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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 111

 

und geradezu lustvoll von Skandal die Rede, Aufregung über ein Kunstprojekt in der Secession, Aufregung über einen Swingerklub in den ehrwürdigen Hallen dieser Kultureinrichtung.

 

Was ein Skandal ist, liegt zunächst einmal im Auge des Betrachters. Ich füge hinzu, dass ich so manches Unverständnis von Menschen nachvollziehen kann, die sich nicht täglich mit Kunst auseinandersetzen. Die Frage aber, ob und was Kunst sei, beschäftigt die Menschheit, seit sie Kunst macht. So wenig, wie es eine Definition oder gar eine einheitliche Ausbildung für Künstlerinnen und Künstler gibt, so wenig wird auch abschließend abzuhandeln sein, was denn genau Kunst ist.

 

Genug der Theorie. Zu den Fakten:

 

Erstens: Die Secession ist eine unabhängige, international renommierte Künstlervereinigung, die mehrere Ausstellungen pro Jahr organisiert. Sie finanziert sich zu zwei Dritteln aus privaten Geldern und zu einem Drittel aus öffentlichen Geldern, die sich wiederum auf Bund und Stadt Wien aufteilen.

 

2010, Kollege Ebinger, ist im Übrigen noch kein Cent städtischer Förderung geflossen. (GR Mag Wolfgang Jung: Das wollen wir auch verhindern!) Dieses sollten Sie als Mitglied dieses Hauses wissen, denn Sie hätten es beschließen müssen, wäre etwas geflossen.

 

Woraus dann genau die öffentliche Förderung der Secession für dieses Kunstprojekt hätte fließen können, bleibt mir verschlossen.

 

Zweitens: Für dieses konkrete Projekt fließen nicht nur keine Steuermittel, sondern die von der Secession bereitgestellte Infrastruktur wird zudem vom Projekt rückfinanziert und, wie mir berichtet wird, hat sich der Künstler bereit erklärt, einen allfälligen Ausfall, vertraglich abgesichert, selbst zu begleichen.

 

Drittens: Kunst ist in Wien nicht genehmigungspflichtig. Es gibt klare Gesetze und Regeln. Werden diese eingehalten, so gilt das Grundrecht der Freiheit der Kunst und der freien Meinungsäußerung.

 

Viertens: Wien ist eine offene, eine liberale, eine dynamische und interessierte Kunststadt und lebt zu einem guten Teil auch davon. Wien lebt von einem offenen Kulturklima, welches auch darin besteht, Auseinandersetzungen, Provokationen und Diskussionen mit Emotion, aber auch mit Gelassenheit abzuhandeln.

 

Was nun den angeblichen Skandal betrifft, wurde heute schon darauf hingewiesen, dass es ganz offensichtlich Teil des Konzeptes von Christoph Büchel ist, öffentliche Irritationen auszulösen. Alle, die sich daran beteiligen, werden somit Teil dieses Projekts. Mehr noch, das lustvolle Jonglieren der FPÖ mit Begriffen wie „Gangbang", „Gruppensex", „verschwitzt" könnte die Vermutung von Insiderkenntnissen nahelegen, erlangt etwa bei entbehrungsreichen Sexfindingmissions in Wiener Nachtklubs. Ein wahrer Hump oder Dump, wer Böses dabei denkt!

 

Ehe ein selbst ernannter Lebensmensch sich wieder dabei ertappt und bemüßigt fühlt, dies wieder vor Gericht ausleben zu müssen, sei noch einmal hinterfragt, was in unserer Gesellschaft tatsächlich ein Skandal ist. Wie sorgfältig jene politische Gruppierung, die hier als oberste Hüterin der Moral und des Steuergeldes auftritt, tatsächlich mit Steuergeld umgeht, beweist doch der wahre Skandal um die Hypo Alpe-Adria! Hier wird so viel Geld versenkt und verschenkt, dass die öffentliche Hand einspringen muss, um weitaus Schlimmeres zu verhindern! (Beifall bei der SPÖ. - Aufregung bei der FPÖ. - StR Johann Herzog: Da waren immer alle dabei in Kärnten!) - Meine Damen und Herren, der Herr Finanzbeamte verlässt gerade das Haus. Ich verstehe das.

 

Da verstehe ich sehr wohl, dass sich die Menschen darüber aufregen. Auch Sie, wiedervereinigt mit den Kärntner Freunden, müssen sich aufregen, denn hier, im Unterschied zu Secession, wird tatsächlich Steuergeld eingesetzt, muss Steuergeld eingesetzt werden, um einen Gesamtkollaps zu vermeiden! (GR Mag Wolfgang Jung: Ein solcher Schwachsinn!) Die selbst ernannten Steuer- und Moralwächter, die wegen Steuerverschwendung in der Secession laut aufschreien, schweigen bei der Hypo Alpe-Adria! (StR Johann Herzog: Bei der Secession wird geschickt verschleiert!) Das ist verwunderlich! (StR Johann Herzog: Wieso? Warum?) Das ist verwunderlich, denn dieser Skandal, meine Damen und Herren, kostet jeden Einzelnen von uns 1 800 EUR! (GR David Lasar: BAWAG!) Jeder Einzelne von uns muss für die Hypo Alpe-Adria 1 800 EUR bezahlen, bei der Secession null Euro! (StR Johann Herzog: Ein interessanter Vergleich!) Bei der Secession null Euro, da 1 800 EUR! Bilden Sie sich selbst Ihr Urteil, wo da der Skandal liegt! Haltet den Dieb, rufen immer diejenigen am lautesten, die am meisten zu verbergen haben! (Beifall bei der SPÖ. – GR Mag Wolfgang Jung: Genau das tun Sie gerade!)

 

Meine Damen und Herren, ich komme zur Beantwortung Ihrer eigentlichen Fragen:

 

Fragen 1 bis 5: Diese Fragen liegen nicht in meinem Geschäftsbereich.

 

Frage 6: Die Material- und Umbaukosten für die Installation Christoph Büchels in der Secession betragen, anders als von Ihnen behauptet, zirka 30 000 EUR. Viele der benötigten Materialien und Einrichtungsgegenstände sind lediglich ausgeliehen oder im Wege des Sponsorings kostenfrei oder sehr günstig zur Verfügung gestellt worden. (GR Dr Herbert Madejski: Matratzen!)

 

Der Kartenverkauf wird von der Secession abgewickelt.

 

Die Personalkosten dafür, auch die in der Nacht anfallende Überstundenentschädigung, werden über das Projekt, also ohne Steuergelder, finanziert.

 

Die Secession führt die anfallenden Steuern ab.

 

Das Projekt ist somit wirtschaftlich selbstständig. Aus den Einnahmen werden sämtliche Projektkosten abgedeckt.

 

Zusätzlich verkauft die Secession, wie bei anderen Ausstellungen und Projekten auch, jene Teile der Infrastruktur, die wiederverwertbar sind. Bereits heute gibt es etwa für Sitzgarnituren und diverse Dekorationsgegenstände eine lange Liste von Interessenten. (Allgemeine Heiterkeit.)

 

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