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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 122

 

eigenen Handlungsspielraum entsprechend zu vergrößern.

 

Kurz gesagt: Wir müssen aus der Krise heraus investieren und nicht in die nächste Krise hinein sparen. Das sage nicht nur ich, das ist die Empfehlung aller namhaften Wirtschaftsexperten und Wirtschaftsexpertinnen.

 

So warnte der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz bei seinem Besuch in Wien kürzlich vor – ich zitiere: „einem Defizitfetischismus". Weiter meinte Stiglitz: „der Staat müsse Investitionen mit langfristigen Erwartungen und Zielen setzen, insbesondere bei Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Forschung dürfe nicht gespart werden; diesen staatlichen Ausgaben stünden – wie in der Bilanz – geschaffene Werte gegenüber." – Zitat Ende.

 

Auch WIFO-Chef Aiginger bestätigte diesen Weg kürzlich in einem Interview. – Zitat: „Heuer und 2010 dürfen wir nicht sparen, 2011 ein bisschen, 2012 mehr und 2013 noch mehr. Man darf nichts zurückhalten. Diesen Fehler hat man bei der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren gemacht."

 

Zuletzt zitiere ich Notenbankchef Ewald Nowotny, der vor Kurzem formulierte: „Es wäre gefährlich, zu früh mit der Konsolidierung zu beginnen.“ – Zitat Ende.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Mut und Verantwortung sind das Gebot der Stunde. Das sind die Eckpfeiler dieses Wachstumsbudgets: Mut zur Investition und aktiven Krisenbekämpfung, Verantwortung gegenüber dem effizienten Umgang mit dem Geld der Wiener und Wienerinnen.

 

Daher halten wir trotz sehr schwieriger ökonomischer Rahmenbedingungen und entsprechender rückläufiger Einnahmen an einem Budgetkurs fest, bei dem die Investition in die Menschen im Mittelpunkt steht. Wir nehmen dafür sehr bewusst, aber keinesfalls leichtfertig einen errechneten Abgang in der Größenordnung von 799 Millionen EUR in Kauf, da wir die Nachfrage und Investitionen jetzt dringend brauchen. Und hier sage ich auch klar: Die Zeit der Konsolidierung wird und muss kommen, aber erst dann, wenn auch der Aufschwung angekommen ist.

 

Ich zitiere nun Wifo-Expertin Schratzenstaller, die vor Kurzem meinte: „Jetzt krampfhaft zu sparen, sei der falsche Zeitpunkt“. – Zitat weiter: „Ich glaube, im heurigen und auch noch im nächsten Jahr, wo sich der Aufschwung ja erst wirklich einmal verfestigen muss, sind diese Defizite einfach hinzunehmen. Ich halte es für absolut – auch konjunkturpolitisch – kontraproduktiv, wenn man jetzt oder auch im nächsten Jahr schon versucht, auf der Ausgaben- und Einnahmenseite oder auf der Steuerseite gegenzusteuern.“ – Zitat Ende.

 

Fakt ist: Nur ein reales Wirtschaftswachstum wird die Sanierung der öffentlichen Haushalte nachhaltig ermöglichen und einen Rückgang der Arbeitslosigkeit bewirken. Und ich betone auch: Das stellt in keinster Weise eine Abkehr vom bewährten Kurs der grundsoliden Wiener Haushaltsführung dar. Genau diesem Prinzip sind wir in den vergangenen Jahren im Rahmen unserer Finanzpolitik gefolgt. Wir haben in wirtschaftlichen Wachstumsphasen unseren Schuldenstand deutlich verringert, allerdings – und es ist mir ganz wichtig, das zu betonen – ohne Verkäufe von Eigentum und ohne Verzicht auf strategische Beteiligungen, im Gegensatz zum Beispiel zu Oberösterreich – das von manchen hier in diesem Haus immer als Vorbild genannt wird –, denn dort wurde bereits das gesamte Familiensilber verkauft.

 

Wir nützen heute im besten keynesianischen Sinn jenen finanz- und wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum, den uns dieser entschlossene Konsolidierungsfahrplan der vergangenen Jahre ermöglicht und den wir heute in Zeiten der Krise dringend brauchen. Alle vorhandenen Studien und Daten, wie auch die jüngste WIFO-Studie, bescheinigen Wien, dass wir die Auswirkungen der Finanzkrise auf unsere Stadt durch entschlossenes Gegensteuern geringer, als es andernorts der Fall war, halten konnten.

 

Etwas ist dabei klar, sehr geehrte Damen und Herren: Eine Stadt allein und selbst ganze Volkswirtschaften können nicht gegen eine globale Wirtschaftskrise und gegen den entsprechenden Nachfrageausfall sozusagen anfinanzieren oder gar die fehlende Nachfrage vollkommen kompensieren. Aber wir können und müssen mit gezielten Eingriffen, mit der richtigen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik und mit wesentlichen Investments in der Krise die Grundlage für gute Startbedingungen für den Aufschwung legen. – Das hat Wien getan, und das tun wir weiter!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem und nur mit diesem Weg des antizyklischen Agierens – davon bin ich zutiefst überzeugt –, erhalten wir Arbeitsplätze, sichern wir Kaufkraft am Standort Wien und bereiten uns bestmöglich auf die Aufschwungphase vor.

 

Deswegen lege ich Ihnen heute ein Wachstumsbudget vor, in dessen Zentrum die Konjunkturbelebung, die Kaufkraftstärkung und eine aktive Arbeitsmarktpolitik stehen. Es ist dies ein Budget, das sozial gestaltet ist, bei dem die Hilfe bei den Richtigen ankommt, mit dem wir in die Zukunft unserer Kinder investieren, die Wiener Unternehmungen stärken, Infrastruktur ausbauen, ob im Nahverkehr, bei den Energienetzen oder im Bildungssystem, denn auch das gehört meiner Meinung nach zur sozusagen intellektuellen Infrastruktur. Wir entwickeln und weiten Forschung und Entwicklung aus und schaffen damit letztlich bleibende Werte für unser aller Zukunft. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zu den Details des Voranschlages 2010 kommen. Beginnen wir mit dem Rahmen, den Entwicklungen der Einnahmen und Ausgaben 2010.

 

Wie eingangs erwähnt, lassen die aktuell vorliegenden Wirtschaftsprognosen von Ende September 2009 für das Jahr 2010 den Beginn einer leichten Wachstumsphase erkennen. So prognostizieren IHS und WIFO in ganz seltener Einhelligkeit ein reales Wachstum von 1 Prozent nach einem errechneten Rückgang von 2009 von 3,4 Prozent nach den Zahlen des WIFO und von 3,8 Prozent nach den Zahlen des IHS. Vor eben diesem Hintergrund der Stabilisierung der Konjunktursituation

 

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