Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 123
auch zur direkten Demokratie. Die Einbeziehung der Bürger, der Wähler
in politische Entscheidungen, das ist selbstverständlich, und gerade deshalb
sind wir gegen diese Farce, die Sie hier veranstalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie bieten Schmähs. Stichwort: Demokratie. Wie war denn der Umgang mit
der Opposition im Vorfeld der Erstellung des Fragenkatalogs? Wir wurden
eingeladen, Fragen zu formulieren, haben das getan – ich glaube, alle Fraktionen,
zumindest meine Fraktion sicher und, ich glaube, eine zweite Fraktion auch –,
und dann hat es geheißen: Njet! Nein, so nicht! Wo ist da das demokratische
Verhalten der Mehrheitsfraktion, wenn Ihnen das alles so wichtig ist? Warum
haben Sie sinnvolle Fragen der Opposition nicht zugelassen? Warum haben Sie
nicht erlaubt, huldvoll erlaubt, dass wir zu brennenden Themen dieser Stadt
Fragen einbringen? Nein, Ihnen ging es offenbar um etwas anderes. Es ging Ihnen
offenbar darum, auf Steuerzahlerkosten einen Probegalopp für die nächste Wahl
abzuhalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Interessant ist ja auch, wenn man genau zugehört hat, dass der Herr
Bürgermeister immer nur von „Orientierung", „Entscheidungshilfe für die
Politik" und von einem „Arbeitsauftrag" gesprochen hat, aber nie, mit
keinem Wort, gesagt hat, die Ergebnisse seien eins zu eins verbindlich. Das
wurde vermieden, und es wird schon einen Grund haben, warum dieses klare
Bekenntnis der Verbindlichkeit nicht gesagt wurde, denn bei diesen Fragen, die
in ihrer Formulierung obsolet und fragwürdig sind – ich komme noch darauf
zurück –, wird wahrscheinlich nachher auch interpretiert werden können.
Herr Deutsch hat davon gesprochen, dass die Dinge umgesetzt werden. Da
stellt sich schon die Frage: Was wird wann wie umgesetzt nach dieser Befragung?
Also auch hier eher Nebelgranaten und nicht Verbindlichkeiten.
Und, Herr Lindenmayr, Sprache ist verräterisch, von wegen Demokratie.
Sie haben wörtlich gesagt, Sie werden verhindern, dass die FPÖ auch nur ansatzweise
mitredet. Ich bin nicht der Ex-offo-Verteidiger der FPÖ, aber was ist das für
ein Demokratieverständnis, zu sagen, Sie würden verhindern, dass jemand auch
nur ansatzweise mitredet? (Beifall bei
ÖVP und FPÖ.) Was sagen Sie da? Sie spüren es überhaupt nicht, sondern Sie
sagen es. Und das finde ich wirklich verräterisch. (GR Siegi Lindenmayr:
Wegen der Demokratiefeindlichkeit der FPÖ!) Nein, das ist ein feines Demokratieverständnis, das Sie haben,
wenn Sie sagen, dass Sie verhindern würden, dass die Opposition auch nur
ansatzweise mitredet. (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Wegen der Verhetzung!) Beim Verhetzen bin ich bei Ihnen,
aber dann sagen Sie es. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das hat er ja gesagt!) Nein, das hat er nicht gesagt. Ich
habe genau aufgepasst. Das ist genau das Verräterische: das Schönreden nachher,
aber vorher etwas anderes sagen. Ein feines Demokratieverständnis kann man hier
feststellen. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Fragen sind Pfusch, wirklicher Pfusch. Es wurde wiederholt gesagt,
es sind schlecht formulierte Fragen. Jeder Meinungsforscher wäre gegen geringes
Honorar bereit, die Fragen korrekt zu stellen.
Es ist – es wurde gesagt, ich wiederhole es – die Begründung bei der
Hausmeistersache falsch, unrichtig, und wenn Sie es bewusst gemacht haben, dann
ist die Einleitung eine Lüge. Die Formulierung selbst ist einfach
dilettantisch. „Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird,
neue HausbesorgerInnen mit modernem Berufsbild einzustellen?"
Sprachkritisch würde das heißen, es sollen nur Hausbesorger mit einem neuen
Verständnis eingestellt werden. Wer ein altes Hausbesorgerverständnis hat, darf
nicht eingestellt werden. – Sie sehen, die Sprache ist schwierig, aber
verräterisch.
Soll die Einfahrtsgebühr für das Stadtzentrum eingeführt werden? – Das
Stadtzentrum wird keine Einfahrtsgebühr zu zahlen haben. Und die Frage der
City-Maut richtet sich – das wurde auch gesagt – selbst. Was ist City-Maut? Wo soll sie eingeführt werden, von wem, wie teuer et cetera? Unseriös
sind diese Fragestellungen.
Sind Sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt?
– Dilettantischer kann man die Fragen schon nicht mehr formulieren. Sie fährt
in der Nacht. Oder wann beginnt für Sie die Nacht? Eine Frage, die zu
beantworten ist. (Beifall bei ÖVP und
FPÖ.) Oder soll ich daraus schließen, dass Sie in Zukunft, wenn die Frage
mit Nein ausgeht, bei Einbruch der Dunkelheit am Freitag, Samstag und Sonntag
den U-Bahn-Betrieb einstellen? (GR Ernst Nevrivy: Die Bürger verstehen die
Frage schon!) Ja, ja! Es
gibt einen goldenen Grundsatz: Worüber man nicht reden kann, darüber soll man
schweigen. Das täte Ihnen gut. (Beifall
bei ÖVP und FPÖ.)
Sie sehen, nur als Beispiel, wie unseriös, wie zusammengepfuscht die
Fragestellungen sind, bis hin zum Führschein für Hunde. Sie verlangen, dass
jeder Hund einen Führschein hat, dass er sich das Herrl halten kann. Das
verstehen die Wiener so. (Widerspruch bei der SPÖ.) Dann ist es gut. Das drücken Sie
nämlich aus. Man muss nicht nur unfähig sein, die Dinge auszudrücken, sondern
man muss sie offenbar auch nicht verstehen, um solche Fragen zu stellen. Das
ist unseriös.
Aber möglicherweise unterschätzen Sie die Intelligenz der Wähler, und
dann werden Sie aufwachen, und der schöne Plan, hier auf Steuerzahlerkosten um
ein paar Millionen Euro für die Mobilisierung der Basis etwas zu tun, wird
schiefgehen. Ich würde es mir bei diesen Fragen wünschen.
Es gibt nämlich eine Reihe von Fragen, die wir eingebracht haben, die
wir formuliert haben und die von Ihnen abgelehnt wurden. Wenn es darum geht,
die Wählerinnen und Wähler zu beteiligen, nicht nur bei den Entscheidungen,
sondern zu sagen, der Souverän soll sagen, so und so soll vorgegangen werden,
dann könnten Sie ein paar andere Fragen stellen, zum Beispiel die, die wir
eingebracht haben.
Wie ist es mit der Einführung der Stadtwache zur Steigerung der
Sicherheit in dieser Stadt?
Wie wäre es – ein ganz anderes Thema –, die
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