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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 123

 

sollten wir uns als Demokraten einig sein. Zum Beispiel hat es sehr wenig Sinn, über Minderheitenrechte eine direktdemokratische Abstimmung zu machen, denn das Wort Minderheitenrechte inkludiert ja schon, dass das eine oft sehr kleine Minderheit in der Bevölkerung ist. Uns dass die Mehrheit jetzt hergeht und sagt, wir, die Mehrheit, lassen jetzt abstimmen, ob die Minderheit weiterhin ihre grundlegenden Rechte haben soll, das ist nicht zulässig. Insofern lehne ich die Vorschläge der FPÖ, dass quasi über die Religionsfreiheit abgestimmt werden soll beziehungsweise über ein direktdemokratisches Instrument die Religionsfreiheit zurückgedrängt werden soll, rundweg ab. Das ist nicht das, was wir unter direkter Demokratie verstehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Damit irgendwie sozusagen alle Dauerbrenner vorkommen, die die ÖVP hat – eben die Stadtwache bis hin zu anderen Forderungen –, hat man natürlich auch zum Punkt des angeblich gerechten Wahlrechtes auch wieder einen Antrag eingebracht. Ich habe schon zirka fünfmal in diesem Haus dargelegt, dass wir ein gerechtes Wahlrecht haben und dass natürlich ein leicht mehrheitsförderndes Wahlrecht deshalb nicht ungerecht ist. Auch richtige Mehrheitswahlrechtssysteme sind nicht ungerecht. Das Mutterland der Demokratie, Großbritannien, hat ein reines Mehrheitswahlrecht. Kein Mensch würde auf die Idee kommen zu sagen, dass das keine Demokratie oder eine schlechtere Demokratie ist. Frankreich hat auch ein Mehrheitswahlrecht, Spanien hat ein deutlich mehrheitsförderndes Wahlrecht und verschiedenste andere Länder auch, zum Beispiel Italien. Auch Ungarn hat ein mehrheitsförderndes Wahlrecht, also auch die neueren europäischen Demokratien, und niemand sagt, das ist ein ungerechtes Wahlrecht.

 

Wir haben – vom Verfassungsgerichtshof übrigens festgestellt – sogar ein proportionales Wahlrecht. Das Wiener Wahlrecht ist ein proportionales Wahlrecht mit leicht mehrheitsfördernden Elementen. Zum Bespiel wäre es absurd, dass man, wenn man nicht 50 Prozent der Stimmen hat, nicht die absolute Mehrheit an Mandaten haben kann. Die SPÖ hat derzeit 59 Prozent der Stimmen und die drei anderen Parteien haben halt nur 47,5 Prozent. (GR Mag Rüdiger Maresch: 49! Das hättet ihr gerne, die 59!) Wir haben 49 Prozent der Stimmen, und es ist so, dass durch die 5 Prozent-Klausel natürlich immer einige kleinere Gruppen nicht hineinkommen (GR Mag Rüdiger Maresch: Das nächste Mal sind es 39, nicht mehr 49!), wodurch naturgemäß die Latte sozusagen tiefer liegt. Aber das hat jedes demokratische Wahlsystem in Europa und in Amerika auch. Insofern von einem ungerechten Wahlsystem zu reden, ist vollkommen absurd. Wir in Wien haben ein total gerechtes Wahlsystem. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es wurde schon vieles gesagt, und es muss nicht von jedem alles gesagt werden, wie dieser schöne Spruch lautet, aber zum Hausbesorgergesetz möchte ich schon noch einmal ganz kurz Stellung nehmen. Den Professor lasse ich heute außen vor – der ist schon von Christian Deutsch zitiert worden und sehr gut zitiert worden, dass er sich dazu bekennt –, aber Faktum ist, dass die ÖVP und die FPÖ das Hausbesorgergesetz ersatzlos abgeschafft haben. Sie haben es nicht novelliert, was man durchaus hätte machen können. Wir waren mit dem alten Hausbesorgergesetz auch nicht sehr glücklich. Es hat bei uns schon Diskussionen gegeben, wie man es novellieren könnte, da war sicher manches nicht hundertprozentig, aber Sie haben es ersatzlos abgeschafft. (GR Dr Herbert Madejski: Und was haben Sie gemacht?)

 

In der Bundesregierung hat die Sozialdemokratie seit drei Jahren versucht, unterstützt von StR Ludwig, der diesbezüglich auch schon eine Arbeitsgruppe eingerichtet hatte, mit der ÖVP zu verhandeln, dass wir wieder ein neues Hausbesorgergesetz auf Bundesebene einführen. Das hat die ÖVP bis zum Schluss angelehnt, und deshalb stellen wir eben jetzt die Frage, ob wir das in Wien, soweit das rechtlich möglich ist, einführen sollen. Wir können hier nicht einen vollkommen gleichen Regelungsinhalt wie auf Bundesebene schaffen, aber natürlich können wir auf Wiener Ebene ein Hausbesorgergesetz einführen, soweit landesgesetzlich Zuständigkeiten gegeben sind. (GR Mag Wolfgang Jung: Davon reden Sie seit Jahren!) Nein, wir haben zuerst versucht, das im Bund zu machen. Das habe ich Ihnen ja gerade erklärt. Und nachdem das nicht gegangen ist, machen wir es in Wien. Das ist, glaube ich, auch die richtige Vorgangsweise, zu der wir uns bekennen (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Einige weitere Punkte vielleicht noch zum Hund und zum Hundeführschein. Auch hier hat übrigens Kollege Wolf wieder in die unterste Schublade gegriffen. Es muss Hundeführschein und nicht Hundeführerschein heißen. Das zu kritisieren, ist, glaube ich, auch vom Sprachlichen her nicht okay. Nachdem das auf Basis von Freiwilligkeit als erster Schritt eingeführt worden ist, schauen wir jetzt, dass nach Bisskraft und Bisshäufigkeit eben ein Hundeführschein für diese Hunde, die man hier de facto als Kampfhunde definiert, eingeführt wird. (GR Dr Herbert Madejski: Wie soll man entscheiden, für welche Hunde das gilt? Das ist so ein Schwachsinn!) Ich glaube, das dient auf jeden Fall der Sicherheit, gerade von Kindern, und so gesehen halte ich das wirklich für eine gute Vorgangsweise.

 

Es ist auch so, dass es eine Übergangsfrist von einem Jahr gibt. Innerhalb von einem Jahr muss der Betreffende dann diesen Hund diesbezüglich quasi anmelden beziehungsweise muss er dann den Hundeführschein machen. Aber auch darüber wird abgestimmt werden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie können ja dagegen stimmen und inzwischen noch drei Kampfhunde zu Hause haben. Aber dann wird abgestimmt, und wenn die Mehrheit diesem Vorschlag zustimmt, dann wird man es eben einführen, wenn die Mehrheit nicht zustimmt, dann nicht. Das ist eben direkte Demokratie, die Ihnen fremd ist. (Beifall bei der SPÖ. – GR Dr Herbert Madejski: Was ist mit den anderen Rassen? Was ist mit den Mischlingen?)

 

Schauen Sie, ich lese Ihnen das sogar vor. Geplant ist, es soll dies für jene Hunde gelten, über die es bei Tierschutz-Ombudsstellen die häufigsten Beschwerden

 

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