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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 126

 

rem auch wegen der Sprachschwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert sind, wo nicht bloß ein Kind oder zwei Kinder in einer Klasse Sprachschwierigkeiten haben, weil damit wird man ja leicht fertig, aber teilweise, wenn die Hälfte der Klasse Schwierigkeiten hat, was macht man dann?

 

Haben wir vergessen, dass wir in den vergangenen Jahren diskutiert haben, wie wir es schaffen können, dass möglichst alle Kinder den Kindergarten besuchen, und zwar nicht nur das letzte Jahr vor dem Beginn der Volksschule, weil das bringt ja nichts, das ist viel zu kurz, um in diesem Bereich die Sprachschwierigkeiten soweit auszugleichen, dass man zum Zeitpunkt der Einschulung keine Probleme hat, sondern nein, die Kinder brauchen zwei, drei Jahre lang vor der Einschulung entsprechende Förderung und Unterstützung in der Kinderbetreuung, im Kindergarten.

 

Und wie sieht es mit den Plätzen aus? Ja, wir haben in den vergangenen Jahren den Ausbau der Kindergartenplätze beschlossen, und der wird teilweise auch vorangetrieben, und das ist gut so. Aber tun Sie bitte nicht so, wie wenn jedes Kind in Wien einen Kindergartenplatz vorfinden würde, wenn er gesucht wird. Und der kostenlose, der Gratiskindergarten ist schön und gut, nur, er nutzt nur dann, wenn man den Kindergartenplatz auch findet. Und an dieser Stelle werde ich schon auch etwas emotional, denn zu behaupten, es sei nicht wahr und die Kinder würden einen Kindergartenplatz bekommen, wenn man einen sucht, stimmt nicht. Die Eltern, die sich an uns wenden, hier insbesondere die Mütter, die mit den Schwierigkeiten konfrontiert sind, einen Platz zu bekommen, können ein völlig anderes Lied singen.

 

Meine Damen und Herren, es ist nach wie vor so, dass, wenn eine Mutter nicht berufstätig ist, gibt es in vielen Teilen Wiens keinen Kindergartenplatz für sie, sprich, für das Kind, weil nach wie vor diese Kriterien existieren, die existieren sogar zum Teil schriftlich.

 

Wie klug ist es, gerade wenn man weiß, dass Kinder aus Migrationshaushalten sehr oft eine nicht berufstätige Mutter haben, genau da sozusagen das Kriterium Kindergartenplatz an die Berufstätigkeit der Mutter zu koppeln? Diese Frage möchte ich stellen und ich denke, die Antwort wissen Sie selbst. In diesem Bereich haben wir mindestens genauso großen Ausbaubedarf, und da möchte ich gar nicht zu reden kommen über die Kinderbetreuungsplätze für Unter-Drei-Jährige oder gar für Unter-Ein-Jährige, wo ich glaube, dass jetzt, also auf Grund von großartigen Anstrengungen, die Anzahl der Betreuungsplätze für Unter-Ein-Jährige in Wien von 60 auf ungefähr 100 angehoben wurde, wenn ich mich nicht täusche. Also, das spricht ja auch Bände im Zusammenhang mit dem Thema, wie es um die Kinderbetreuung bestellt ist.

 

Aber einmal mehr: Was es in Wien braucht, und vor allem in jenem Bereich der Wiener Schulen, wo wir ja zuständig sind, also im Pflichtschulwesen, das ist ein Schwerpunkt Mehrsprachigkeit, wenn Sie so möchten, ein Sprachenschwerpunkt, wo man sicherstellt, dass jedes Wiener Kind zum Zeitpunkt, spätestens zum Zeitpunkt, da es die Volksschule beendet, brillantes ausgezeichnetes Deutsch spricht und darüber hinaus gute Kenntnisse in der Sprache der Eltern hat. Und um das zu erreichen, braucht es neue Unterrichtsmethoden, es braucht Investitionen und es braucht vor allem Sprachenlehrerinnen und Sprachenlehrer. Und nach unseren grünen Berechnungen sind es 500 SprachenlehrerInnen, die derzeit in den Wiener Schulen fehlen, um diesen Bereich auf Vordermann zu bringen.

 

Und wenn Sie meinen, das sei jetzt ein Nebenschauplatz, das sei jetzt nebensächlich, dann sage ich Ihnen, das ist alles andere als das, denn ob die Wienerinnen und Wiener von morgen in 20 Jahren, in 30 Jahren, diejenigen, die im Übrigen auch berufstätig sein wollen und die mit ihren Steuern und Beiträgen unsere Pensionen finanzieren wollen, also ob die schlussendlich gut gerüstet die Schule hinter sich bringen, ob sie die Chance haben zu studieren, ob sie die Chance haben, einen Beruf zu ergreifen oder ob die Zahl der SchulabbrecherInnen von 12 Prozent aktuell vielleicht auch noch weiter hinaufgeht und die Stadt an Halbsprachigkeit leidet, das halte ich, wie gesagt, für ein zentrales Thema sowohl für den Wirtschaftsstandort als auch für den Bildungsstandort Wien.

 

Einmal mehr: Denken Sie daran, die Kinder, die heute in den Wiener Pflichtschulen sind, sind die Wienerinnen und Wiener von morgen. Sie werden nicht abreisen, sie werden nicht irgendwohin verschwinden, sie werden da sein, sie werden die Stadt Wien der Zukunft ausmachen. Und ob diese Wienerinnen und Wiener von morgen brillantes Deutsch sprechen und darüber hinaus fließend in weiteren zwei bis drei Sprachen parlieren können, ist von immenser Bedeutung für die Stadt.

 

Ich will es jedenfalls so haben, und nicht das Gegenteil dessen, nämlich eine halbsprachige Stadt, in der ein beträchtlicher Teil der eigenen Bewohnerinnen und Bewohner weder Deutsch noch die Sprache der Eltern gescheit spricht. Und genau das produzieren die Wiener Schulen aktuell, und genau darüber muss man reden, und genau das haben wir zu stoppen, meine Damen und Herren.

 

Damit komme ich zum letzten Punkt meiner Ausführungen. Wie lange habe ich noch, haben Sie gesagt, 25 Minuten?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Ja.

 

GRin Mag Maria Vassilakou (fortsetzend): Ja, aber nur mehr das, gut. Über die Armut haben wir in der vergangenen Landtagssitzung gesprochen. Ich glaube, in diesem Bereich brauche ich nichts zu wiederholen. Einmal mehr zur Erinnerung: Auch hier braucht es Weichenstellungen, auch hier geht es darum, aus der Mindestsicherung, die kommt, wann immer sie auch kommen wird, schlussendlich eine gute Unterstützungsmaßnahme gegen die Armut und auch für einen Neubeginn zu schaffen. Und einmal mehr meine ich, dass die Stadt Wien hier eine Vorreiterrolle einnehmen sollte und die Mindestsicherung auf jene erforderlichen 950 EUR, 12 Mal im Jahr, anheben müsste, denn genau das ist der Betrag, den es aktuell braucht, um mit dem Leben halbwegs zurecht zu kommen in einer Stadt, in der die Le

 

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