«  1  »

 

Gemeinderat, 49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 89

 

Zusätzlich zur Frage der Gebührenbefreiung gibt es aber auch noch die Frage der Qualität. Die wurde in den letzten zwei Monaten durch den Druck der Umstellung ganz vergessen. Zur Qualität gehört für mich ganz wichtig das Personal. Da werden Sie jetzt vielleicht ein Déjà-vu haben, weil das habe ich schon mehrere Male erzählt. Noch einmal hier, keine Gebührenbefreiung der Welt wird uns weiterbringen, wenn wir nicht das benötigte pädagogische Personal haben. Und wir haben es nicht. Die Personaldecke ist extrem dünn und das liegt an drei wesentlichen Faktoren.

 

Der erste Faktor sind die Rahmenbedingungen in den Wiener Kindergärten. Wir erwarten von der Bildungseinrichtung Kindergarten ein Bildungsangebot des 21. Jahrhunderts, aber wir haben noch immer Rahmenbedingungen des 20. Jahrhunderts. Bereits vor mehr als 30 Jahren, als ich selbst noch eine junge Kindergartenpädagogin war, gab es 25 Kinder in der Gruppe. Mittlerweile haben sich die Ansprüche an diesen Beruf enorm geändert. Der Kindergarten soll die erste institutionelle Bildungseinrichtung werden, aber noch immer gibt es 25 Kinder mit einer Fachkraft. Die zweite Assistentin, Betreuerin oder Helferin, wie immer sie genannt wird, hat sehr häufig Reinigungsaufgaben und ist nicht, selten oder weniger als zweite Unterstützung in der Gruppe. Wenn wir einen Blick nach Deutschland machen, sehen wir, dort gibt es in jeder Gruppe zwei KindergartenpädagogInnen. Das wünsche ich mir auch für Wien. Wien ist übrigens das einzige Bundesland - zum Thema Qualität -, das eine Vorbereitungszeit für KindergartenpädagogInnen nicht im Gesetz verankert hat. Das gibt es in ganz Österreich sonst nicht. Die anderen haben das längst umgesetzt.

 

Der zweite Faktor, auch da haben Sie vielleicht ein Déjà-vu, das ich Ihnen nicht ersparen kann, ist die Bezahlung. Solange die Bezahlung für hochwertige Arbeit nicht adäquat ist, wird es schwierig sein, genügend KindergartenpädagogInnen zu finden. So sollte unserer Meinung nach die Bezahlung der KindergartenpädagogInnen an das Gehaltsschema der VolksschullehrerInnen angeglichen werden. Der Unterschied ist nicht mehr so phänomenal.

 

Der dritte Faktor betrifft die Ausbildung. In der jetzigen Struktur ist es einfach für viele Menschen zu wenig attraktiv, in den Beruf zu gehen. Nur 30 Prozent der AbsolventInnen der Bildungsanstalten gehen in diesen Beruf. Deswegen hier und heute, nicht zum ersten Mal: Sehr geehrter Herr StR Oxonitsch, sehr geehrter Herr Bürgermeister, unterstützen Sie die Ausbildung der Kindergartenpädagogik an den pädagogischen Hochschulen! Initiieren Sie einen Pilotversuch an den pädagogischen Hochschulen, um einen ersten Schritt zu setzen, damit wir mehr interessierte Menschen in diesen Beruf bekommen! Ich glaube, das wäre ein wichtiger Schritt, um die Ausbildung zu intensivieren. Bis dieser Schritt umgesetzt ist, ersuche ich Sie, die Ausbildungen an den Kollegs zu intensivieren. Wir haben einen erhöhten Bedarf. Er wird im Herbst steigen. Wir werden - ich warne hier jedes Mal davor - Kindergartengruppen ohne PädagogInnen haben.

 

Zum Schluss noch zur Frage der Bildung im Kindergarten: Wir erwarten vom Kindergarten inhaltlich pädagogisch gute Arbeit. Es braucht dafür in Wien ein Qualitätsmanagement. Dieses Management sollte alle Aspekte abdecken, regelmäßige Überarbeitung des Bildungsplans - es gibt zwei österreichische Bildungspläne, die in den Wiener Bildungsplan implementiert gehören -, ein regelmäßiges Controlling aller Einrichtungen, die Evaluation der Gruppengrößen. Die Qualität und deren Evaluierung müssen einfach die Säulen sein, auf denen dieser Kindergarten steht. Ich bringe dazu mit meiner Kollegin Mag Anger-Koch und meinem Kollegen Dr Wolfgang Aigner einige Anträge ein. Der erste, betreffend den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen:

 

„Der amtsführende Stadtrat für Bildung, Jugend, Information und Sport wird aufgefordert, bis Ende des Jahres einen stufenweisen Ausbau an Kindergartenplätzen auszuarbeiten, um spätestens 2012/2013 eine bedarfsgerechte Vollversorgung mit Kinderbetreuungsplätzen in Wien sicherzustellen.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den amtsführenden Stadtrat für Bildung, Jugend, Information und Sport beantragt.“ (Beifall bei der ÖVP)

 

Der zweite betrifft die Erarbeitung eines Entwicklungsplans für das vorschulische Betreuungswesen, um schon vorausblickend durch Daten und Fakten vorauszuschauen und strategisch entwickeln zu können, wo es einen erhöhten Bedarf geben wird, um finanzielle Mittel vorausschauend dafür bereitzustellen. - In dieser Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. (Beifall bei der ÖVP)

 

Wir fordern eine massive Ausbildungsoffensive in allen Bildungsanstalten dieser Stadt, auf allen Ebenen, insbesondere an den Kollegs. - Hier wird die Zuweisung beantragt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir fordern einen akademisch europaweit zertifizierten Lehrgang für Elementarpädagogik. - Auch in dieser Hinsicht haben wir die Zuweisung beantragt. (Beifall bei der ÖVP)

 

Dann bin ich beim vorletzten Antrag, betreffend die Einführung eines Rechtsanspruches auf einen vorschulischen Betreuungsplatz für Kinder von null bis sechs Jahren:

 

„Der Wiener Gemeinderat spricht sich für die landesgesetzliche Verankerung eines Rechtsanspruches auf einen gebührenbefreiten Kindergartenplatz aus und ersucht in diesem Zusammenhang die zuständigen Stellen der Wiener Landesregierung, im Speziellen den amtsführenden Stadtrat für Bildung, Jugend, Information und Sport, die erforderlichen logistischen und administrativen Schritte und Maßnahmen zu setzen beziehungsweise einzuleiten.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und last but not least, betreffend die Etablierung eines inhaltlich pädagogischen Qualitätsmanagements. Ich habe es vorhin kurz angesprochen. - Auch in dieser Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. (Beifall

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular