Gemeinderat,
51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 83
öffentlichen Spital, bei den privaten Einrichtungen zwischen 460 und
560 EUR. Das können sich viele Frauen sehr, sehr schwer leisten. Stimmen Sie
daher unserem Beschlussantrag zu, der wie folgt lautet:
„Der Gemeinderat ersucht die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen,
dass es künftig möglich sein wird, einen Schwangerschaftsabbruch auf
Krankenschein zu erhalten."
Wir werden heute noch einen weiteren Antrag einbringen, und das ist der
lange und große Beschluss- und Resolutionsantrag, der sich damit beschäftigt,
den Schutz der Frauen vor Belästigung im Rahmen ihres Besuches bei den privaten
Einrichtungen zum Schwangerschaftsabbruch zu gewährleisten, sicherzustellen,
dass diese Belästigung hintangehalten wird. Meine Kollegin, Frau StRin Vana,
wird dazu inhaltlich ausführlich Stellung nehmen. Ich bringe daher den
Beschluss- und Resolutionsantrag ein - weil ich Gemeinderätin bin und Monika
Vana Stadträtin -, und sie wird dazu sprechen und wird auch die Begründung
umfassend darlegen.
Dazu möchte ich aber doch noch ein paar Worte sagen, die auch wieder
den Gesundheitsbereich betreffen: In Salzburg wird der Schwangerschaftsabbruch
am Gelände des Landeskrankenhauses durchgeführt, von einer privaten Filiale von
Gynmed. Dort ist die Belästigung der Frauen praktisch auf null zurückgegangen.
Und warum? - Weil die Einrichtung im Spital ist und weil es für die Menschen,
die meinen, Frauen belästigen zu müssen, bevor sie zu dieser Einrichtung gehen,
nicht möglich ist, sie zu identifizieren. In ein öffentliches Spital gehen
Frauen aus unterschiedlichen Gründen, und man kann Frauen nicht sozusagen
diskriminieren auf Grund ihres Wunsches, dort eine Abtreibung vorzunehmen.
Ich wiederhole hier einen Vorschlag, den wir schon aus Anlass der
Einführung des Wegweiserechts gemacht haben: Warum bietet man den privaten
Institutionen in Wien nicht an, in die Räumlichkeiten des
Krankenanstaltenverbundes einzuziehen? Man kann hier mit Mietverhältnissen die
Möglichkeit sozusagen einer In-house-Lösung auch für die privaten Ambulatorien
anbieten. Das hieße, dass die militanten Abtreibungsgegner und -gegnerinnen
keine Möglichkeit mehr haben, Frauen zu identifizieren und zu belästigen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Das wäre eine Lösung, die viel von dieser Debatte entkräften würde. Es
gäbe schlicht und einfach keine Möglichkeit.
Ich schließe damit, dass ich sehr eindringlich an die Sozialdemokratie
appelliere, hier und heute zu beweisen, dass es Ihnen nicht egal ist, wenn es
wieder einen Diskurs gibt, der lautet: Frauen, ihr müsst euch rechtfertigen,
ihr müsst euch Druck aussetzen lassen und ihr müsst euch für euren Wunsch, euer
Leben selbst in die Hand zu nehmen, irgendjemandem gegenüber in Erklärungsnot
bringen! - Das soll nicht sein, und das darf nicht sein.
Die GRÜNEN stehen für eine unverbrüchliche Unterstützung der Frauen,
und wir hoffen auf Ihre Zustimmung zu unseren Anträgen. - Danke schön. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke der Frau
Gemeinderätin für die Begründung dieses Antrags und eröffne die Debatte, wobei
ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt.
Zur Besprechung des Dringlichen Antrags hat sich Frau StRin Dr Vana zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr, wobei ich darauf
aufmerksam mache, dass die Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist.
StRin Dr Monika Vana: Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir GRÜNEN haben heute als Dringlichen
Antrag ein sehr ernstes Thema gewählt: das Thema Schwangerschaftsabbruch und
Zugang zum Schwangerschaftsabbruch in dieser Stadt.
Ich möchte vielleicht, um Missverständnissen
vorzubeugen, vorausschicken, dass wir GRÜNEN Schwangerschaftsabbruch nicht als
erfreuliche oder gar zu fördernde – wie uns in der Diskussion der letzten
Wochen sogar unterstellt wurde, auch von einigen Medien - Angelegenheit
betrachten. Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, machen sich
die Sache nicht leicht. Sie sind in einer Notsituation. Es ist eine Krisensituation.
Und selbstverständlich wollen wir GRÜNEN eine Gesellschaftspolitik, die
ungewollte Schwangerschaften verhindert und gewollte Schwangerschaften fördert.
Genau aus diesem Grund sehen wir selbstverständlich
in der Gesellschaftspolitik die Prävention ungewollter Schwangerschaften als
eine der Prioritäten insbesondere auch in der Sexualpädagogik an Schulen an.
Und aus diesem Grund wird heute meine Kollegin Susanne Jerusalem auch eine
Reihe von Anträgen stellen, genau zu diesem Thema: Wie können ungewollte
Schwangerschaften verhindert werden? Wie kann die Sexualpädagogik an Schulen
auf eine bessere, modernere und auch geschlechtergerechtere Basis gestellt werden?
Aber wir haben seit 34 Jahren in diesem Land – oder: so dachten
wir bisher - einen großen gesellschaftlichen Grundkonsens, nämlich die
Fristenregelung: Dass es das Recht der Frau ist, über ihren Körper und die Zahl
ihrer Kinder selbst zu bestimmen. Und es kann nicht sein, dass dieser gesellschaftliche
Grundkonsens jetzt, wie wir es bei den Demonstrationen Anfang September erleben
mussten, von reaktionär-konservativen Kräften - die leider zum Teil auch
politisch von Teilen der ÖVP unterstützt wurden, jedenfalls aber von der
gesamten Kirche unterstützt wurden – in Frage gestellt wird, dass hier das Rad
der Geschichte zu Lasten der Frauen zurückgedreht wird.
Wir haben heute den Dringlichen Antrag gestellt,
weil wir in diesem Zusammenhang in Wien eine unerträgliche Situation vorfinden.
Meine Vorrednerin, Frau Dr Pilz, hat es schon angesprochen: Seit mehr als
zehn Jahren sind Frauen, die an privaten Kliniken einen Schwangerschaftsabbruch
vornehmen lassen wollen, Psychoterror ausgesetzt. Jawohl! Wer vielleicht bisher
geglaubt hat, es handle sich um normales Ansprechen oder Belästigungen oder
auch so genannte unzumutbare Belästigung, wie sie im Landes-Sicherheitsgesetz
vor ein paar
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