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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 118

 

Situationen, wo man darüber nachdenken kann, ob man über Zocken oder über Kursverluste redet. Das ist durchaus legitim. Aber das, was Niederösterreich zusammengebracht hat, ist bestenfalls im Umfeld der Gemeinde Wien mit der AVZ passiert. Leider ist schon vergessen, dass da auch fast 1,3 Milliarden EUR versenkt wurden. Aber das ist jetzt schon fast fünf Jahre her und daher soll man jetzt nicht länger darüber reden.

 

Nichtsdestoweniger, die Armut in Wien steigt. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und wir sollten gegensteuern. Die Arbeitslosigkeit in Wien steigt. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und wir sollten gegensteuern. Im Vorjahr haben wir gesagt, machen wir doch ein großes Konjunkturpaket mit thermischer Sanierung auf der einen Seite und einem anderen Punkt, der mir ganz wichtig ist und der in kaum einem Konjunkturpaket vorkommt, nämlich tatsächlich in Dienstleistungen zu investieren. Ich sage ganz offen, es wundert mich nicht, dass insbesondere ins Personal, und ich rede tatsächlich von Investitionen in Dienstposten, in Personal et cetera ... (VBgmin Mag Renate Brauner: 311 Millionen EUR in die Gesundheit und in Soziales!) - 311 Millionen EUR in die Gesundheit und in Soziales. Liebe Renate Brauner, in zwei Jahren 400 Personen Personalabbau im Rahmen des gesamten Krankenanstaltenverbundes, nachzulesen im Rechnungsabschluss! Wir machen, obwohl wir wissen, dass die Pflegebedürftigkeit steigt, obwohl wir wissen, dass der Aufwand immer weiter steigt, einen Personalabbau im Rahmen des Krankenanstaltenverbundes. Das ist genau der Punkt! (Zwischenrufe von VBgmin Mag Renate Brauner.) Einmal würde ich mir wünschen, hinter dir zu sitzen, liebe Finanzstadträtin, und genauso von hinten permanent hineinzureden! (VBgmin Mag Renate Brauner: Entschuldigung!) - Okay, ich nehme es zur Kenntnis. (VBgmin Mag Renate Brauner: Ich entschuldige mich, aber du musst auch zugeben, es ist manchmal schwer, von da hinten zuzuhören! Aber ich entschuldige mich und lasse dich reden!) - Nachdem ich diese Schwierigkeiten des Zuhörens tatsächlich nur auf die Akustik zurückführen kann, würde ich ersuchen, einen sinnvollen Monitorlautsprecher einzubauen, weil inhaltlich, denke ich, gibt es an meiner Rede bislang nichts auszusetzen. Tatsächlich ist es so, dass 400 Personen Personalabbau einfach dem Rechnungsabschluss entspricht. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Friedrich Strobl: Da musst du aber selbst grinsen!)

 

Vielleicht auch noch ein anderer Punkt, der meines Erachtens sehr kritisch in dem Zusammenhang zu hinterfragen ist, ebenfalls durch den Rechnungsabschluss deutlich wird und ein bezeichnendes Bild auf die Art und Weise wirft, wie die Wiener Sozialdemokratie leider nicht gegen die Krise agiert. Schauen wir uns das Stadtgartenamt an. Seit Jahren kommt es dort sukzessive zu einem Personalabbau. Jetzt werden reguläre Arbeitsplätze durch Plätze aus Wiedereingliederungsmaßnahmen ersetzt, sagen wir es einmal so. Die Stadt Wien ersetzt in ihrem eigenen Bereich reguläre Vollzeitarbeitskräfte durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Ich halte das für einen falschen Weg.

 

Schauen wir uns an, was sich jetzt im Bereich des Krankenanstaltenverbundes tut. Es sollen reguläre Arbeitsplätze im Bereich der Reinigung durch ausgelagerte Arbeitsplätze von Leiharbeitsfirmen ersetzt werden. Das kann doch nicht der soziale und solidarische Weg sein, den die Wiener SPÖ in der Krise gehen will (GR Dr Wolfgang Aigner: Neoliberal!), prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen und selbst Personal abzubauen!

 

Wenn man sich gleichzeitig damit auch die Zahlen ansieht, die im Sozialbereich, in sozialpädagogischen Einrichtungen, im Sozialamt et cetera an Veränderungen passieren, dann wundert es einen, wie immer weniger oder gleich viele Menschen oder plus/minus drei, vier dem exorbitanten Anstieg von Armut in Wien tatsächlich noch sinnvoll irgendwie entgegenhalten und unterstützend wirken können. Das, was passiert, ist in all diesen Bereichen eine massive Zunahme des Drucks auf die Beschäftigten und eine weitaus geringere reale Hilfe für von Armut oder Armutsgefährdung betroffene Menschen.

 

Ich möchte auf einen weiteren Punkt der Rede kommen, weil eine Kollegin von mir extra deshalb jetzt noch einmal telefoniert hat. Ganz aktuell, weil, wie gesagt, der Rechnungsabschluss Zeit für einen Rückblick ist, aber selbstverständlich angesichts der Wirtschaftskrise auch für eine aktuelle Auseinandersetzung mit der Situation zu Siemens. Die Siemens-Personalvertretung, nach soeben geführter Rücksprache, weiß nichts davon, dass die Stadt Wien oder WAFF mit der Geschäftsleitung sprechen. Sie stellen es nicht in Abrede, sie sagen nur, sie wissen nichts davon. (GR Godwin Schuster: Wer von der Stadt Wien hat mit der Geschäftsführung zu tun?) Aber es ist bezeichnend, dass der Stadt Wien und dem WAFF die Personalvertretung egal ist und sie mit ihrer Geschäftsführung sprechen, wo es um 632 betroffene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen geht, die ganz massiv von Kündigung bedroht sind. Sie wollen auch keine Arbeitsstiftung. Sie verlangen von Siemens nichts anderes, als dass ein Unternehmen, welches jahrelang von der öffentlichen Hand, vom Bund wie von Wien, massiv profitiert hat, jetzt nicht ganz zum neoliberalen Gesellschaftsbild wird und, was permanent in der Vergangenheit gepflegt wurde, hochqualifizierte Arbeitskräfte ins Ausland verlagert. Man muss sich einmal genau überlegen, was das bedeutet. Wir glauben alle miteinander, dass ein höheres Maß an Bildung und an Ausbildung Arbeitsplätze sichert und stehen jetzt schon vor dem Problem, dass höchstqualifizierte Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden müssen.

 

Da muss man sich tatsächlich die Frage stellen und das ist eigentlich einer der zentralsten Kritikpunkte, sowohl an der Bundesregierung als auch an Wien wie auch an der Europäischen Union - die wird das nicht sehr interessieren, wenn man das von Wien aus sagt -, seit Beginn der Wirtschaftskrise haben wir viele Absichtserklärungen gehört, aber es hat sich nichts, aber auch gar nichts, geändert, weder auf europäischer

 

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