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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 122

 

dürfte nicht ihr Hauptschwerpunkt sein!

 

Der Klubobmann der SPÖ hat dann zwar in einem Halbsatz die Stadtentwicklungsgebiete aus dem STEP erwähnt, man hatte aber nicht den Eindruck, dass es der regierenden SPÖ wichtig sei, dass da etwas weitergeht, und den hat man auch jetzt während der Diskussion nicht.

 

Ich möchte hinzufügen: Diesen Eindruck hat man nicht nur hier in Wien, sondern, wie ich glaube, schon bald in ganz Europa. Ich bringe ein diesbezügliches Zitat aus der „Zeit“. Der Hamburger Oberbaudirektor Jörn Walter sagte bei den Alpbacher Baukulturgesprächen, dass Wien in den letzten Jahren etwas die Maßstäblichkeit aus den Augen verloren hat. Ich zitiere aus der Zeitung: „Er meinte damit vor allem jene Großprojekte, die seit Mitte der 90er Jahre das Gesicht der Stadt verändern. Argwöhnisch beäugen die Bewahrer der Wiener Gemütlichkeit diese Beton- und Glaspaläste. Europäische Planungsexperten sehen hingegen in sterilen Hochhausvierteln wie der Donau-City oder der Wienerberg-City einen Rückfall in eine monotone Nachkriegsmoderne. Wiens Stadtväter preisen dennoch unverdrossen die neuen, meist peripheren Zentren - in Klammer: ein Widerspruch in sich - als zukunftsweisende Projekte.“

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Worte stammen nicht aus dem Munde der Opposition, sondern sie stammen aus dem Munde eines deutschen Experten, der in seinem Wirken Großes für Hamburg geleistet hat.

 

Hamburg wurde heute schön öfters genannt. In Sachen Stadtentwicklung ist es ja nicht ganz unwichtig, wir haben sogar unsere Ausschussreise dorthin gemacht und uns einiges angesehen. Es wurde immer auch als Vorbild dargestellt. Und dieses Zitat zeigt uns, dass nicht alles so läuft, wie man es uns werbetechnisch seitens des Ressorts immer wieder vorgemacht hat. Kollege Madejski hat von Planungspopulismus gesprochen, ich sage Planungschaos dazu.

 

Das Hauptproblem ist dabei aus meiner Sicht, dass die in der Stadtregierung für die Stadtentwicklung Verantwortlichen keine Antworten auf die kommunalen Herausforderungen der nächsten Jahre haben.

 

Wenn man sich die jüngsten Bevölkerungsprognosen der Statistik Austria ansieht, dann sieht man, dass die Bevölkerung Wiens bis 2015 um rund 80 000 Personen zunehmen wird. In Wien als einzigem Bundesland wird in dieser Periode die Zahl der 0- bis 15-Jährigen steigen. Dadurch wird es neue Herausforderungen im Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen und der Pflichtschulen geben, und es wird auch der Druck auf die Stadtentwicklung steigen. Auf der anderen Seite wird die Zahl der Über-60-Jährigen zwischen 2009 und 2015 um 22 000 Personen steigen, das sind knapp 6 Prozent. Diese Entwicklung beeinflusst natürlich die Sozial-, Pflege- und Gesundheitsausgaben und natürlich auch die Stadtentwicklung. – Das heißt, die Stadt Wien kommt durch die Jungen und durch die so genannten Älteren von zwei Seiten unter Druck.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Was tut Wien? – Wien reagiert vorerst einmal nicht! Es wird zwar weiter am STEP 2005 festgehalten, obwohl man merkt, dass sich die Rahmenbedingungen von damals, wie oben beschrieben, einigermaßen geändert haben. Es wird zwar in den Stadtentwicklungsgebieten weiter geplant, von Bauen kann aber leider vielerorts nicht die Rede sein.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute auch schon gehört, dass, bedingt durch die fallenden Steuereinnahmen, die Budgets für die Stadtentwicklung und für den Straßenbau in den nächsten Jahren in den Keller rasseln werden. All das sind Folgen der Krise, doch Wien reagiert nicht. Es gibt keine Prioritätensetzung, sondern es gibt nur angeblich unverrückbare Willensäußerungen seitens der zuständigen Stadtplanung.

 

So darf zum Beispiel der neue Hauptbahnhof auf keinen Fall direkt an die U-Bahn angebunden werden, die U-Bahn darf einen Bogen herum machen. Und dasselbe gilt für den Wienerberg, die Wohngebiete an der Brünner Straße und das Krankenhaus Nord. Auch dort gibt es keine U-Bahn-Anbindung, weil die Stadtregierung das wider alle Vernunft nicht möchte. Andererseits wird die U-Bahn direkt bis zum Flugfeld Aspern, dem Prestigeprojekt der Stadtverwaltung, gebaut. Diese U-Bahn wird aber vorerst einige Jahre, so viel ist jetzt schon abzusehen, zu einem Acker mit ein paar Wohnungen drauf führen.

 

Bis heute gibt es kein Konzept für eine Betriebsansiedlungsstrategie auf dem Flugfeld. Der oft gepriesene Wissenschaftscluster besteht nur in der Theorie. Die viel gepriesene Asperner Spange ist, wie wir seit der Vorwoche wissen, wahrscheinlich nicht so schnell finanzierbar. In einem Kommentar am Wochenende hat es geheißen, dass es sich beim Flugfeld Aspern um ein sozialdemokratisches Venedig handle. – Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen: Es handelt sich um ein sozialdemokratisches Atlantis, also ein Inselreich, das einmal untergegangen ist. Das wird nämlich wahrscheinlich dort auch passieren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht nur die Flugfeld-Vorhaben werden untergehen, auch Sie werden untergehen, wenn Sie nicht auf die Bedürfnisse der Stadt und ihrer Bevölkerung reagieren!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wien hat in der Wiener Betriebszonenanalyse 2008 selbst zugegeben, dass wir für die Entwicklung der Stadt mehr Betriebsflächen benötigen. Laut einer Anfragebeantwortung des StR Rudi Schicker ist die Zahl der Flächen für die betriebliche Nutzung zwischen 2001 und Ende 2007 – neuere Zahlen gibt es noch nicht – um zirka 100 ha gesunken. Ein Teil der Flächen kann durch die jährlich frei werdenden Betriebsflächen gedeckt werden, der andere Teil muss direkt geschaffen werden. Allerdings wird dieses Ziel bei der derzeitigen Flächenwidmungspraxis nicht zu schaffen sein, da es gängige Praxis ist, im Ausschuss, wo immer es geht, für die Produktion vorgesehene Flächen in Wohnflächen umzuwidmen.

 

Das heißt, es wäre eine Kurskorrektur bei der Flächenwidmung notwendig, um Wien industriepolitisch nicht ganz auszuhungern. Gerade jetzt in der Krise rächt

 

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