Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 122
Beispiel „Warten auf die Wende am Arbeitsmarkt“ oder „Arbeitsmarkt
angespannt“ und ich darf hier aus diesem Artikel zitieren:
„Eher düstere Prognosen für den Wiener Arbeitsmarkt kommen vom Wiener
AMS. Wien wird im Bundesvergleich weiter zurückfallen. Laut Wiener AMS werden
die Arbeitslosenquoten, die im Juni in Wien bei 8,1 Prozent lag, in den
nächsten zwei Jahren noch ansteigen. Wien hat bereits jetzt die höchste
Arbeitslosenquote.“ So das AMS. Oder: „Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit.
Leitl-Paket gegen Jugendarbeitslosigkeit.“ Schön wäre, wenn hier stehen würde
„Brauner-Paket gegen Jugendarbeitslosigkeit“, denn Wien ist leider auch noch
immer Schlusslicht bei den Lehrstellen. (GRin Nurten Yilmaz: Das stimmt
nicht!) Na, ich sage jetzt die Zahlen, die ich hier aus dem Internet
herausgefunden habe.
In Salzburg und Tirol war die Nachfrage nach
Lehrstellen geringer als das Angebot. In Salzburg suchten 299 eine Lehrstelle,
angeboten wurden 600 Lehrstellen. In Tirol standen 541 offene Lehrstellen 446
Suchenden gegenüber. In Oberösterreich war das Verhältnis ausgeglichen.
Fehlende Lehrstellen gab es in den Bundesländern Steiermark 533, Niederösterreich
605 und in Wien fehlen 1 330 Lehrstellen und zwar standen 1 670
Lehrstellensuchenden 340 Lehrstellen zur Verfügung. Im Oktober 2009 kamen in
Wien auf 1 offene Lehrstelle 5 Lehrstellensuchende. Damit ist Wien Schlusslicht
in dieser Statistik trotz Lehrwerkstätten-Projekte, wie sie die Frau
Vizebürgermeister heute angeführt hat.
Bei diesen dramatischen Zahlen würde man doch
entsprechende Schwerpunkte im Budget 2010 im Bereich der Wirtschaftsförderung
für die Klein- und Mittelbetriebe vermuten. Leider nein. Das Gegenteil wurde im
Bereich der direkten Wirtschaftsförderung für Klein- und Mittelbetriebe
budgetiert. Waren im Budget für das Jahr 2009 noch 52 Millionen EUR
budgetiert, sind es für das Jahr 2010 nur mehr 40 Millionen EUR. Das
sind einfach um 12 Millionen EUR weniger.
Das Hauptproblem der Wiener KMU ist das geringe Eigenkapital. Auf
dieses Problem habe ich hier schon oftmals hingewiesen und auch mit
entsprechendem Zahlenmaterial belegt. Und auch die Frau
Wirtschaftskammerpräsidentin Jank hat schon vor mehreren Jahren auf diese
Problematik in Wien hingewiesen und betont, dass es bei den KMUs in Wien
dringenden Handlungsbedarf gibt. Die Schlagzeile damals im Wirtschaftsblatt
war: „Finanzierung: Wirtschaftskammer Wien sieht ein Drittel der KMU
bedroht." Und im Detail, ich zitiere: „17 Prozent der 72 500
Wiener Klein- und Mittelbetriebe befinden sich in einer katastrophalen
Situation. Sowohl die Eigenkapitalquote als auch die Umsatzrendite sind
negativ. Nimmt man KMUs mit niedriger Eigenkapitalquote 0 bis 10 Prozent
und niedrigem Gewinn vor Steuern 0 bis 2,5 Prozent dazu, sind
31 Prozent der Wiener KMU extremst gefährdet. Dem stehen 15 Prozent
der Wiener KMU gegenüber, die mit einer Umsatzrendite von mehr als 5 Prozent
und hoher Eigenkapitalquote aufwarten können." So die Frau
Wirtschaftskammerpräsident Jank.
Was bedeutet dieses Zahlenmaterial, meine sehr geehrten Damen und
Herren? Nun 15 Prozent der Wiener KMUs sind finanziell und wirtschaftlich
gut abgesichert. Aber bei 85 Prozent ist das Gegenteil der Fall. Die
stehen wirtschaftlich eben nicht gut da, und 31 Prozent der Wiener KMUs
sind leider extremst gefährdet.
Jetzt bin ich wieder bei den Arbeitsplätzen. Überträgt man das linear
auf die Arbeitsplätze, könnte das für den größten Dienstgeber Wiens bedeuten,
dass auch fast ein Drittel der Arbeitsplätze bei den KMUs in Wien in Gefahr
ist.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Fast ein Drittel aller
Arbeitsplätze bei den KMUs ist gefährdet. Hier müssten doch die Alarmglocken
läuten, hier ist dringendstes Handeln geboten. Die Unternehmen benötigen mehr
Eigenkapital, also Barmittel. Wie könnte Wien das Eigenkapital seiner Betriebe
stärken? Na, mit entsprechenden Förderungen für die KMUs und nicht, wie im
Budget 2010 vorgesehen, mit Kürzungen. Für Großkonzerne, Konzernzentralen, et
cetera gibt beziehungsweise gab es zur Arbeitsplatzsicherung durchaus
Förderungen, für den größten Dienstgeber Wiens, die KMUs, leider Kürzungen im
Budget 2010.
Im Zusammenhang mit der Kreditklemme für KMUs gibt es vom Kollegen
Strobl eine interessante Pressemeldung und ich zitiere hier aus dem
„WirtschaftsBlatt“: „Eine Milliarde Euro, je zur Hälfte als Kredit- und
Haftungsrahmen, soll der Bund zur Lockerung der Kreditklemme bei Klein- und
Mittelbetrieben zur Verfügung stellen." Das fordert der Präsident des
Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Fritz Strobl. „Die Summe sei bereits
in den Fördertöpfen vorhanden. Das Wissen der Unternehmer darüber ist aber
gering und die Voraussetzungen zur Erlangung des Geldes für KMUs oft nicht
sinnvoll.“ Eine vollkommen richtige Forderung, Herr Kollege Strobl. Ich darf
aber schon den letzten Halbsatz wiederholen: „Die Voraussetzungen zur Erlangung
des Geldes für die KMUs ist oft nicht sinnvoll." Leider muss ich das als
Steuerberater bestätigen. Der Bund bietet über das AWS Geld für die KMUs an. Im
Konjunkturpaket waren 1,5 Milliarden vorgesehen. Davon wurden lediglich
28 Prozent ausgenutzt, sodass noch über eine Milliarde Euro zur
Verfügung steht. Nur sind diese vom Bund angebotenen Kredite beziehungsweise
Haftungen für die KMUs oftmals unbrauchbar.
Herr Kollege Strobl, sprich bitte mit deinem Bundeskanzler, dass
seitens des Bundes die Vergaberichtlinien verbessert werden und dadurch für die
KMUs sinnvoller beziehungsweise attraktiver werden. (GR Friedrich Strobl:
Der Finanzminister ist dafür zuständig!) Das weiß ich schon, dass der
Finanzminister zuständig ist. Aber der Bundeskanzler hat hier auch
entsprechendes Mitspracherecht. (GR Dr Herbert Madejski: Ich verstehe den
Bundeskanzler nicht! Ist er denn nicht wichtig? Er hat ja auch etwas zu sagen!
– GR Friedrich Strobl: Daran ist der Finanzminister schuld und der
Wirtschaftsminister!)
Herr Kollege Strobl, auch so kann man
Wirtschaftspolitik betreiben. Der Bund bietet Geld zu wirtschaftlich
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