Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 122
geht es den Menschen gut, denn ohne Betriebe gibt es keine
Arbeitsplätze. (StR David Ellensohn: Das stimmt aber nicht! - Beifall bei
der ÖVP. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Der Wirtschaft ist es schon oft gut
gegangen, den Menschen aber nicht!) Das glaube ich nicht, also das würde
ich nicht sagen.
Herr Margulies, nur vielleicht eine kleine Nachhilfe: Wenn Sie sich die
Spareinlagen, Vermögensanlagen und Geldvermögen in Österreich anschauen, und
jetzt können wir es durchdividieren, wie wir wollen, ist es jedenfalls so, dass
wir annähernd tausend Milliarden Euro Privatvermögen, Geldvermögen haben
werden. Jetzt frage ich Sie: Wem geht es da nicht gut? (GR Dipl-Ing Martin
Margulies: Na, gut geht es der Wirtschaft, gut geht es nur manchen Menschen!)
Na ja vielen, vielen. Und denen, denen es nicht gut geht, denen muss man auch
helfen, das ist ja unbestritten. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Einigen
wenigen geht es sehr gut!) Aber es kann ja nicht umgekehrt sein, dass wir
allen helfen müssen und keiner mehr was tut. (Beifall bei der ÖVP. – GR
Dipl-Ing Martin Margulies: Denen es sehr gut geht, denen muss man eh nicht
helfen!) Eh nicht, aber den anderen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Na
also!) Aber wir brauchen auch Leute, die einen Arbeitsplatz schaffen oder
ich habe noch nie gesehen, dass ein Arbeitsloser einen Arbeitsplatz geschaffen
hat, mit Verlaub gesagt. (Beifall bei der ÖVP. – GR Dipl-Ing Martin
Margulies: Also den Arbeitlosen sollte man überhaupt nicht helfen?) So ist
es. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Denen soll man nicht helfen oder wie ist
das jetzt gemeint?) Nein, ich wollte ja nur sagen, dass es auch Menschen
braucht, die ein Geld verdienen und was investieren können und damit einen
Arbeitsplatz schaffen. Ich habe jedenfalls noch nie jemanden getroffen, der
wenig Geld hat und gerade mit seinem Geld auskommen muss und damit einen
Arbeitsplatz schafft. So habe ich es gemeint. Du weißt eh ganz genau, wie ich
es gemeint habe, ja, in der Verwaltung oder sonst wo, aber jedenfalls nicht in
der Privatwirtschaft. (GR Kurt Wagner: Und die NGOs sind nicht in der
Privatwirtschaft?)
Der Kollege Lindenmayr hat die Mercer-Studie wieder
genannt und die Mercer-Studie sagt, und da kann man durchaus darüber reden, die
Lebensqualität in der Stadt ist eine sehr hohe. Da brauchen wir auch kein Hehl
daraus zu machen und es ist ja auch nicht alles schlecht. Aber wenn ich mir die
Studie anschaue vom 6.10. im „Kurier“, den European Cities Monitor von
Cushman & Wakefield, (GR Kurt Wagner: Man wird nicht Erster, wenn
man nichts tut!), da sind wir auf den Rang 28 abgefallen, Herr Kollege
Wagner, von insgesamt 34 europäischen Standorten! Jetzt frage ich Sie: Ist das
aktive Wirtschaftspolitik? Ganz offen geredet: Glauben Sie, dass man mit nicht
einmal annähernd 200 Millionen Investition in die Wirtschaftspolitik in einem
der größten europäischen Wirtschaftsräume etwas bewerkstelligen kann? Ich weiß
nicht. Dass die Schulden von 2,2 mit Wiener Wohnen auf 4,2 steigen ... (GR
Kurt Wagner: Alle Maßnahmen, die gehören auch dazu!) Ja und? Das, was
sowieso geplant ist, als Wirtschaftsinvestition und direkte Investition zu
verkaufen, ist aber auch einfach, oder? Das ist ja sowieso schon geplant
gewesen.(Beifall bei der ÖVP.)
Herr Kollege! Glaubst du ernsthaft, dass der Wohnbau
eingestellt werden sollte? Das war sowieso geplant, oder? Dass wir ein neues
Krankenhaus bauen wollen, wenn man es gescheit macht, war auch geplant. Nur so
kann man es halt nicht machen. Dass
die oberösterreichische Wirtschaft um 2,8 Prozent gewachsen ist, die
Wiener nur um 1,3, das steht in allen Zahlen und dass dort seit 2004 knapp
100 000 Arbeitsplätze geschaffen wurden und in Wien knapp 1 000 -
jetzt erkläre mir, wie das zusammengeht.
Mit anderen Worten: Frau
Vizebürgermeisterin, wir verlangen, dass Sie ein echtes Konjunkturpaket
vorlegen und zwar ein effektives, denn die vorgeschriebenen Dinge, die Sie uns
heute erzählt haben, das ist mit Abstand zu wenig.
Und damit in dieser Stadt etwas weitergeht
und zwar so weitergeht, dass diese Stadt nicht nur den Fonds Soziales Wien
erhöhen muss, sondern dass die Menschen wieder selber mehr tun können und mehr
vom Leben haben, möchte ich Ihnen ganz kurz ein paar Punkte sagen, die unserer
und meiner Meinung nach zu sinnvoller Bewirtschaftung dieser Stadt führen:
Wo bleibt das Markenprofil von Wien? Wofür
steht Wien, außer für Kultur? Was ist im Wirtschaftsbereich? Der
Biocenter-Ansatz unter Bernhard Görg und Brigitte Ederer war ein guter. Er ist
nur leider stecken geblieben. Was ist mit den versprochenen Entlastungen im
Werbebudget? Die Werbeabgabe - der Bürgermeister hat das, glaube ich, drei Mal
schon gesagt - ist bis heute nicht passiert. Das Transferkonto, das Sie alle so
verteufeln, finde ich spannend, denn ich hätte ganz gerne gewusst, was es
heißt, wenn jemand Wohnbauförderung hat plus zusätzlich Mietzinsbeihilfe des
Finanzamtes. Wer weiß das denn in der Stadt? Wer weiß denn, welche Transfers
überall da und dort passieren? Ich glaube, das weiß niemand. Und es geht überhaupt
nicht um einen Neidkomplex, sondern es geht ganz einfach darum, dass der Mensch
persönlich individuell weiß, was er kriegt und Sie wissen das. Bei den Bauern
hat sich auch keiner aufgeregt, als man die EU-Förderungen ins Internet
gestellt hat. Da hat jeder nachschauen können, was sie kriegen. Dort hat sich
keiner aufgeregt. Wo blieb dort Ihr Aufschrei, die Neiddebatte? Da habe ich
nichts gehört. (Beifall bei der ÖVP.)
Was ist mit der versprochenen Verwaltungsreform?
Wirtschaft und Verwaltung müssen Partner sein und nicht Hemmschuh. Was ist mit
der Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Nach etlichen Jahren,
wo wir das Gratiskindergartenjahr gefordert haben, haben Sie es nun endlich
eingeführt. Dass heute aber noch Lehrlinge in die Betriebe kommen, die weder
gut Deutsch können noch Rechnen, Lesen, teilweise auch nicht Schreiben, das ist
für mich nicht Qualifizierung von Mitarbeitern, das ist maximal ein
Dahinwurschteln in der Bildungspolitik. (Beifall
bei der ÖVP.)
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