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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 102

 

ist, dass wir, einmal mehr, den Sozialhilferichtsatz für Kinder auf jenes notwendige Maß erhöhen, das es braucht, um sicherzustellen, dass kein Kind in Wien in Armut aufwächst.

 

Ich denke, dass es das allemal wert ist, dass man dem eine Dringliche Anfrage widmet. Ich denke, dass es das wert ist, dass sich der Wiener Gemeinderat diesem Thema detailliert widmet, und ich hoffe, dass es einmal mehr eine konstruktive Debatte gibt. Denn auch wenn die Wahlkampfhysterie offensichtlich schon am Höhepunkt ist, wird es möglich sein, zivilisiert über Kinderarmut zu diskutieren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Begründung dieser Dringlichen Anfrage.

 

Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales, Frau Mag Sonja Wehsely, zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das Thema Armut und ganz besonders das Thema Kinderarmut ist ein ganz ernstes Thema, wo für mich eines klar ist: Jeder Mensch, der in unserer Stadt in Armut lebt, und ganz besonders jedes Kind, das in unserer Stadt arm ist, ist eines zu viel! Man kann sich damit nicht abfinden, und ich werde mich damit niemals abfinden.

 

Liebe Frau Klubobfrau Vassilakou! Die Tonalität, die Sie jetzt in der Begründung der Dringlichen Anfrage an den Tag gelegt haben, ist eine ganz andere, nämlich eine viel sachlichere, als die Tonalität der Dringlichen Anfrage selbst. Da frage ich mich schon, wieso das so ist, wenn es doch angeblich um die Sache geht. Wenn es um die Sache geht, dann wird es ja wohl nicht so sein, dass die Anfrage, obwohl Sie heute selbst gesagt haben, man soll doch dieses Thema bitte ohne Pathos diskutieren, vor Pathos nur so trieft und dann von der Vertreterin der Partei, die diese Dringliche Anfrage gestellt hat, das Ersuchen vorgebracht wird, diese Frage sachlich und nicht pathetisch zu bearbeiten.

 

Das kommt mir ein bisschen so vor, wie wenn sich Bürgerliche im Gewand von Jung-Designerinnen vor die UNO-City stellen und darunterschreiben, sie sind weltoffen, und dann meinen, damit sind die Integrationsprobleme dieser Stadt zu lösen. Genauso wenig ist mit solchen Anfragen die Thematik der Armut oder der Kinderarmut oder der von diesen Themen Betroffenen zu lösen. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Daher kann ich den Wunsch nach ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Thema nicht wirklich glauben, insbesondere, wenn ich diese Dringliche Anfrage ernst nehme - was ich hiermit tue -, denn sie strotzt vor Vermischungen, vor unzulänglichen Hinweisen auf Studien, in denen es überhaupt nicht um Wien geht, dass ich nicht glauben kann, dass es um etwas anderes als darum geht, billiges Kleingeld zu machen bei einem Thema, das Sie sich eben ausgesucht haben, weil Sie glauben, dass es vielleicht bei der Zielgruppe gut ankommt. Das ist aber nicht sympathischer als bei anderen Parteien, die sich andere Themen aussuchen, um nichts anderes zu tun, als politisches Kleingeld zu machen und genau kein Problem zu lösen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich halte das gerade beim Thema Armut und beim Thema Kinderarmut von einer Partei, wie ich die GRÜNEN bisher eingeschätzt habe - aber auch hier revidieren sich Meinungen und Einschätzungen meinerseits -, eigentlich für schäbig und unwürdig. (GRin Mag Maria Vassilakou: Schämen Sie sich! Über alles, was Sie bisher gesagt haben! - Weitere heftige Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Frau Kollegin Vassilakou! Ich verstehe die Aufregung nicht so sehr, offenbar dürfte ich genau den Nerv getroffen haben. Sie zitieren eine Studie aus dem Jahr 2005 ... (GRin Mag Maria Vassilakou: Persönliche Niedertracht ist das, mehr nicht!) Sie zitieren eine Studie der UNICEF aus dem Jahr 2005. Mittlerweile gibt es die Studie aus dem Jahr 2010, aber Sie zitieren aus einer fünf Jahr alten Studie - so viel also zur Relevanz der Daten, die Sie hier zitieren! (GRin Mag Maria Vassilakou: Und? Ist das Problem gelöst?)

 

Eine Anfrage, eine telefonische Anfrage meinerseits bei der UNICEF in Köln war eben die, dass die Daten alle zwei bis drei Jahre abgefragt werden und dass Städtedaten dabei keine Rolle spielen. Das heißt, dass Wien in dieser ganzen Studie, auf die Sie sich in der Anfrage beziehen und auch jetzt in Ihrem Redebeitrag bezogen haben, in keiner Art und Weise vorkommt und dass es in dieser Studie weder um die Stadt Wien noch um andere Städte geht.

 

Wir sind hier im Gemeinderat der Stadt Wien und nicht im Nationalrat, daher könnte ich jetzt sagen: Damit ist das Thema erledigt. Es ist aber, da es für mich ein wichtiges Thema ist, nicht erledigt, und daher würde ich alle bitten, mich kurz auf einer imaginären Reise zu begleiten. Wir tun jetzt ein bisschen so, als wären wir der Nationalrat, und wir sprechen daher über eine Studie, die Österreich betrifft. Daher möchte ich auf die UNICEF-Studie, die Sie angesprochen haben, aber auf die neueste, die aus dem Jahr 2010, natürlich auch eingehen.

 

Österreich rangiert in dieser Studie im Mittelfeld. Es gibt ganz konkret sechs Dimensionen, die angeschaut und verglichen worden sind, von den reichen Staaten, also den OECD-Ländern. Das betrifft erstens das materielle Wohlbefinden, zweitens den Bereich Gesundheit und Sicherheit, drittens den Bereich Bildung, viertens den Bereich Beziehungen zu Gleichaltrigen und Familie, fünftens den Bereich Verhalten und Risken und sechstens den Bereich subjektives Wohlbefinden. Im Durchschnitt aller untersuchten Länder und aller Dimensionen steht Österreich - nicht Wien - an zwölfter Stelle der untersuchten OECD-Staaten.

 

Geht es um das materielle Wohlbefinden, liegt Österreich - ich sage für den Gemeinderat: nicht Wien - an fünfter Stelle der untersuchten Staaten, nach Nor

 

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