Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 118
Verständnis sozialdemokratischer Sozialpolitik nach
mehr als 100 Jahren? Ich gebe zu, als christdemokratischer Sozialpolitiker tue
ich mir schwer mit dieser Vorgangsweise.
Was ich mir erwarten würde, wäre vielleicht, einmal
nicht nur davon zu sprechen, was eine anonyme Unternehmensleitung mit einem
Betriebsrat zu tun hat, sondern vielleicht einmal zum Hörer zu greifen und die
Frau Generaldirektorin anzurufen oder ein Gespräch mit München zu führen. Das
wäre eigentlich das, was wir hier erwarten könnten.
Es ist das ja nicht ein Unternehmen, das in überhaupt
keiner Beziehung zu dieser Stadt steht. Schauen wir uns um! Von den
Verkehrslichtsignalanlagen – das heißt auf gut Wienerisch, den Ampeln – über
die Medizintechnik, über den gesamten EDV-Bereich – überall ist Siemens
drinnen. Also ich möchte wissen, wie beispielsweise deutsche
Ministerpräsidenten, ein Horst Seehofer, ein Jürgen Rüttgers, auch ein Beck,
bitte, reagieren würden oder ein Erwin Pröll in Niederösterreich. Der wäre so
laut, dass man es nicht überhören könnte, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Da würde ich nicht so leise Töne hören, wie wir sie gestern beispielsweise vom
Herrn Bürgermeister in der „Pressestunde" gehört haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich gebe zu, dass diese „Pressestunde" für mich
keine gute Einstimmung auf die heutige Debatte war und auf den Ernst der
Situation. Im Hinblick auf die Gesundheitsreform lediglich den Hinweis zu
bekommen, dass es eine Vermögenszuwachssteuer geben sollte für Aktien, deren
Stand ja bekanntlich – man braucht ja nur nachzuschauen – so niedrig ist wie in
den letzten Jahren nicht, da frage ich mich, wo das Geld wirklich herkommen
soll. Und weiters hat dann der Herr Bürgermeister davon gesprochen, dass er
sich eigentlich gar nicht auskennt, wie das bei der Finanzierung ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die
Sozialdemokratie nach 90 Jahren, die sie in dieser Stadt regiert? Das ist
vom Roten Wien geblieben, meine sehr geehrten Damen und Herren? Sie sollten
sich selber manchmal in den Spiegel schauen. Es täte Ihnen nicht schlecht. (Beifall bei der ÖVP.)
Wie überhaupt in dieser Rede aufgefallen ist, dass
bei allen anderen etwas eingefordert wurde. Da ist beispielsweise das Thema
Breitband gekommen. Wo ist denn die Breitbandoffensive in dieser Stadt
geblieben, von der vor Jahren so viel die Rede gewesen ist? Oder es ist die
Rede gewesen von der Bank Austria, und das ist ja auch kein rühmliches Kapitel
für die SPÖ dieser Stadt. Aus der einstigen Gemeindesparkasse, aus der später
ein riesiger Moloch geworden ist – wir haben davor gewarnt –, ist nunmehr eine
kleine Filiale einer Mailänder Bank geworden. Das ist die Realität! Das ist so
ähnlich wie die Situation hinsichtlich der seinerzeitigen Gewerkschaftsbank,
die nunmehr in amerikanischen Händen ist und wo man nicht weiß, wie es
weitergeht.
Das ist das Verständnis der SPÖ von Wirtschaft- und
Sozialpolitik, und da fällt einem ein Zitat ein, das am Wahlabend der EU-Wahlen
gefallen ist: „Wirtschaft kann sie nicht, die Sozialdemokratie." Und das
beweist auch die Situation in dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)
Dabei wären so viele Themen zu diskutieren, gerade in
der Situation der Wirtschaftskrise. Wir hatten schon vor der Wirtschaftskrise
das Problem, dass es in Wien so viele Arbeitslose gab wie sonst nirgends. Das
heißt, wir sind schon unter schlechten Voraussetzungen in die wirtschaftlich
schwierige Situation gegangen. Seit 2002 nimmt Wien den traurigen letzten Platz
ein. Einstens war ja diese Stadt eine Lokomotive, eine Job-Lokomotive, und
heute ist sie letztlich am wirtschaftspolitischen Abstellgleis angelangt.
Wenn wir uns die Zahlen ansehen, wenn wir uns etwa die
Bruttowertschöpfung in Prozenten von 2006 bis 2008 ansehen, dann liegt Wien
einfach weit hinter allen Bundesländern. Das Burgenland und Kärnten sind hinter
uns, aber sonst ist es eindeutig so, dass wir hinten liegen, obwohl wir in
einer der reichsten Regionen Europas liegen. Das ist alles heute zu
diskutieren, doch daran fehlt es.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vergleichen wir
etwa die Situation mit Oberösterreich. Oberösterreich war zum Zeitpunkt, zu dem
die Wirtschaftskrise begonnen hat, schuldenfrei. Wiens Schulden in
Milliardenhöhe wachsen wieder. Oberösterreich hatte die niedrigste
Arbeitslosenrate, Wien die höchste. (Zwischenbemerkung
von VBgmin Mag Renate Brauner.) Na bitte, weiterhin hat Oberösterreich
weniger Arbeitslose als Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich
glaube, man darf keinen einzigen Arbeitslosen vergessen. Das wäre der falsche
Ansatz. Es ist schlimm, wenn die Arbeitslosigkeit wächst, aber ich glaube, das
Entscheidende ist, wie eigentlich überhaupt die Zahl der Arbeitslosen ist, wie
das prozentmäßig aussieht. Das heißt, wir sind unter schlechten Bedingungen in
eine schwierige Situation gestartet.
Wie schaut
das mit der Schuldenfreiheit aus? Das gibt es halt in Wien nicht, und mit dem
Problem haben wir es zu tun.
Groß
angekündigt wurde das Konjunkturpaket I. Wir bräuchten, das wissen wir
ganz genau – vergleichen wir das mit anderen Bereichen, mit anderen
Gebietskörperschaften –, statt 100 Millionen EUR
500 Millionen EUR. Das wäre notwendig, das wäre für die Konjunkturankurbelung
tatsächlich dringend geboten.
Beispielsweise
Konjunkturpaket II: 200 Millionen EUR Wohnbauanleihe. Das tragen
wir natürlich mit, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind ja
vielfach Bundesmittel, mit denen sich hier die Stadt schmückt.
Und wie
geht es sonst? Wie wird mit den Bürgerinnen und Bürgern umgegangen? Wie wird
ihnen in die Tasche gegriffen? Wir haben es mit Gebührenerhöhungen, eigenen
Steuern letztlich, in Wien zu tun, die Parkometerabgabe wurde massivst erhöht.
Wenn wir uns die Überlegungen der
SPÖ zu Wirtschaftspolitik anhören, dann ist zwar der Bürgermeister von Wien
etwas differenzierter als der Landeshauptmann von der Steiermark, aber
letztlich geht es nur um
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