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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 83

 

angesehen, wo 2001 ein Gesetz in Kraft getreten ist, durch das verboten wird, Frauen von einem Schwangerschaftsabbruch abzubringen, sie daran zu hindern. Und bei Zuwiderhandeln drohen zwei Jahre Gefängnis oder Geldstrafen in der Höhe von bis zu 30 000 EUR. Das wäre ein Modell. Wir wollen uns da aber nicht fixieren. Vielleicht gibt es auch noch andere Modelle, die hier Vorzeigemodelle sind. Aber jenes von Frankreich wäre sozusagen eines, an dem wir uns orientieren könnten.

 

Der Antrag liegt Ihnen vor, und in formeller Hinsicht möchte ich die sofortige Abstimmung beantragen. (Beifall bei der SPÖ und von StRin Dr Monika Vana.)

 

Ich möchte nur noch sagen: Stehen wir gemeinsam hinter den Frauen! Es muss das Ziel sein, dass wir gemeinsam hier für die Frauen einstehen und für die Frauen weiterarbeiten, denn es ist unser Ziel hier in Wien, dass jede Frau selbstbestimmt, sicher und unabhängig leben kann. Und ich glaube, so eine bundesweite Regelung der Schutzzonen würde auch einen sehr großen Teil dazu beitragen. (Beifall bei der SPÖ und von GRin Dipl-Ing Sabine Gretner.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Schreuder. Ich erteile es ihm.

 

GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu meiner Vorrednerin: Ich freue mich, dass wir diesen gemeinsamen Antrag mit einer Aufforderung an die Bundesregierung, diesbezüglich für Vorkehrungen zu sorgen, geschafft haben, und es freut mich sehr, dass auch die Wiener SPÖ zustimmt. Wir können nur hoffen, dass auf Bundesebene diesbezügliche Maßnahmen eingeleitet werden, denn, wie auch schon meine Kolleginnen vorher gesagt haben: Die beste Lösung ist nach wie vor die auf Bundesebene.

 

Sie haben aber auch gesagt, dass Sie auf Wiener Ebene noch prüfen. Wir haben und vor allem meine Kollegin Monika Vana hat auch mit Expertinnen und Experten lange Beratungen gemacht, welche Möglichkeiten Wien hat, den Psychoterror und die Gewalt, die ausgeübt wird, zu stoppen. Und diese ortspolizeiliche Verordnung ist eine Möglichkeit. Wir bitten euch daher wirklich inständig, da zuzustimmen, denn es ist eine geprüfte und mit ExpertInnen abgesprochene Möglichkeit der Stadt Wien, und wir haben die Möglichkeit, dieser Psychogewalt ein Ende zu bereiten. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Nun zum Kollegen Ulm. Ich habe mir lange überlegt, wie ich Ihre Rede interpretieren soll. Das war eigentlich keine Rede, es war vielmehr eine Vorlesung, eine juristische Vorlesung und ein offensichtlicher Bericht von einem Anruf bei der Polizei. Ich kann Ihre Rede nur als eines interpretieren: Als die absolute Niederlage der ÖVP-Frauenpolitik! (Beifall bei den GRÜNEN und von GRin Nurten Yilmaz.)

 

Ich finde es unglaublich, dass bei diesem Thema bei Ihnen keine Frau spricht. Wir haben uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt, nämlich nicht nur unsere Frauensprecherin, nicht nur die Frauen bei den Wiener GRÜNEN, sondern der gesamte Klub hat sich intensivst mit diesem Thema auseinandergesetzt (GR Dr Matthias Tschirf: Wir auch!), und wir haben etwas gemacht, was Sie offensichtlich nicht gemacht haben, wir haben die Stimmen der betroffenen Frauen gehört und wir haben auch die Stimmen der Ärzte gehört, die unter diesem Terror und unter dieser Gewalt leiden.

 

Was Sie offensichtlich übersehen – ich weiß nicht, wie die ÖVP zum Thema staatliches Gewaltmonopol steht –, aber Tatsache ist, dass diese privaten Kliniken selbst Menschen anstellen müssen, damit ihre Klientinnen nicht belästigt werden. Und da stimmt doch etwas nicht in dieser Stadt, wenn dem so ist, da kann man juristisch vorlesen, was man will, aber da stimmt etwas nicht.

 

Ich glaube auch nicht, dass die Frauen in ihrer eigenen Fraktion mit Ihrer Rede glücklich waren. Ich glaube, dass sie großen Widerstand leisten werden gegen Ihre Rede. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Sicht von Frauen ist, auch nicht von ÖVP-Frauen. Das kann ich mir nicht vorstellen.

 

Offensichtlich, wie bei so vielen Themen, wenn es um so etwas wie Moral und Ethik geht, wo die katholische Kirche, aber auch sehr radikale Kräfte innerhalb dieser katholischen Kirche die Richtung vorgeben – ich selbst weiß es auch sehr gut, ich werde sehr oft von so Webseiten wie „kreuz.net“ und dergleichen angegriffen, aus dieser Ecke kommen ja diese radikalen Abtreibungsgegnerinnen und -gegner –, versucht ihr wirklich, einen Spagat zu schaffen zwischen „kreuz.net“, Opus Dei und Liberalismus. Das wird nicht funktionieren. Ihr müsst euch jetzt endlich bekennen. Doch zu all den Anträgen und zu all den Themen, die heute hier besprochen worden sind, ist in Ihrer Rede, Herr Ulm, kein Wort gesagt worden, keine Stellungnahme abgegeben worden. Sie haben sich auf eine rein juristische Vorlesung reduziert und kein Bekenntnis, zu was auch immer, abgegeben. Und ich finde das für eine angeblich so staatstragende Partei wie die ÖVP eine Schande. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich verstehe das allerdings, weil reaktionäre Politik oder auch religiös motivierte fundamentalistische Politik, egal, ob es um Sexualfragen geht, ob es um Frauenthemen geht, vollkommen gescheitert sind. Überall dort, wo ultrakonservative, konservative Familienpolitik passiert, wird immer gesagt, wir brauchen mehr Kinder. Nur dort allerdings, wo dafür gesorgt wird, dass Frauen in der Karriere bleiben, im Berufsleben integriert werden, wo aktive Frauenpolitik gemacht wird, werden mehr Kinder geboren. Dort, wo es Aufklärung gibt, wirklich gut finanzierte, ausfinanzierte, organisierte Aufklärung, wo es Verhütung auf Krankenschein gibt, wo es all das gibt, gibt es viel weniger Schwangerschaftsabbrüche.

 

Also denkt bitte noch einmal nach! Ihr geht absolut den falschen Weg. Wenn ihr weniger Schwangerschaftsabbrüche wollt, dann bedeutet das, ihr müsst von eurer konservativen Politik endlich abrücken und der Wahrheit ins Gesicht sehen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Apropos Verhütungsmittel auf Krankenschein. Ich habe das jetzt vorhin im Internet kurz mal geschrieben.

 

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