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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 83

 

Maßnahmen Lebensschutz zu verstehen ist. Ja, der Herr Kardinal spricht immer von Lebensschutz - reden wir also auch von Lebensschutz! Und wir meinen damit den Schutz der Frauen, die nur durch eine qualitativ gut gemachte und medizinisch untadelige Abtreibung in guter klinischer Umgebung vor gesundheitlichen Schäden bewahrt werden. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Lebensschutz heißt, den Frauen hier kein Risiko zuzumuten und nicht durch eine Infragestellung der Abtreibung der Gefahr Vorschub zu leisten, dass es – und das wäre der Albtraum für, glaube ich und hoffe ich, die meisten Frauen hier im Saal –wieder zurückgeht auf den Küchentisch und zur Stricknadel. Niemand kann das wollen, und Lebensschutz muss klar der Schutz der Frau vor psychischer und physischer Gefährdung sein.

 

Die flankierenden Maßnahmen, wie wir sie uns vorstellen, sind eine offensive Strategie, die klar auftritt gegen diese neue Propaganda gegen die Frauen und gegen den Schwangerschaftsabbruch. Es geht schlicht und einfach darum, dass man die reproduktiven Rechte der Frauen verteidigt und die Frauen nicht wieder unter Druck setzt, sodass sie sich rechtfertigen müssen, weil sie für sich selbst entscheiden wollen, wann und wie viele Kinder sie bekommen.

 

1975 ist mit dem Gesetz über die Fristenlösung eine sehr, sehr wichtige Entscheidungsfreiheit gewonnen worden. Und was für mich das Besorgniserregendste an der jetzigen Debatte ist, ist der Umstand, dass man wieder versucht, den Zugang zu erschweren, einen Diskurs der Ablehnung führt, dass es offensichtlich wieder so sein soll, dass Frauen sich moralisch und vor allem offensichtlich auch religiös unter Druck gesetzt fühlen, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen.

 

Und es gibt auch diejenigen – und da zähle ich die Frauen und die Männer von der SPÖ dazu –, die sagen, wir wollen - und das will ich hier überhaupt nicht in Zweifel ziehen -, dass den Frauen diese Möglichkeit offensteht. - Das ist aber nicht genug, man muss sie absichern! Man muss sie absichern durch hohe Qualität, durch Unterstützung, durch Respekt und Anerkennung ihrer Entscheidung. Und wenn wir Respekt und Anerkennung ihrer Entscheidung voraussetzen, dann heißt das auch, dass wir ihnen den Zugang zu dieser medizinischen Leistung nicht erschweren, sondern ermöglichen und erleichtern.

 

Das hat in Wien ein paar Voraussetzungen. Wenn es weiterhin so ist, dass die Halbherzigkeit der SPÖ in Vollziehung dieser Haltung bedeutet, dass man sagt: Seien wir froh, dass der Schwangerschaftsabbruch im Wesentlichen privatisiert ist und dass die Wiener Spitäler da keine besondere Rolle zu spielen haben!, dann ist das halbherzig und bleibt ein Lippenbekenntnis. In so vielen anderen Bereichen legt die SPÖ Wert auf die öffentliche Zurverfügungstellung von Leistungen, bei der Abtreibung hingegen, diesem wichtigen, gesellschaftspolitisch nach wie vor so umstrittenen Thema ist sie offensichtlich daran interessiert, dass das andere machen. Sonst wäre es nicht zu erklären, dass die Spitäler des Krankenanstaltenverbundes, die ohnehin erst seit 2003 offen für Schwangerschaftsabbrüche sind, so beschämend niedrige Zahlen zu verzeichnen haben.

 

Wir haben eine Anfrage gemacht, nicht nur eine, aber die jüngsten Zahlen dazu sind völlig klar: Im SMZ-Ost und im AKH gibt es keine Abtreibungen ohne medizinische Indikation. 2004 gab es im Wilhelminenspital 12, in der Semmelweis-Klinik gut 230, im KFJ 53, in Lainz 40, in der Rudolfstiftung 165. - Seither sind die Zahlen nur mehr gesunken. Das heißt, man macht keine Politik des offensiven Barriereabbaus, sondern man sagt: Nun, wir können ja keine Ärzte und Ärztinnen zwingen! - Davon spricht ja auch niemand. Aber eine Politik, die den Frauen mit Respekt und Anerkennung ihrer Entscheidung den Zugang in den öffentlichen Spitälern aufmacht, die sieht anders aus! Denn dann wären die Zahlen anders. Der Schwangerschaftsabbruch im öffentlichen Spital kostet 300 EUR - ohnehin schon sehr, sehr teuer. Aber anderswo ist er noch teurer, und man könnte sich und sollte sich dazu entscheiden, den Anteil der öffentlichen Spitäler auszubauen.

 

Frankreich hat vorgezeigt, wie das geht. In Frankreich ist jedes Spital, das eine gynäkologische Abteilung hat, dazu verpflichtet – verpflichtet! -, den Schwangerschaftsabbruch in seinem Bereich zu ermöglichen. Und jeder Abteilungsvorstand ist ebenfalls verpflichtet, dazu auch einen Arzt oder eine Ärztin seiner Abteilung anzubieten und den Frauen damit in jedem Spital diese Möglichkeit einzuräumen.

 

In Wien geht man diesen Schritt nicht, und es wird die Besetzung der neuen Leitung der Semmelweis-Klinik, die soeben vorgenommen worden ist, zeigen, was diese Entscheidung wert ist. Denn wenn es so ist - und wir wissen das, und die Frau Stadträtin wurde von mir auch schon damit konfrontiert -, dass man ärztliche Leitungen hat, die für sich persönlich die Durchführung eines Abbruchs ausschließen, dann ist das auch ein Signal nach innen.

 

Ich glaube, dass die französische Lösung die einzige ist, die wir in Wien tatsächlich anstreben sollten, damit die Frauen die Möglichkeit haben, im öffentlichen Spital die Abtreibung vorzunehmen. (Beifall bei der GRÜNEN.)

 

Wir haben auch einen entsprechenden Beschluss- und Resolutionsantrag eingebracht, und wir gehen davon aus, dass Sie zustimmen, wenn Sie die Frauen wirklich unterstützen wollen und nicht nur Lippenbekenntnisse abgeben. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Die Halbherzigkeit der Sozialdemokratie zeigt sich auch an dem Umstand, dass es nach wie vor nicht möglich ist, die Abtreibung auf Krankenschein durchzuführen - eine langjährige Forderung der GRÜNEN. Klar ist, dass hier der Bund zuständig ist. Aber wir haben einen sozialdemokratischen Gesundheitsminister, und es wird für die SPÖ heute die Möglichkeit geben, dem Resolutionsantrag der GRÜNEN betreffend Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein hier zuzustimmen. - Im Übrigen sind wir diesbezüglich eine unrühmliche Ausnahme in Europa: In den meisten Ländern Europas wird der Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein finanziert. In Wien ist es teuer. Sie wissen das: Rund 300 EUR in einem

 

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