei den Befragungsgegenständen um keine Agenden des
eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde Wien gehandelt hatte.
Der Kommission
selbst lagen umfassende, durch Beweisanträge verlangte Unterlagen vor. Ich
möchte als Berichterstatter allerdings feststellen, dass sowohl die GRÜNEN als
auch die ÖVP die Grundlagen der Stadtverfassung negiert haben, und zwar sowohl
betreffend die Ladung von Zeuginnen und Zeugen, deren Wirkungsbereich nicht in
die Zuständigkeit der Gemeinde und damit auch nicht in die Zuständigkeit der
Untersuchungskommission fiel, als auch betreffend die Thematisierung des
Kuratoriums für Psychosoziale Dienste, das nicht Teil der Verwaltung der Stadt
Wien ist und somit ebenfalls nicht Gegenstand der Untersuchungskommission sein
konnte.
Die anlässlich
der Antragstellung zur Einrichtung der Untersuchungskommission angekündigten
Nachweise für die behaupteten Missstände konnten – wie wir bereits in der
Aktuellen Stunde diskutiert haben – in den Sitzungen nicht erbracht werden.
Das
psychiatrische Versorgungsangebot des Krankenanstaltenverbundes, die
Entwicklung der Psychiatrie in Wien sowie die hohen Standards der stationären
psychiatrischen Versorgung in Wien wurden detailliert dargestellt, und die
jeweiligen Schritte der Umsetzung in einer historischen Zeitreihe präsentiert.
Zur
Personalausstattung gab es nach Befragung vieler Expertinnen und Experten, aber
auch Zeuginnen und Zeugen die eindeutige Erkenntnis, dass die Behandlungs- und
Pflegequalität in den psychiatrischen Abteilungen des Krankenanstaltenverbundes
durch eine gute Personalausstattung stets gewährleistet war. So wies zum
Beispiel Frau Dr Moritz, die Geschäftsführerin der Gesundheit Österreich
GmbH, darauf hin, dass das OWS mit seiner Zahl an ÄrztInnen und Pflegepersonal
über dem österreichischen Durchschnitt liegt.
Weiters gibt
es laut Frau Dr Moritz in Wien die meisten Stellen für die Ausbildung
psychiatrischer FachärztInnen. Auch Frau Univ-Prof Dr Karin
Gutiérrez-Lobos von der Medizinischen Universität Wien betonte, dass Wien
betreffend Krankenpflegepersonal insgesamt im guten österreichischen Durchschnitt
liegt.
Sehr geehrte
Damen und Herren! Für die Kommission war zu erkennen, dass die als Grundlage
für Personalberechnungen im KAV herangezogene deutsche
Psychiatriepersonalverordnung, kurz Psych-PV genannt, von den Expertinnen und
Experten als für Österreich nicht unmittelbar anwendbar anzusehen ist und daher
auch vom KAV, da keine andere Grundlage vorhanden ist, modifiziert wurde. Ich
verweise in diesem Zusammenhang auf die Aussage von Herrn Univ-Prof
Dr Hinterhuber, dem Leiter der Klinischen Abteilung für allgemeine
Psychiatrie in Innsbruck. Er hat davon gesprochen, dass es sich bei dieser
Psych-PV um eine pseudowissenschaftliche Vorgangsweise handelt. Und auch Herr
Univ-Prof Dr Schöny, der ärztliche Direktor der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg
in Linz, meinte, dass man diese deutsche Berechnungsmethode nicht auf
Österreich übertragen kann.
Diese
Schwierigkeit der Berechnung des Personalbedarfs im ärztlichen und
therapeutischen Bereich zeigte sich für die Kommission auch am Beispiel der
2007 durchgeführten Erhebung des Personalbedarfes im Otto-Wagner-Spital durch
Herrn Dr Zeyringer, den Leiter des Therapiezentrums der Zweiten
Psychiatrischen Abteilung. Dr Zeyringer stellte damals für das OWS ein
Defizit im Bereich der Ärzteschaft und der Therapeuten fest, und ich konnte
bereits während der Aktuellen Stunde darauf hinweisen, dass diese
Berechnungsunterlage auch von der Wirtschaftsuniversität Wien überprüft und der
Kommission am 8. Jänner 2009 vorgelegt wurde.
Dort wurde festgestellt –
ich zitiere wörtlich: „Selbst unter Annahme der nicht ganz
nachvollziehbaren und kritisch zu hinterfragenden Korrekturfaktoren aus
Zeyringer ist davon auszugehen, dass die Personalausstattung am Psychiatrischen
Zentrum am OWS in etwa dem
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular