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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 111

 

werden die Hausmeisterinnen und Hausmeister wieder eingeführt werden. Dafür bedarf es eines Beschlusses des Bundes und einer Änderung des Hausbesorgergesetzes. Die Stadt Wien wünscht sich dabei eine Initiative des Bundes."

 

Na, Entschuldigung! Haben wir jetzt eine 7 Millionen teure Volksbefragung gebraucht, damit Sie in der Lage sind, dem Bund zu sagen: Bitte, könntest du eine Initiative dazu machen? Wo ist der Kontakt geblieben zwischen dem Bgm Häupl und dem ehemaligen Mitglied der Wiener Stadtregierung Faymann? Braucht er jetzt eine Volksbefragung, damit er Herrn Faymann sagen kann: Geh, bitte, könntest du da jetzt eine Initiative machen? Also ich dachte, die SPÖ ist stark, ich dachte, der Herr Bürgermeister ist eine starke Persönlichkeit in der SPÖ. Jetzt braucht er eine Volksbefragung, ist sich aber trotzdem nicht sicher, ob das auf Bundesebene umgesetzt werden kann, weil das schreibt er schon selbst in seiner Aussage.

 

Aber das Schlimmere daran ist noch, dass Sie den Bürgerinnen und Bürgern vorher weisgemacht haben oder versucht haben weiszumachen – so ist es besser ausgedrückt –, dass mit dieser Volksbefragung eine unmittelbare Entscheidung möglich wäre. Eigentlich tun Sie der Demokratie – nicht eigentlich –, Sie tun der Demokratie hier nichts Gutes, vor allem nicht der direkten Demokratie, wenn der Wähler danach draufkommen muss, dass das, was er gewählt hat, eigentlich gar nicht entschieden werden kann.

 

Ich muss Ihnen vorwerfen, dass Sie dazu beitragen, dass die Wählerinnen und Wähler eigentlich noch mehr frustriert sein werden und dass Sie dieses Instrument daher schädigen. Daher rufe ich Sie auf, dass Sie spätestens in der nächsten Periode mit allen Parteien über eine Änderung des Volksbefragungsgesetzes diskutieren, dass wir uns zusammensetzen und darüber diskutieren, wie dieses Instrument neu gestaltet werden kann. Und ich halte es für enorm wichtig, dass eine solche! Volksbefragung in Zukunft nicht mehr stattfindet.

 

Daher möchte ich Ihnen auch noch ein paar Zahlen geben, was man mit den 7 Millionen alles hätte machen können. Wir hätten eine Park & Ride Anlage schaffen können. Wir hätten für zwei, drei, vier, fünf Jahre - je nachdem, wie aufwendig Sie den 24 Stunden Betrieb bei der U-Bahn gestalten - diesen auch schon finanzieren können. Wir hätten 23 000 Elektrofahrräder finanzieren können. Wir hätten Intervallverkürzungen auf den U-Bahnen durchführen können. Wir hätten den Heizkostenzuschuss von 200 EUR auf 300 EUR erhöhen können. Aber am letzten Beispiel sieht man, dass Ihnen offensichtlich die Werbekampagne wichtiger ist als die Ärmsten der Armen in dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte Ihnen zum Schluss auch noch etwas von einem Verfassungsexperten mitgeben, der Ihrer Partei, glaube ich, nicht wirklich ferne steht. Es wurde sogar schon vorgeworfen, dass dieser Verfassungsexperte sehr oft gegen die ÖVP Stellung nimmt. Er selbst beharrt darauf, unabhängig zu sein, und erklärt heute in Radio Wien – es geht um den Verfassungsrechtsexperten Dr Mayer –, dass einer Manipulation Tür und Tor geöffnet sein kann bei einer solchen Briefwahl, wie sie hier abgehalten wurde.

 

Daher glaube ich, dass wir das wirklich ein für alle Mal beenden sollten. Es darf in Zukunft nie mehr möglich sein, dass eine Briefabgabe nach dem Ende des Wahltages noch möglich ist. Ich glaube, dazu sind Sie aufgerufen, diese Änderungen vorzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Als Beispiel gebe ich Ihnen abschließend noch – ich glaube nämlich, es ist sogar auch von der SPÖ zitiert worden – die direkte Demokratie in der Schweiz mit. Ja, ich glaube, dass wir unsere Demokratie nicht so umbauen müssen, dass wir zu einer solchen direkten Demokratie kommen, wie die Schweiz sie lebt. Wir leben in einer repräsentativen Demokratie, aber ich glaube, dass die direkte Demokratie als Ausgleich für die repräsentative Demokratie notwendig sein wird. Aber das muss genau bestimmt sein. Wenn Sie sich zum Beispiel die Bestimmungen – ich habe mir das angeschaut – vom Kanton Zürich oder vom Kanton Bern anschauen, dann sehen Sie genau, was dort konkret abgefragt werden kann. Da geht es immer um den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung von Gesetzen. Da geht es um konkrete Beschlüsse des Kantonsrates über eine bestimmte Summe von Geld. Da geht es um ganz konkrete Vorlagen, und da darf es keine Suggestivfrage geben. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Das ist dann aber eine Volksabstimmung!) Das sind Volksabstimmungen, ja. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Das ist ja ganz was anderes!) Das ist korrekt, aber ich denke, dass man auch bei Volksbegehren die Fragen konkreter stellen müsste. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Sie sollten den Unterschied zwischen Volksbegehren, Volksbefragung und Volksabstimmung kennen!) Ja, aber Sie müssen sie auf die Möglichkeiten abstellen, was Sie auch beschließen können. Das ist einfach unfair, Herr Kollege Oxonitsch, zu sagen, machen wir eine Änderung des Hausmeistergesetzes, und dann haben Sie keine gesetzliche Grundlage dafür. Das geht nicht. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Trotzdem sollten Sie zwischen Volksbefragung und Volksabstimmung unterscheiden!) Ja, Befragung und Abstimmung ist ein Unterschied. Und Legistik, Gemeinderat und Vollzug ist auch etwas anderes.

 

Aber es wäre klug, denn wir sollten in Volksbegehren ganz konkret das fragen, was wir heute hier umsetzen könnten, was wir als Gemeinderat umsetzen könnten oder was die Stadtregierung als solches umsetzen könnte. Da muss die Fragestellung ganz klar und konkret sein, und da muss es automatisch auch eine Konsequenz geben. Nicht, dass wir heute wieder hier stehen und sagen, wir wissen eigentlich nicht genau, wann das umgesetzt werden kann, was gefragt worden ist.

 

Das ist eine Situation, wie ich sie mir eigentlich nicht wünsche – nicht eigentlich; wie ich sie mir nicht wünsche –, wie ich sie auch in Zukunft nicht haben möchte. Ich rufe Sie daher auf, sich einmal zumindest auf die Metaebene zu begeben, um draufzukommen, was vielleicht die Bürgerinnen und Bürger an dieser Volksbefragung

 

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