Gemeinderat, 7. Sitzung vom 29.04.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 69
5 000, 10 000 oder 50 000, sondern mit 800 000 Arbeitskräften rechnet. Da haben wir eine entsprechende Zahl zumindest ins Auge zu fassen. Das sind natürlich lauter ungewisse Zahlen. Kein Mensch kann sagen, wie viele wirklich kommen werden. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass zumindest die Möglichkeit dazu besteht.
Eines ist auch völlig klar: Sie gehen bei der Berechnung von Arbeitskräften von der heute geltenden Situation aus, von einer Nachwirtschaftskrise, die an sich ja auch noch nicht beendet ist und jederzeit wieder losbrechen kann. Es ist vielleicht ein Zwischenhoch, eine Erholung, die Österreich und Deutschland erfreulicherweise sicher ganz massiv erfasst hat, aber es ist ebenfalls allen klar, wenn man das genau studiert, dass dieser Aufschwung ein sehr wackeliger ist und dass zum Beispiel die Zahl der Neueinstellungen im Vergleich zu früheren Aufschwüngen, die nachhaltig gewesen sind, prozentmäßig nicht einmal annähernd gleich hohe Zahlen zur Folge gehabt hat. Ich glaube außerdem, dass Wien im Besonderen, im Osteck zwischen Tschechien, Slowakei, Ungarn und weiter unter im Südosten Serbien und natürlich auch die anderen Staaten, eine besondere Anziehungskraft darstellen kann, vor allem dann, wenn die wirtschaftlichen Zeiten, und das ist in keiner Weise leider auszuschließen, wieder schlechter werden. Da wird es dann natürlich auch einen Zusammenhang mit dem europäischen Stabilitätsmechanismus geben, das heißt, mit den Unsummen von Geld, die die europäischen EU-Staaten aufwenden müssen, um den sogenannten Rettungsschirm aufzuspannen, einen Rettungsschirm, der zum Beispiel Deutschland einen Betrag von an die 200 Milliarden EUR abverlangt, in Österreich entsprechend der Bevölkerungszahl bis jetzt ungefähr 20, 21 Milliarden, wobei das nur dieser europäische Stabilitätsmechanismus ist und nicht die 200 Milliarden EUR, die bereits jetzt von den europäischen EU-Staaten in die diversen Hilfsmaßnahmen für Irland, Portugal und Griechenland geflossen sind, ohne die dort zu erhoffende Wirkung ausgelöst zu haben. Die ist nicht eingetreten.
Griechenland ist vor dem Bankrott und steht vor der Umschuldung. Es ist wahrscheinlich nur eine Frage von Wochen, bis die Umschuldung von der Regierung verkündet wird. Da gäbe es verschiedene Möglichkeiten: Man könnte Verluste der Anleger in Griechenland, der Darlehensgeber, sozusagen machen, aber das werden die Wenigsten wollen. Es wird also fortgeschrieben werden, das Ganze wird um 20 Jahre, oder wie auch immer, verlängert, mit dem Ergebnis, dass die Politik so weiterwurschteln wird, bis ein Zusammenbruch eines Staates eintreten wird. Daher wäre die Hauptforderung von uns, dass wir nicht einen europäischen Stabilitätsmechanismus brauchen, sondern das, was wir brauchen, wäre endlich ein europäisches Insolvenzverfahren für marode und sich im Zusammenbruch befindliche Volkswirtschaften und Staaten, damit hier eine Vorgangsweise gewählt werden kann, die angemessen ist und man nicht gutes Geld schlechtem nachwirft und hunderte Milliarden investiert in Summen, die wir uns gar nicht leisten können.
Haftung ist etwas, was schön klingt, aber wenn jetzt zum Beispiel Griechenland in eine echte Umschuldung geht und nicht nur in eine Verlängerung der Rückzahlungsbereiche, wenn es also einmal in diese Richtung geht, dann haben wir auch die Haftung zu zahlen und dann haben wir eine Summe von über 20 Milliarden zu leisten. Bezogen auf die Summe der österreichischen Einnahmen im Staatshaushalt, die jetzt bei 70 Milliarden liegt, kann man sich also ungefähr vorstellen, um was für Summen es hier geht und wie sehr Österreich, Wien und wir alle sozusagen einer klaren Verringerung des Wohlstands zugeführt werden, wenn wir diese Dinge treiben lassen.
Daher ist es für uns keine Frage, dass wir diese Maßnahmen ablehnen und eigentlich auch die gesamte Arbeitskräftezuwanderung weiter beschränken wollen. Wir glauben, dass ein allgemeiner Umbau der Europäischen Union wieder zu mehr Staatenbund als zu einem Bundesstaat eine Notwendigkeit wäre. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Yilmaz. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Frau Berichterstatterin! Verehrte Damen und Herren!
Ingeborg Bachmann hat geschrieben: „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar.“ und ich möchte am Anfang gerne eine kurze Darstellung der Situation geben.
Seit dem Jahr 2000 wandern jedes Jahr mehr als 100 000 Menschen nach Österreich. Und zur Erinnerung: Von 2000 bis 2007 war in der Regierung Schüssel eine gewisse FPÖ mit dabei und im Jahr 2004 gab es mit 122 000 Zuwanderinnen und Zuwanderern einen absoluten Rekordwert. Gleichzeitig wandern seit 2000 zwischen 60 000 und 87 000 Menschen aus Österreich aus, drei Viertel davon sind ausländische Staatsbürger. Das sind die Zahlen der Statistik Austria. Ungefähr ein Drittel der Zuwanderer, die nach Österreich kommen, wandern nach Wien. Zuwanderung ist in Wien kein neues Thema. Victor Adler hat vor mehr als 100 Jahren als Armenarzt die riesigen sozialen und gesundheitlichen Probleme der böhmischen Ziegelarbeiterfamilien gesehen und er wollte sie verbessern, genauso wie die Probleme aller Arbeiterfamilien. An diesem Anspruch hat sich bis heute nichts geändert. Auch heute wollen wir die Situation der Wienerinnen und Wiener verbessern, aller Wienerinnen und Wiener, egal, wie lange sie in unserer Stadt wohnen.
Man kann als Privatperson die Menschen nach ethnischen, religiösen und anderen Kriterien einteilen. Man kann privat die einen überhöhen und die anderen gering schätzen. Das ist zwar unangebracht und dumm, aber es ist erlaubt. Anders ist es bei öffentlichen Institutionen. Sie sind nämlich bei ihren Maßnahmen an Gesetze gebunden, an die Bundesverfassung genauso wie an Landesgesetzte, an die Menschenrechtskonvention und die UN-Richtlinien. Schon alleine deshalb kann die Stadt Wien die meisten Forderungen der FPÖ in Bezug auf Integration und Zuwanderung nicht umsetzen, aus rechtlichen Gründen, aber auch aus Gründen der Vernunft.
Jetzt ist das mit der FPÖ und der Vernunft so eine Geschichte. Der Herr Klubobmann Gudenus hat zum
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