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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 100

 

sind, wenn die Energieeffizienz noch viel stärker, als ursprünglich vorgesehen, gesteigert wird.

 

Welche Forderungen und Konsequenzen ergeben sich nun auf Grund der Atomenergiedebatte. Die aktuelle Situation lässt nur eine Antwort zu: Ausstieg aus der Atomenergie. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Zunächst muss gewährleistet werden, dass alle Reaktoren, die kein Containment, also keine Schutzhülle, haben, vom Netz genommen werden.

 

Danach ist für den gesamteuropäischen Atomausstieg zu planen und zu gewährleisten, sodass die Mittel aus dem Euratom-Topf zweckgewidmet nur noch für konkrete AKW-Stilllegungen verwendet werden.

 

Hier kann sich Wien aber nicht von den Möglichkeiten und Strukturen abkoppeln, die sich aus einer europäischen Energiewirtschaft mit geöffneten Energiemärkten ergeben. Man soll daher diesen Ausstieg aus der Atomkraft nicht in eine populistische Richtung treiben und gleich die Autarkie Österreichs fordern, die kurz- und mittelfristig unrealistisch erscheint angesichts des vernetzten Marktes. Ebenso hängt das Ansehen Österreichs in diesem Zusammenhang auch davon ab, dass wir die Probleme in den Mitgliedsstaaten, die diese Anlagen einsetzen, anerkennen und einen Beitrag für eine Lösung liefern. Gute Ratschläge allein werden zu wenig sein. Populistische Forderungen verhallen rasch und führen nur dazu, dass wir nicht ernst genommen werden.

 

Hier ist also anzuerkennen, dass es einen klaren Zielkonflikt gibt, einerseits die Erfordernisse auf Grund des Klimawandels und der Brennstoffdiversifizierung aus Versorgungssicherheitsgründen, die viele Mitgliedsstaaten dazu geführt haben, Atomanlagen zu errichten, und andererseits die erheblichen Folgewirkungen und katastrophalen Gefahren einer derartigen Technologie. Hier sind konkrete technische Lösungen zu finden, wie ein Ersatz dieser Anlagen ohne Gefährdung der Versorgungssicherheit und bei entsprechender Wirtschaftlichkeit möglich wäre. Gerade hier zeigt sich, dass die Rolle der Städte eine wesentliche bei der Umsetzung des Energiesystems ist, weil nicht nur das Thema Energieeffizienz in den Städten zum Erfolg geführt werden muss, sondern weil über die konsequente Nutzung von Fernwärme aus gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ein Gesamtsystem erreicht werden kann, wo ausreichend hohe Kraftwerksleistungen verfügbar bleiben, wenn der Wind nicht weht.

 

Der Umbau der Wiener Kraftwerke zu schnell startenden Kraftwerken ist daher ein wesentliches Beispiel, wie die Gesamtstrategie aussehen kann. Energieeffizienz, erneuerbare Energieträger, gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungen, Fernwärmeausbau sind die Bausteine von Smart Cities der Zukunft.

 

Eine leistungsfähige Energiestrategie der Zukunft, die tatsächlich auch von der Bevölkerung akzeptiert wird, beinhaltet für mich daher folgende Stichworte:

 

E-Energieeffizienz, F-Forschung, F-Fernwärme aus Abwärme, E-Erneuerbare Energieträger, K-Kraft-Wärme-Kopplung mit Erdgaseinsatz, T-Transparente Kostenwahrheit, I-Innovative Lösungen und V-Verhältnismäßigkeit, sich also mit Maß und Ziel auf die Wirkung zu konzentrieren und ihre soziale Verträglichkeit herzustellen. EFFEKTIV Handeln - dann ist die Atomkraft tatsächlich auch verzichtbar. - Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Ich danke dem Herrn Bürgermeister für die Mitteilung.

 

Die Geschäftsordnung bestimmt, dass bei der nun folgenden Besprechung kein Redner öfter als zwei Mal und mehr als insgesamt 20 Minuten sprechen darf. Ausgenommen von dieser Beschränkung sind der Herr Bürgermeister und die zuständigen amtsführenden Stadträte. Deren Redezeit ist pro Wortmeldung mit 20 Minuten beschränkt.

 

Zur Besprechung der Mitteilung erteile ich Herrn GR Dipl-Ing Stiftner das Wort.

 

11.53.45

GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Herr Vorsitzender! Werte Damen und Herren!

 

Ich muss schon ehrlich sagen, ich bin ein wenig erstaunt, welche Metamorphose die SPÖ offensichtlich durchgemacht hat. Sie haben es auch sehr transparent dargestellt, dass es offenbar einen Sinneswandel der SPÖ im Bereich der nachhaltigen Energieversorgung gibt. Ich nehme das zur Kenntnis. Wir werden anhand der konkreten Daten natürlich auch die Politik, die Sie in Zukunft hier im Wiener Gemeinderat machen werden, messen.

 

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass wir den Ausstieg aus der Atomenergie wollen. Das ist Konsens in diesem Haus. Dazu bedarf es nicht weiterer Diskussionen. Die Frage ist immer nur, wie realisiert man das. Hier unterscheiden sich, glaube ich, die Konzepte schon sehr grundlegend. Denn unser Konzept seitens der ÖVP war es immer, ein Höchstmaß an Energieautarkie anzustreben, mit der Zielsetzung, genau diese Politik, nämlich Entkommen von der Atomenergie und auch von der kalorischen Energie zu entkommen, hier glaubwürdig zu untermauern. Denn es reicht einfach in der Diplomatie nicht aus, auf die Nachbarländer mit dem nackten Finger zu zeigen und sagen, warum diese dort ihre Atomenergie nutzen und gleichzeitig hat man kein wirkliches Konzept, wie man es besser macht. Allein darauf zu hoffen und dankbar dafür zu sein, dass uns die Natur Wasserkraft geschenkt hat und wir deshalb in Österreich ein wenig begünstigt sind, ist meiner Meinung nach zu wenig. Ich halte es auch für ein wenig zynisch. Wir müssen in diesem Sinne besser vorbereitet sein, fossile Energieerzeugung und natürlich auch den Import von Energie, der durchaus auch von Atomstrom erzeugt sein kann, möglichst zu minimieren. Denn das ist eine ehrliche Politik. Dann kann man es auch bestmöglich umsetzen.

 

Wenn jetzt Wien Strom, um es konkret zu machen, behauptet, es könne atomstromfreie Energie liefern, dann sage ich dazu, dass es nur zum Teil richtig ist. Denn erstens, das ist ein technisches Argument, kann keiner sagen, wo denn heute eine Energieeinheit, also ein Elektron, wirklich produziert worden ist und sich dann seinen Weg im europäischen Netz sucht. Das lässt sich physikalisch nicht sicherstellen. Aber das ist nicht das Problem.

 

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