Gemeinderat,
51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 83
Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Nie hätte ich mir gedacht, was der 3. September auslösen wird, das
30-jährige Jubiläum von pro:woman, dem Ambulatorium am Fleischmarkt, wo wir
eigentlich den MitarbeiterInnen danken wollten für die so wichtige Arbeit, die
sie für viele Frauen in dieser Stadt leisten. Das hat sich umgewandelt in
einen, ja, grauslichen Tatbestand. Wir haben Demonstrationen vor dem Rathaus
gehabt, schlimmste Anwürfe, Vergleiche mit Holocaust und KZ-Stätten et cetera,
es war wirklich auf das niedrigste Niveau heruntergeschraubt. Und, Frau
Kollegin Matiasek, ich möchte Ihnen da schon sagen, dass wir
Schwangerschaftsabbrüche nicht bejubeln. Wir feiern keine Abtreibungen. Wie
gesagt, es war uns hier wichtig, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu
danken, die jeden Tag im Dienst für die betroffenen Frauen stehen.
Auch wir sehen die Aufklärung, die Verhütung als das beste Mittel gegen
Schwangerschaftsabbrüche - ich möchte da die Aussagen von StRin Vana
unterstreichen. Wir unterstützen deshalb auch den eingebrachten Antrag zum
Thema Sexkoffer.
Generell, wie gesagt, hätte ich mir nie denken können, was am
3. September abgeht. Die Fristenlösung ist ein so großer
gesellschaftlicher Konsens und eine so wichtige, immens wichtige
frauenpolitische Errungenschaft, die die Sozialdemokratinnen erkämpft haben!
Die Fristenregelung haben wir nur durch dieses vehemente Engagement, durch
dieses Eintreten, durch dieses Kämpfen der Sozialdemokratinnen erreicht, und
ich glaube, niemand von uns will zurück in die Zeiten der Engelmacherinnen, wo
viele Frauen bei illegalen Schwangerschaftsabbrüchen gestorben sind.
Ein Ja zu Nein muss möglich sein - daran darf sich nichts ändern, daran
wird sich nichts ändern! Für uns ist das Selbstbestimmungsrecht der Frau ein
ganz zentraler Grundsatz, es ist unantastbar. Und, wie auch schon heute in der
Diskussion gesagt wurde, Frauen entscheiden sich nicht leichtfertig für einen
Abbruch, es ist dringend notwendig, sie auch vonseiten der Politik zu
unterstützen, sie auf dem Wege zu begleiten.
Und Wien macht das, Wien steht hinter den Frauen, Wien handelt hier
seit Jahren verantwortungsvoll. Wir haben ein umfangreiches Beratungsnetz für
schwangere Frauen, für Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch machen
möchten. Wir haben die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs in Wien.
Bezug nehmend auf den Antrag der GRÜNEN möchte ich sagen, dass in Wien jede
Frau die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruches hat, wenn sie sich dazu
entscheidet, einen zu machen. Es besteht in allen Geburtenabteilungen der
städtischen Spitäler in Wien die Möglichkeit, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.
Und für Frauen, die finanziell nicht so gut gestellt sind und Sozialhilfe
beziehen, übernimmt darüber hinaus die MA 40 die Kosten für den ersten
Schwangerschaftsabbruch.
Zum vorliegenden Dringlichen Antrag, der die ortspolizeiliche
Verordnung thematisiert, die von den GRÜNEN gefordert wird. Sie wird ja schon
des Längeren, wie StRin Vana schon gesagt hat, diskutiert und auch gefordert.
Ich kann aber nur eines dazu sagen: An der verfassungsrechtlichen Situation hat
sich bis dato nichts geändert. Es ist hier kein Gemeinde-Wien-Spezifikum
enthalten. Eine ortspolizeiliche Verordnung ist daher nicht möglich.
Wien hat aber auf Grund auch der Diskussion und der Vorkommnisse schon
vor Jahren reagiert. Wir haben 2005 einen wichtigen Schritt gesetzt: das Wegweiserecht
– es wurde heute schon erwähnt. Hier bestand vordergründig eben auch die
Notwendigkeit, Frauen vor diesen radikalen Übergriffen von radikalen
AbtreibungsgegnerInnen zu schützen. Die Exekutive wurde ermächtigt, diese
radikalen AbtreibungsgegnerInnen wegzuweisen. Natürlich sehen wir auch, dass es
nicht verhinderbar ist, dass Menschen, AbtreibungsgegnerInnen, vor Kliniken die
Frauen belästigen. Es können nur Personen weggewiesen werden, die konkret
Frauen ansprechen, belästigen, die passive Anwesenheit hingegen kann mit dem
Landes-Sicherheitsgesetz nicht verboten werden.
Deshalb heißt es von unserer Seite aus, wir werden hier auch weitere,
andere Schritte prüfen, weiter auf Landesebene nachdenken, was möglich ist.
Aber darüber hinaus kann ich auch nur eines sagen: Dass ich der Meinung bin,
dass es eine bundesweite Angelegenheit ist. Wir müssen schauen, dass bundesweit
Schutzzonen installiert werden – dieser Meinung sind auch Kollegin Vana und
Kollegin Pilz. Ich kann Ihnen nur eines versprechen: Dass wir in dieser
Richtung nicht untätig sind, dass wir hier im Bund sehr gute Gespräche führen,
immer wieder von Wien aus die Diskussion in dieser Frage antreiben und mit
Bundesministerin Gabi Heinisch-Hosek in sehr guten Gesprächen sind. Es ist ja
heute schon erwähnt worden, dass sie ebenfalls die Einführung von Schutzzonen
fördert.
Das ist wichtig, die Frauen verdienen in dieser schwierigen Situation
den Schutz und das Verständnis der Gesellschaft. Deshalb ist es sehr wichtig,
hier eine bundesweite Regelung zu finden. Ich appelliere hier vor allem auch an
die Wiener ÖVP, sich in dieser Frage auf die Seite der Frauen zu stellen. Ich
finde es ja begrüßenswert, dass sich auch Männer in dieser Debatte zu Wort
melden, aber es ist auch sehr bezeichnend, dass die Frauensprecherin der
ÖVP-Wien sich nicht äußert, außer zu einer Presseaussendung zu dem Empfang von
pro:woman, wozu sie gesagt hat, die Stadtregierung soll nicht feiern, sondern
für die Frauen etwas tun. – Das finde ich auch sehr bezeichnend in dieser Diskussion.
Ich bitte nun im Zusammenhang mit den bundesweiten
Schutzzonen um die Zustimmung zu einem Antrag, der auch schon angesprochen
wurde, den wir, ich und meine Kollegin Martina Ludwig-Faymann, gemeinsam mit
den GRÜNEN, mit Dr Pilz und Marco Schreuder, einbringen. Es geht, wie
heute schon angesprochen, um die Schutzmaßnahmen beim Zugang zu einem legalen
Schwangerschaftsabbruch nach internationalem Vorbild. Wir haben uns da auch
sehr genau, wie heute auch schon angesprochen, das französische Modell
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular