Gemeinderat,
51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 83
waren verschiedene Umstände.
Aber ich denke, es ist eigentlich schade, eine Kulturdebatte, die man
verlangt hat, wo man über Richtungen in der Kultur reden will, für diesen einen
Tagesordnungspunkt aufzuwenden, wo ohnedies schon alles vergangen ist. Es ist
kein Geld geflossen. Wir hoffen, dass die nächsten Veranstaltungen dieser Art
gut funktionieren. Sie glauben ja nicht wirklich, dass wir jetzt Popkonzerte
finanzieren. Keiner braucht Angst zu haben, dass wir irgendwelche Popkonzerte
subventionieren, schon gar nicht aus dem Kulturbudget. Es wäre eine
Tourismusförderung für Folder und dergleichen gewesen. Das hat uns Herr Norbert
Kettner erklärt.
Der Kollege Dworak hat endlich ausgesprochen, dass er da steht, um die
Kulturpolitik zu kritisieren. Es ist das Recht der Opposition, die
Kulturpolitik zu kritisieren. Ich sage, man soll sich nicht selbst loben, aber
es ist in Wien fast nicht
notwendig, die Kulturpolitik zu kritisieren. (GRin Mag Marie Ringler: Es gibt doch nichts zu kritisieren, oder?) Wo
gearbeitet wird, fliegen Späne, das wissen alle und manchmal läuft es nicht so
rund, wie wir uns das vorstellen, aber es gibt keine großen Probleme. Auch bei
der Theaterreform, aber das sage ich dann noch.
Einladungen zu Premieren werden immer gerne angenommen. Das wissen wir
auch. Ich entschuldige mich von dieser Stelle. Ich bin mit dem Finanzausschuss
in Hamburg und kann nicht an der Premiere teilnehmen. Aber ich bin oft genug im
Kabelwerk und werde mir dieses Gebäude noch oft anschauen können.
Vorgestern war ich bei einer 90-jährigen Wienerin auf Besuch, und zwar
im Auftrag unserer Frau Bezirksvorsteherin, in ihrer Vertretung, um zu
gratulieren. Das wird jeder von Ihnen wahrscheinlich schon einmal gemacht
haben. Ich habe die Dame vorher noch nie gesehen. Es war eine derart rüstige
Wienerin, die mir aufgezählt hat, was sie alles tut. Sie geht in die
Volkshochschule tanzen, sie geht in die Pfarre turnen, sie geht in eine andere
Volkshochschule Englisch lernen und sie hat ein Abonnement vom Volkstheater in
den Bezirken. Da hat sie mir erzählt, wie praktisch es ist, wenn sie mit dem
Autobus von ihrer Wohnung direkt in die Längenfeldgasse fahren kann, wo bei uns
in Meidling das Theater in den Bezirken ist. Als wir dann miteinander
gesprochen haben und ich ihr erzählt habe, dass ich im Kulturbereich tätig bin,
hat sie gesagt: „Ich bedanke mich bei der Stadt Wien, dass es so eine
Einrichtung wie das Volkstheater in den Bezirken gibt. Das gibt es nirgendwo
und das ist eine große Errungenschaft in dieser Stadt."
Gestern bei der Vorbereitung für diese Rede habe ich in den Protokollen
nachgeschaut und bemerkt, die ÖVP hat seit Jahren die Zustimmung zum Theater in
den Bezirken verweigert. Das hat direkt schon Tradition. Das geht zurück bis zu
den Kollegen, die jetzt nicht mehr im Kulturausschuss sitzen. Ebenso wenig
wurde von der ÖVP seit Jahren den Subventionen für das Kabelwerk zugestimmt.
Das fügt sich in die Reihe der Ablehnung wichtiger Kultureinrichtungen durch
die ÖVP. Die ÖVP als Wirtschaftspartei übersieht dabei ganz (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist doch
keine Wirtschaftspartei!) - die ÖVP nennt sich Wirtschaftspartei -, dass
die Kultursubventionen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind und nach einer
aktuellen Studie des IHS jeder Euro an Subventionen 2,3-fach zurückfließt.
Ich bin in den letzten Jahren zum Schluss gekommen, dass die ÖVP
einfach kulturelle Projekte in Arbeiterbezirken, wie zum Beispiel Meidling
einer ist - und ich bin stolz darauf, dass ich dort wohne und dass ich ein Kind
aus dieser Klasse bin -, nicht will.
Der Süden Wiens war bis jetzt kulturell unterversorgt, obwohl in den
Bezirken 10, 12 und 23 zirka 350 000 Menschen leben. Das ist ein Fünftel
der Wiener Bevölkerung.
Ein kurzer Abriss: 1997 ist die Fabrik zugesperrt worden. 1999 war der
Beginn der kulturellen Nutzung. Die erste Subvention wurde noch von StR Dr
Marboe gegeben. Anscheinend hat er an die angeblichen Dilettanten,
die dort tätig waren und sind, geglaubt, weil sonst hätte er das Geld für diese
kulturelle Zwischennutzung nicht gegeben. Was noch ganz wichtig ist: 2001 gab
es einen einstimmigen Beschluss der Meidlinger Bezirksvertretung über den
Flächenwidmungsplan mit dem expliziten Verlangen, dort ein Kulturzentrum
einzurichten. Somit entscheidet die ÖVP im Gemeinderat auch gegen die
ÖVP-Bezirksorganisation in Meidling. Mir steht nicht zu, zu werten, aber die
KollegInnen dort werden Ihnen vielleicht nicht so wichtig sein. Das kann ich so
nicht beurteilen, aber es kommt mir so vor.
Ich finde es lustig, dass der Kollege Dworak sagt,
wir sollten eine Bedarfsprüfung machen. Die Bedarfsprüfung, dass genau dort
dieser Kulturstandort sein soll, hat in Echtzeit stattgefunden. Wir erinnern
uns: Es war die Zwischennutzung in den alten Hallen. Wir erinnern an die
Faust-Produktion von Peter Stein. Wir erinnern uns an Hamlet in der Regie von
Hubsi Krammar. An Festwochenproduktionen: Warten auf Godot mit Andreas Vitasek.
Alles von Dilettanten erledigt. Meiner Ansicht nach gut besucht, von der
Bevölkerung sehr gut angenommen. Während der Zwischennutzung haben die
Betreiber den Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern in der Umgebung in
mustergültiger Weise gesucht. Es ist sogar gelungen, vorhandene Zweifel
auszuräumen.
Ich kann mich ganz genau
daran erinnern - der Kollege Woller hat es schon gesagt -, ich war von Anfang
an dabei, als die Bevölkerung zuerst skeptisch war, dort einen Kulturstandort
zu haben, denn das könnte Unruhe und Verkehr bringen. Im Gegenteil, es ist durch
die Zwischennutzung der Wunsch entstanden, dort soll etwas bleiben, das alle
benützen wollen, wo alle hineingehen wollen. Über die Entstehungsgeschichte des
gesamten Kabelwerks muss ich nichts mehr erzählen, es war ein einzigartiges
Bürgerbeteiligungsprojekt. Ich erinnere mich sogar daran, dass künftige Mieter
nachgefragt haben, ob der Kulturstandort wirklich kommt. Eine Dame hat mich
damals kontaktiert, weil sie auf Grund einer Erkrankung rechnen muss, bald nur
mehr den Rollstuhl benützen zu können und sie hat gesagt, wenn das kulturelle
Zentrum kommt, müsste sie sich überlegen, dort
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