Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 122
(Beginn um 9.01 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Sehr geehrte Mitglieder
des Gemeinderates!
Ich eröffne die 53. Sitzung des Gemeinderates.
Ich glaube, es warten einige spannende Tage auf uns, und ich bitte im
Hinblick darauf auch vom Vorsitz um entsprechende Rücksicht und Disziplin!
Entschuldigt für die gesamte Zeit der Sitzung sind Frau GRin Dipl-Ing
Gretner und Frau GRin Matzka-Dojder. Einzelne Personen haben sich für einige Stunden
entschuldigt, das Verlesen der Namen möchte ich mir jetzt aber ersparen.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß
§ 15 Abs 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass an schriftlichen
Anfragen von Gemeinderatsmitgliedern des Klubs der Wiener Freiheitlichen sechs,
des Grünen Klubs im Rathaus fünf, des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien drei
eingelangt sind.
Die Postnummern 1 und 2 der Tagesordnung betreffen den Entwurf des
Voranschlages der Bundeshauptstadt Wien für das Jahr 2010 und die Überprüfung
von Gebühren und tarifmäßigen Entgelten durch den Gemeinderat.
Ich schlage vor, die Beratungen dieser zwei Geschäftsstücke
zusammenzuziehen und die Verhandlungen nicht nach den zehn Gruppen des
Voranschlagsentwurfes, sondern nach Geschäftsgruppen zu gliedern. Nach einem
einleitenden Referat der Berichterstatterin, Frau VBgmin Mag Brauner, zu diesen
Geschäftsstücken folgen die allgemeine Beratung und die Spezialdebatte über die
Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke.
Voraussichtlich am Dienstag dieser Woche wird nach dem Schlusswort der
Frau amtsführenden Stadträtin für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener
Stadtwerke über die Anträge zu den genannten zwei Geschäftsstücken abgestimmt
werden. In der Präsidialkonferenz haben wir vereinbart, dass wir eine
Unterbrechung vor der Abstimmung dieser Anträge vorsehen, damit die Anträge
noch schlussberaten werden können.
Wird gegen diesen Vorschlag ein Einwand erhoben? – Ich sehe, dass
dies nicht der Fall ist.
Daher bitte ich die Frau Berichterstatterin, Frau VBgmin Mag Renate
Brauner, die Verhandlungen über die Postnummern 1 und 2 einzuleiten.
Berichterstatterin VBgmin Mag Renate Brauner: Einen
schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen!
Ich freue mich auf die vor uns liegende Diskussion! Budgetdiskussionen
sind immer wichtig, aber ich denke, ich brauche nicht näher zu begründen, warum
diese Debatte für das nächste Jahr besonders bedeutend sein wird. Wir alle
kennen die Rahmenbedingungen, und wir sind uns unserer Verantwortung bewusst.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir blicken heute mit diesem Budget und
der Diskussion darüber in die Zukunft. 2010 wird ein Entscheidungsjahr für Wien
in mehrfacher Hinsicht: Es wird ein Jahr werden, das sich heute in
wirtschaftlicher Hinsicht sehr fragil darstellt, ein Jahr, in dem sich die
Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter zuspitzen wird und das den Wiener
Unternehmungen viel Kraft abverlangen wird. Es wird in Summe ein Jahr sein, das
uns alle vor sehr große Herausforderungen stellen wird.
Wir legen mit diesem Budget, das wir diskutieren und beschließen, nicht
nur den finanziellen Grundstein für das kommende Jahr, sondern wir entscheiden
in den nächsten Tagen gemeinsam darüber, welche Startbedingungen wir unserer
Stadt für die folgenden, hoffentlich von Aufschwung gekennzeichneten Jahre
mitgeben, denn in den kommenden Tagen werden wir jenen budgetären Rahmen
diskutieren, mit dem wir unsere Stadt unter schwierigen Rahmenbedingungen
solide und sicher in die Zukunft führen wollen.
Ich verhehle es nicht: Die Erstellung dieses Voranschlags war keine
leichte Aufgabe. Dieser Voranschlag ist somit weit mehr als eine jährliche
Pflichtaufgabe. Dieses Budget wird richtungsweisend sein, denn wir entscheiden
mit diesem Budget gemeinsam darüber, ob dieser finanzielle Rahmen einen
Handlungsspielraum für Gestaltung eröffnet oder ob wir ein Korsett schnüren,
das uns keine Luft für Flexibilität lässt. Wir entscheiden darüber, ob wir mit
Entschlossenheit und Mut, Kraft und Ausdauer – und wir werden tatsächlich
langen Atem brauchen – gegen diesen wirtschaftlichen Sturm ankämpfen oder
ob wir zögerlich, ängstlich und somit unsicher in die Zukunft blicken.
Diese Krise, sehr geehrte Damen und Herren, hat ihre Spuren schon
deutlich hinterlassen, und es ist sehr wichtig zu bemerken, dass sie noch nicht
vorbei ist. Die Tatsache, dass Aktienkurse wieder steigen und Boni wieder
ausbezahlt werden, ist nämlich für mich kein Grund zum Jubeln. Das bedeutet
nicht, dass die Krise vorbei ist. Für mich und für uns wird die Krise erst dann
vorbei sein, wenn die Klein- und Mittelunternehmungen Wiens wieder Aufträge
bekommen, wenn junge Menschen garantiert wieder eine Ausbildung in den Betrieben
haben und wenn die Menschen wieder ausreichend Arbeit haben! (Beifall bei
der SPÖ.)
Jawohl! Dafür nehme ich eine maßvolle Neuverschuldung in Kauf! Mit
jedem Arbeitsplatz, den wir absichern, oder wenn wir der Wirtschaft helfen,
neue Arbeitsplätze zu schaffen, nehmen wir Investitionen in die Zukunft vor.
Und Investitionen für die Wiener und Wienerinnen, sehr geehrte Damen und
Herren, sind nicht die Kür, sondern sehen wir als verantwortliche Politiker und
Politikerinnen als unsere Pflicht an.
Ich muss, wenn uns in diesen Tagen von den
Wirtschaftsforschern die ersten zarten Pflänzchen der Konjunkturbelebung in
Aussicht gestellt werden, keine Agrarwirtin sein, um zu wissen, wie leicht man
solche Pflänzchen im Keim ersticken kann. Daher folgen wir mit dem Voranschlag
2010 der einhelligen Empfehlung aller namhafter Wirtschaftsforscher und
Wirtschaftsforscherinnen und halten am Weg der antizyklischen Finanz- und
Wirtschaftspolitik fest. Wenn sich nämlich die externen Rahmenbedingungen
derart dramatisch verändern, sind wir gefordert beziehungsweise verpflichtet,
den
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