Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 89
(Beginn um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich
wünsche einen wunderschönen guten Morgen und eröffne die 49. Sitzung des
Wiener Gemeinderates.
Entschuldigt während des gesamten Tages sind Frau
GRin Cammerlander und Frau GRin Praniess-Kastner. Ich habe dann noch einige
Entschuldigungen temporär, wobei ich darauf hinweisen möchte, weil ich es auch
in der Präsidiale erwähnt habe, die Frau VBgmin Mag Brauner ist ab 15 Uhr
entschuldigt, weil sie einen Auslandsaufenthalt hat, der nicht vermeidbar
gewesen ist.
Wir kommen nun zur Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP - 02514-2009/0001 -
KGR/GM) wurde von Herrn GR Dipl-Ing Martin Margulies gestellt und ist an
die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Finanzen,
Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke gerichtet. (Es gibt [mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit] keinen Gott. Werte sind menschlich -
auf uns kommt es an." Mit diesem Spruch sollte im Zuge der internationalen
"Atheist Bus Campaign" auch auf Bussen der Wiener Linien geworben
werden. Obwohl bereits abgeschlossene Verträge vorlagen, wurde seitens der
Wiener Linien in letzter Minute eine Affichierung des oben genannten Spruches
untersagt. Entspricht diese Vorgehensweise der Geschäftsführung ihren
diesbezüglichen Überlegungen bzw Vorgaben als Eigentümervertreterin?)
Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.
VBgmin Mag Renate Brauner: Einen
schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe schon eingetroffene
Kollegen und Kolleginnen!
Die Frage richtet sich nach einer Werbeaffichierung
bei den Wiener Linien. Ich darf darüber informieren, dass das eine Frage des
operativen Geschäftes ist. Es handelt sich konkret um ein Plakat der „Atheist
Bus Campaign", einer internationalen Aktion, die Sprüche affichieren
möchte. Ich war in diese Entscheidung nicht eingebunden und auch nicht darüber
informiert, was auch klar ist, weil es sich ums operative Geschäft handelt,
kann Ihnen aber nach Rücksprache mit der Geschäftsführung der Wiener Linien
mitteilen, dass es bei der Verkehrsmittelwerbung in Wien sehr klare
Bestimmungen gibt und dass, seit es diese Werbung gibt, ganz klar ist, dass
keine politische oder religiös motivierte Werbung auf den Verkehrsmitteln der
Wiener Linien umgesetzt wird. Das gilt für alle Werbeinteressenten, für die
Fahrzeuge der Wiener Linien, also U-Bahnen, Straßenbahnen, aber auch für die
Busse. Mir ist berichtet worden, dass diese Vorgangsweise in der Werbebranche
eigentlich seit vielen Jahren bekannt ist, keine Neuigkeit ist und sich bis
jetzt auch in der Praxis ohne irgendwelche Probleme umgesetzt hat und
erfolgreich ist. Insofern war die Entscheidung, das nicht zu machen, auf Grund
dieser Richtlinie eine logische der Geschäftsführung.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 1.
Zusatzfrage hat Herr Dipl-Ing Margulies. - Bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Es war bewusst keine Frage nach dem operativen
Geschäft, sondern tatsächlich nach Ihren diesbezüglichen Überlegungen und
Vorgaben. Ich nehme auch gerne zur Kenntnis, dass es da Überlegungen Ihrerseits
selbstverständlich geben wird, Vorgaben für operative Geschäfte nicht.
Nichtsdestoweniger ist es mir von Anfang an komisch vorgekommen, gerade bei der
„Atheist Bus Campaign" immer darauf zu verweisen, dass es sich um
religiöse Motive handelt. Wenn jemand der Meinung ist, er mag überhaupt nicht,
dass mit dem Fahrrad gefahren wird, er wird alles unternehmen, kein Fahrrad zu
benutzen, dann kann man auch nicht sagen, im weitesten Sinne ist das ein
Radfahrer. Das ist so wie bei der „Atheist Bus Campaign". Das Spannende an
dieser Kampagne ist, dass in einer Art und Weise Menschen zum Nachdenken
gebracht werden sollen, dass sie de facto menschliches Handeln in den Mittelpunkt
stellen, nichts anderes, als angeregt darüber nachzudenken, dass man sich nicht
einzig und allein - ich sage es jetzt bewusst so - auf eine religiös begründete
Wertvorstellung reduzieren lässt. In unserer gesamten Gesellschaft ist, egal,
ob ich das Fernsehen aufdrehe und zum Teil natürlich auch durch
U-Bahn-Stationen gehe, durch Straßenbahnhaltestellen gehe, wir merken es in
vielen Lebensbereichen, die Trennung von Kirche und Staat überhaupt nicht
vollzogen. Dann gibt es einmal eine Kampagne, die sagt, Leute, denkt darüber nach. Die ist weder beleidigend noch verächtlich
machend et cetera. Dann wird eine Argumentation herbeigebogen, indem gesagt
wird, jemand, der gegen etwas ist, ist eigentlich für etwas.
In diesem Zusammenhang
frage ich noch einmal, ob Sie tatsächlich der Meinung sind, dass die „Atheist
Bus Campaign" etwas mit religiöser Werbung zu tun hat.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte.
VBgmin Mag Renate Brauner: Sehr
geehrter Herr Gemeinderat!
Es wäre eine spannende philosophische Diskussion, ob
die Frage, wie ich zum Fahrrad stehe und wie ich zu Gott stehe, eine gleich zu
bewertende ist. Wenn ich mir die Position der GRÜNEN im Zusammenhang mit
Fahrrad und Auto anschaue, verstehe ich, dass das für Sie auch ein bisschen
einen religiös anmutenden Touch hat, weil die manchmal so von Leidenschaft
gekrönt ist, dass ich mir denke, da muss es irgendwie eine übergreifende innere
Motivation geben. Aber das ist eindeutig, denke ich, eine wirklich philosophische
Diskussion, ob eine Fahrradkampagne und eine Kampagne für oder gegen den
Glauben auf eine gleiche Ebene zu stellen ist.
Denn, und das ist das Einzige, was
ich konkret dazu sagen möchte, es geht hier nicht darum, dass man sagt, man hat
nur keine Werbungen, die für die Religion sind, sondern ich wiederhole noch
einmal, religiös motiviert, auch wenn ich für oder gegen etwas bin, steht das
damit im Zusammenhang. Aber das ist wirklich eine Diskussion, wo ich um
Verständnis bitte. Ich kann sie mir sehr spannend vorstellen an einem
hoffentlich doch irgendwann einmal wieder eintretenden lauen Sommerabend. Ich
bin gerne bereit, auch solche Diskussionen zu führen. Die haben aber, denke
ich, weder mit dem
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