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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 122

 

das sein wird, was passieren wird. Ich glaube, es gibt einfach jenseits von allen kleinen Schritten, die wir gemeinsam in Richtung Stärkung der Bezirke machen, ein großes Problem, das uns einfach gravierend trennt: und das ist die Stellung in Richtung Bezirke. Wir wollen nämlich starke Bezirke. Uns ist der Bezirk als kleinste Einheit etwas ganz Wichtiges. Für uns zählt Subsidiarität. Das ist auch Bestandteil unseres Programms. Wir haben Vertrauen in die Verantwortung der Menschen. Wir trauen ihnen zu, dass sie auch in kleinster Einheit was zuwege bringen und effizienter und besser handeln können. Starke Bezirke schaut man sich gerne im Ausland an. Hamburg ist heute oft zitiert worden. Auch Hamburg hat starke Bezirke, hat wohl sicher auch größere Bezirke als Wien. Aber dort sind die Bezirke mit einer ganz anderen Stärke und mit einer ganz anderen Stellung ausgestattet als in Wien. Man kann sich ruhig auch einmal andere Dinge anschauen und nicht nur vor Ort sozusagen zustimmend nicken, sondern die Dinge auch mit nach Wien nehmen. Nur, wie gesagt, ich glaube, das Grundproblem ist einfach der ideologische Zugang. Wir wollen starke Bezirke. Wir sagen Ja zur Bürgernähe. Wir haben auch keine Angst, dass vielleicht Bezirkspolitiker zu stark werden können. Ich weiß nicht, wovor Sie immer Angst haben, wenn Bezirkspolitiker und Bezirksvorsteher sich hier zum Wort melden. Die der SPÖ tun es ja leider nicht, zumindest auch hier nicht. Ich glaube, das ist einfach die grundsätzliche Fragestellung: Will ich Töpfe, die ich verteile, die ich als sozialistische Almosen verteile, oder will ich wirklich Bezirke, die einen Rechtsanspruch auf diese Budgetmittel haben.

 

Hier lade ich Sie alle ein, hier würde ich auch, wenn sie anwesend wären, die Bezirksvorsteher der SPÖ einladen, gemeinsam diesen Weg zu gehen. Hier, glaube ich, ist es auch Ihre Pflicht als Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, sich verstärkt hinter die Bezirke zu stellen, weil immerhin sind Sie alle auch Mandatare Ihrer Bezirke und haben Ihre Bürger und Bürgerinnen zu vertreten. Also denke ich mir, ist das ein Weg, den man gemeinsam gehen sollte, gemeinsam gehen könnte. Der erste Schritt ist getan worden, der erste Schritt in Stärkung der Bezirke in Minimalsterhöhung der Bezirksbudgets. Das Ziel muss aber bleiben, mehr Bürgernähe in dieser Stadt zu starten, stärkere Bezirke zu schaffen und damit eine effizientere, kostengünstigere Verwaltung in dieser Stadt auch zu schaffen.

 

Wenn Sie diesen Weg gemeinsam nicht gehen wollen, dann kann dieser erste Schritt, den wir jetzt gemeinsam gesetzt haben, eigentlich nicht mehr gewesen sein als eine Alibiaktion oder eines der vielen Wahlkampfversprechen, die im Moment herumkursieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zur allgemeinen Beratung des Voranschlagentwurfs für das Jahr 2010 und des Gebührenprüfungsantrages liegt keine Wortmeldung mehr vor.

 

Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke. Bei mir hat sich der Herr GR Stark gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Derzeit haben wir die größte Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren. Diese Wirtschaftskrise trifft nicht nur Banken und Großbetriebe, sondern, wie die Frau Vizebürgermeisterin in ihrem Einleitungsreferat schon betont hat, auch die Klein- und Mittelbetriebe. Das ist besonders dramatisch, da der größte Dienstgeber Wiens die Klein- und Mittelbetriebe sind. Immerhin sind 98 Prozent der Wiener Dienstgeberbetriebe Klein- und Mittelbetriebe und nur 2 Prozent der Arbeitgeberbetriebe beschäftigen mehr als 30 Mitarbeiter. Diese Krise bewirkt natürlich leider auch Insolvenzen und durch diese Insolvenzen entstehen Arbeitslosigkeiten. Die Zahl der Gesamtinsolvenzen, also die Summe der Unternehmens- und Privatinsolvenzen, ist auch heuer neuerlich angestiegen. Zu den Privatinsolvenzen ist anzumerken, dass es sich hier nicht nur um Privatpersonen im Sinn von Nichtunternehmern handelt. Ein wesentlicher Teil dieser Privatinsolvenzen betrifft Einzelunternehmer, bei denen durch den Fristenlauf des Insolvenzverfahrens der Unternehmer den Insolvenzantrag erst stellen konnte, nachdem der Rollbalken des Unternehmens unten war und somit diese Unternehmensinsolvenz zu einer Privatinsolvenz wurde. Ein Großteil der Privatinsolvenzen betrifft somit ehemalige Klein- und Mittelbetriebe.

 

Im Zeitraum Jänner bis September 2009 ist die Anzahl der Gesamtinsolvenzen in Wien um 9 Prozent auf insgesamt 4 456 Fälle angestiegen. Das bedeutet, dass es in Wien bereits 17 Insolvenzen pro Tag gibt. Die Unternehmensinsolvenzen alleine sind in diesem Zeitraum in Wien um 10,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen und betrugen 1 583. Legt man diese 1 583 Insolvenzen auf Arbeitstage um, kommt man ziemlich genau auf 10 Insolvenzen pro Arbeitstag. Das bedeutet, dass an unseren zwei Budgettagen, die wir hier debattieren, in Wien 20 Unternehmen pleitegehen. Und das ist doch entsetzlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

Österreichweit sind es 29 Firmen, die pro Tag pleitegehen. Es ist hier eine Statistik angeführt über Unternehmensinsolvenzen nach Bundesländern. Da ist es so, dass zum Beispiel im Burgenland die Insolvenzen um 6,3 Prozent rückläufig waren. In Niederösterreich sind sie um 2 Prozent gestiegen, in Vorarlberg um 3,4 Prozent, in Kärnten um 3,9 Prozent und Wien liegt mit den 7,6 Prozent schon im oberen Bereich. Diese Insolvenzen wirken sich natürlich auch negativ auf den Arbeitsmarkt aus.

 

Die Arbeitslosenstatistik vom Oktober 2009 belegt, dass die Arbeitslosenrate in Wien um 1,9 Prozentpunkte über dem Schnitt der anderen Bundesländer liegt. Der Schnitt der anderen Bundesländer beträgt 6,3 Prozentpunkte und in Wien liegt er mit 8,2 Prozentpunkten um 1,9 Prozentpunkten über den anderen Bundesländern. Dass es Probleme am Arbeitsmarkt gibt, zeigen verschiedene Pressemeldungen, zum

 

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