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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 123

 

ein klares Klimaschutzprogramm auf die Beine zu stellen. Das abgelaufene Jahr war beispielsweise eines der wärmsten seit Anbeginn der Klimaaufzeichnungen im Jahre 1850. Die Durchschnittstemperatur stieg zwischen 1950 und 2000, also innerhalb von 50 Jahren, um ganze zweieinhalb Grad an. Sie wissen, drei Grad ist etwa jener Wert, den man sich vornimmt, in den allgemeinen Richtlinien nicht überschreiten zu wollen.

 

Seit 1979 sind etwa 20 Prozent der Eiskappe rund um den Nordpol abgeschmolzen, also ein Fünftel. Allein im Jahr 2002 brachen 3 300 m² Eis vom Südpol ab, das ist etwa die Größe des Burgenlandes. Die Gletscher in Europa nehmen kontinuierlich ab, seit dem Jahre 1850 sind sie auf etwa ein Drittel zurückgegangen und zurückgeschmolzen.

 

Weltweit - so geht es weiter - sind zwei Drittel der Korallenriffe durch den Klimawandel bedroht, 20 Prozent schwer geschädigt. Schwere Regenüberschwemmungen nehmen kontinuierlich zu. Allein in Südchina - das mag weit weg sein, aber das ist gerade ein Land, bei dem es entscheidend ist, dass es einen Beitrag zum Klimaschutz leistet - ist im Jahr 2006 durch Hochwasserereignisse ein Schaden für 17 Millionen Menschen eingetreten. Auch sehr persönliche und lebensbedrohliche Schäden waren darunter.

 

Wir erlebten im Jahr 2002 die Hochwasserkatastrophe und hatten einen Schaden von 3 Milliarden EUR. Das ist natürlich auch eine Sache, wo man sagen muss, dass nicht nur ideeller, sondern auch ganz klar wirtschaftlicher Schaden dahintersteht. Genauso steigt die Sturm- und Taifun-Häufigkeit an.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Durch den Anstieg des Meeresspiegels kommen nicht nur Entwicklungsländer wie Bangladesh unter die Räder, sondern auch in Europa kommt es zu Problemen, die zwar mit Technologie beherrscht werden können, aber wie immer kostet es Geld - Geld, das wir wahrscheinlich besser in präventive Maßnahmen setzen sollten und nicht in Vermeidung von entsprechenden Auswirkungen.

 

Auch in Österreich wird es Auswirkungen geben - auf die Landwirtschaft und auf den Wintertourismus -, und auch in Wien wird das laut einer Studie der Universität für Bodenkultur nicht ohne Auswirkungen bleiben. Seit den 70er Jahren haben wir einen Anstieg der so genannten Hitzetage, jener Tage über 30 Grad, von etwa 40 Prozent; zu mehr als der Hälfte war das eine Folge der Klimaentwicklung. Bei Anhalten dieses Trends werden wir uns relativ bald auf ein Klima, wie es heute in Florenz existiert, einstellen müssen. Wir werden Hitzetote haben, Fauna und Flora werden sich verändern, und die Wasserversorgung wird - zwar nicht nur durch dieses Problem, aber sicherlich auch dadurch - noch weiter unter Druck kommen.

 

Wir sagen das nicht aus Sensationssucht. Denn anders als Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, die hier oft versuchen, mit einem apokalyptischen Untergang der Erde Stimmung zu machen, glaube ich, es ist ganz entscheidend, dass wir mit realistischen, seriösen Faktoren und Argumenten die reale Gefahr herausarbeiten, sehr geehrte Damen und Herren, und vor allem nach konkreten und umsetzbaren Lösungsansätzen suchen. Die Zeit der Träumereien ist vorbei. Handeln ist angesagt, sehr geehrte Damen und Herren, Handeln, das die Menschen auch mittragen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es ist heute - gerade wenn wir nach Kopenhagen schauen - nicht an der Zeit, in der Frage des Klimaschutzes politisches Kleingeld zu wechseln. Es ist nicht an der Zeit, hier parteipolitisches Hickhack zu machen, sondern es geht darum, dass wir uns zumindest in der Sache einig sind, dass Klimaschutz ein Thema ist, das uns alle betrifft, das unsere Zukunft betrifft und das wir hier unbedingt auch gemeinsam mittragen sollten.

 

Ich gebe gerne zu - das ist allgemein bekannt -, dass wir am derzeitigen Klimaschutzprogramm oder vielmehr an seiner Durchführung harte Kritik geübt haben. Das ist, wie gesagt, nicht am Programm selbst erfolgt, sondern an der Durchführung, und dabei bleibe ich auch, weil heute ja auch die Evaluierung des Klimaschutzprogramms I zu diskutieren ist und abgestimmt werden soll.

 

Ich denke, dass es nicht gelungen ist, jene Maßnahmen durchzuführen, die im Klimaschutzpaket I selbst definiert worden sind, das wir übrigens als ÖVP damals in seiner Beschlussfassung mitgetragen haben, so wie wir auch das heutige Programm mittragen werden. Aber es hat eben offenbar am Willen, vielleicht auch am notwendigen Durchsetzungsvermögen der Umweltstadträte gefehlt, eine entsprechende Umsetzungen dieser Maßnahmen möglich zu machen.

 

Ich weiß, Umweltschutz ist eine Querschnittsmaterie, und für Klimaschutz gilt das noch viel mehr. Noch dazu besteht Klimaschutz, ich möchte fast sagen, aus mehreren hundert Maßnahmen, die notwendig sind; alle sind miteinander verzahnt und greifen ineinander, fast wie in einem Uhrwerk. Es ist entscheidend, dass auch alle Räder so arbeiten, wenn man zum Erfolg kommen möchte.

 

Genau hier waren, glaube ich, die Probleme des Klimaschutzpakets I, wo es versagt hat, weil es nicht gelungen ist, die großen Maßnahmen zur CO2-Reduktion wirklich durchzusetzen und alle Ressorts und Abteilungen des Magistrats in Wien zu vernetzen. Am Ende - und das muss man sachlich festhalten - der KliP I-Laufzeit steht nicht weniger, sondern steht mehr CO2. Das ist eine Tatsache, über die sich auch die SPÖ-Stadtregierung klar sein muss, und sie muss sich dieser Tatsache auch stellen, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Da hilft es nichts, Umfragen und Bewertungen in Auftrag zu geben. Da beschönigt auch irgendeine Studie nichts, mit der man doch noch nach irgendeinem Kriterium eine Umweltmusterstadt herauskristallisieren kann. Das hilft nichts, trotz aller Ausreden, dass andere ja noch viel schlechter seien, der Bund so wenig gemacht habe, die anderen Länder schlechter seien, der Pro-Kopf-Ausstoß bei CO2 in Wien eher im besseren Bereich in Österreich sei und so weiter.

 

Das alles sind Argumente, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, die Sie für Ihre

 

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