Gemeinderat,
46. Sitzung vom 29.04.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 113
zur Seite. Es ist, denke ich, hier notwendig, auch über strukturelle Veränderungen und über eine Veränderung des Systems zu diskutieren. Und da gilt gerade in Österreich, dass wir auch auf der Einnahmenseite unseres Steuersystems mehr Gerechtigkeit im Auge haben müssen. Wir wissen - und alle Wirtschaftswissenschafter bestätigen das -, dass wir in Österreich Arbeit entlasten und Kapital stärker belasten müssen. Das sagen uns alle Wirtschaftsforscher und Wirtschaftsforscherinnen. Insofern brauchen wir eine vernünftige Diskussion und eine vernünftige Form der Besteuerung von Vermögenszuwächsen.
Und wenn ich über Vermögenszuwächse rede, dann meine
ich nicht die Oma mit ihrem sparsam und mühsam erarbeiteten Ersparten - denn
diese Oma, sehr geehrte Damen und Herren, zahlt schon ihre
Vermögenszuwachssteuer für die paar Euro, die sie auf ihrem Sparbuch hat,
nämlich im Zuge der Kapitalertragsteuer auf Zinsen. Nur die anderen, die
wirklich Großen, die, die innerhalb von kürzester Zeit 100 Millionen
aufstellen können, wenn es notwendig ist, die zahlen noch nicht. Und das, sehr
geehrte Damen und Herren, ist keine Form von Gerechtigkeit, wie ich sie mir
vorstelle. (Beifall bei der SPÖ.)
Eine Vermögenszuwachssteuer, die Aktiengewinne
betrifft, und eine Transaktionssteuer, die international notwendig ist, das ist
das, worüber wir ernsthaft diskutieren sollten; eine Transaktionssteuer, die
nicht nur dazu führt, dass die Einnahmen entsprechend gesteigert werden,
sondern die auch einen Regelungsmechanismus hat für jene Spekulanten und
Spekulantinnen, die in Stundenabständen Geld in der Welt herumschieben. Auch da
würde so eine Transaktionssteuer eine neue Ethik, ein neues
Verantwortungsbewusstsein im Finanz- und Bankensektor herstellen.
Ich denke, darüber gibt es ja mittlerweile auch
international sehr gute Diskussionen, auch über die Rolle der Rating-Agenturen,
die einerseits mitverantwortlich sind für jene Situationen, in denen wir jetzt
sind, und sich gleichzeitig anmaßen, zum Beispiel Österreich international
jetzt schlecht darzustellen. Das passt überhaupt nicht zusammen, und dagegen
müssen wir auch gemeinsam ankämpfen, dass das gute Image Österreichs weltweit
zerstört wird. Ich bin hier auch in sehr engem Kontakt mit dem
Wirtschaftsminister, und wir haben auch vereinbart, international gemeinsam
gegen dieses Schlechtreden und gegen die schlechte Darstellung Österreichs
entsprechend aufzutreten.
Ich weiß, sehr geehrte Damen und Herren, dass
budgetär keine einfachen Zeiten auf uns zukommen. Wir wissen, dass die
wirtschaftliche Situation schwieriger wird, wir wissen, dass wir das Ende der
Fahnenstange noch nicht erreicht haben. Auf der einen Seite freuen wir uns
darüber, dass wir im Moment noch einen relativ guten Stand haben, dass Wien
sich gut schlägt, aber gleichzeitig wissen wir, dass viele Herausforderungen
auf uns zukommen. Und deswegen lehnen wir uns nicht zurück, deswegen sind die
Maßnahmen, die wir bisher gesetzt haben, noch nicht alles, deswegen werden wir
weiter Maßnahmen setzen - Maßnahmen auf drei zentralen Schwerpunkten: Erstens,
um die Arbeitsplätze zu erhalten und, wo immer möglich, neue Arbeitsplätze zu
schaffen (Beifall von GRin Erika
Stubenvoll.); zweitens, um den Mittelstand zu fördern und die Kaufkraft zu
stärken; und drittens, um die Wiener Betriebe, ganz besonders die Klein- und
Mittelbetriebe entsprechend zu stärken, mit maßgeschneiderten, zielgerichteten
Instrumenten.
Das wichtigste Thema ist die Sicherung der
Arbeitsplätze, sehr geehrte Damen und Herren. Arbeitslosigkeit muss mit aller
Macht zurückgedrängt werden. Jeder Arbeitslose ist einer zu viel. Wir müssen
Arbeitslosigkeit bekämpfen, wo immer es möglich ist, und ich bin sehr, sehr
froh, dass wir eine Bundesregierung haben, die in dieser Frage Partnerin ist,
dass wir einen Sozialminister haben, der mit uns gemeinsam kämpft und mit dem
wir gemeinsam auch schon entsprechende Arbeitsmarktpakete vorgestellt haben:
33 Millionen EUR zusätzlich, davon 10 Millionen EUR von der
Stadt Wien im Kampf gegen Arbeitslosigkeit, mit einem ganz besonderen Schwerpunkt
bei den Jugendlichen. Auch hier denke ich, dass Wien vorbildlich agiert hat und
mit dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds ein Instrument hat, das es in
keinem anderen Bundesland gibt und mit dem wir wirklich den Schlüssel zu mehr
Beschäftigung, mehr Qualifikation und damit einem wirklichen Kampf gegen
Arbeitslosigkeit haben. (Beifall bei der
SPÖ.)
Qualifikation, das war immer der Schwerpunkt des
WAFF. Und gerade jetzt zeigt sich, wie wichtig dieser Schwerpunkt ist, denn
mehr als die Hälfte derer, die jetzt in Wien arbeitslos sind, haben nur einen
Pflichtschulabschluss. Und das, sehr geehrte Damen und Herren, zeigt, dass
dieser Weg der Qualifikation ganz, ganz wichtig ist.
Warum uns die Jugendlichen besonders am Herzen liegen,
brauche ich in dieser Runde, glaube ich, nicht zu erklären: Junge Menschen, die
keine Zukunftschance haben, das ist das Schlimmste, was einer Gesellschaft
passieren kann. Deswegen geht mehr als die Hälfte der Mittel, die wir hier
zusätzlich zur Verfügung stellen, im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit und für
junge Menschen drauf. Und ich glaube, jeder Cent davon ist sehr gut investiert.
Wir stehen aber auch denen zur Seite, die von
Kurzarbeit bedroht sind, wo die Unternehmungen Schwierigkeiten haben. So bin
ich zum Beispiel in permanentem Kontakt sowohl mit der Geschäftsleitung als
auch mit den Betriebsräten von General Motors, und wir werden als Stadt alles
in unserer Macht Stehende tun, um dieses Werk, das ja eines der produktivsten,
wenn nicht das produktivste des ganzen Konzerns mit zukunftsorientierten
Produkten ist, auch entsprechend zu unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir
haben hier viele Maßnahmen bereits gesetzt, aber auch die Unternehmungen der
Stadt Wien setzen entsprechende Maßnahmen. Die Wiener Stadtwerke werden bis
2013 über 4 Milliarden EUR investieren, um Arbeitsplätze zu sichern.
Mehr als 311 Millionen EUR unseres
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