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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 29.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 69

 

Beispiel die Verlegung des Flüchtlingslagers Traiskirchen auf eine Adriainsel gefordert, von Kondomsteuer und ähnlichen kreativen Ideen will ich jetzt nicht reden. (Aufregung bei GR Mag Johann Gudenus, MAIS.) Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Psychiater hat einmal gesagt: „Für jemanden mit Waschzwang gibt es nur zwei Daseinsformen: Entweder er wäscht sich gerade oder nicht. Die Fixierung auf ein einziges Handeln, das Waschen, ist für solche Menschen so stark, dass sie ihr gesamtes Handeln und Denken bestimmt.“ Ersetzen wir den Waschzwang durch Türkei-Bashing, dann erhalten wir die FPÖ. Im Mittelpunkt ihres Handelns und Denkens stehen Herr und Frau Zuwanderer aus der Türkei (GR Mag Johann Gudenus: Nein, nein!), wobei man nicht weiß, was schlimmer ist, dass Türkei-Bashing absichtlich gemacht wird als Schmäh, dem die Leute aufsitzen sollen, oder aber Gudenus und Co glauben selbst an den Holler, den sie verbreiten. Dann ist das dreiste Wählerverhetzung.

 

Beides ist der Stadt und der Wienerinnen und Wiener unwürdig. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir Sozialdemokraten gehen seit Jahren den schwierigen Weg der Aufklärung des Miteinanders und des Chancengebens, aber auch des Einhaltens unserer Grundregel. Man soll die Menschen dort abholen, wo sie stehen. Die Stadt macht das durch zielgenaue Kurse, Angebote und Informationen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Die nichts wert sind!) Niemand soll in dieser Stadt allein gelassen werden.

 

Und, Herr Kollege Aigner, mich wundert es immer wieder, dass Sie als Pädagoge glauben, man müsse nur Deutsch können (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ja, vor allem!), um keine Beratung zu bekommen. Ich frage mich: Wieso gibt es eigentlich Beratungsstellen für Menschen, die hier geboren sind, die Deutsch sprechen, Beratungsstellen juristischer Art in allen Lebenslagen? Die brauchen auch eine Beratungsstelle, auch wenn man die Sprache kann. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie leben in einem Paralleluniversum!) Und wenn man sie als Zweit- oder Drittsprache dazugelernt hat, dann bedürfen (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ja, sie leben in einem Paralleluniversum!) diese Menschen einer besonderen Zuwendung und die Stadt hilft diesen Menschen auch auf Grund der Chancengleichheit (Heiterkeit bei der FPÖ.), die sie in dieser Stadt erhalten sollen.

 

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, hinter allen Hetzereien, hinter allen Unterstellungen an bestimmte Völker und Religionen steht Angst. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Die meiste Angst vor Ihnen!) Sie wird sogar ausgesprochen: Angst vor Umvolkung, Angst vor dem Aussterben, Angst vor fremden Sprachen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Vor Ihrer Politik haben die Menschen Angst!) Angst ist aber ein schlechter Ratgeber, denn erstens lähmt Angst und zweitens macht sie aggressiv. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie haben es vermasselt!) Der größte Feind der Angst ist Aufklärung und Kontakt. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Genau!) Durch das Reden kommen die Leute zusammen. (Die Rednerin sucht ihr Trinkglas auf dem Rednerpult.) Jetzt weiß ich nicht, welches mein Glas ist! (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Das vor Ihnen! Das vor Ihnen!) Nein, ich glaube, da hat der Kollege Herzog davon getrunken! – (Aufregung bei der FPÖ. – Heiterkeit bei der SPÖ.) Das stand da und jetzt steht’s da!

 

Es gibt keine einfachen Lösungen. Einfache Lösungen bringen nur noch schwierigere Probleme. Auch Integration ist nicht einfach. Darum setzt die Stadt bei ihren Hilfestellungen bei den unterschiedlichsten Lebensbereichen an, beim Arbeiten (GR Siegi Lindenmayr bringt der Rednerin ein Glas Wasser.) Danke, Herr GR Lindenmayr! (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Er kann das Wasser reichen!), beim Wohnen, im öffentlichen Raum, im Sport, in der Bildung und in der Kultur. Die Effekte sind in Wien sichtbar, deutlich sichtbar. Ein Drittel der Wienerinnen und Wiener hat Migrationshintergrund, aber Zustände wie in Paris mit seinen Vororten oder wie in manchen Teilen Londons sind bei uns undenkbar. Wer Grätzeln mit dunkelhäutigen Passanten oder mit fremden Sprachen als Ghetto betrachtet, sollte im Lexikon nachschauen, was ein Ghetto ist oder die Tageszeitung wechseln.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, der größte Feind des Guten ist das Bessere! Integrationspolitik in Wien ist ein ständiges Lernen und Verbessern. Dogmen gibt es nur in Glaubensfragen. Eine verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Politik braucht anpassungsfähige Strategien. Die Ziele bleiben aber die gleichen: Ein gutes Miteinander, Chancengleichheit und gegenseitige Rücksichtnahme. Und wer meint, nicht mehr lernen zu brauchen, der irrt. „Lernen Sie Geschichte, Herr Redakteur,“ hat Bruno Kreisky einmal einem Journalisten zugebrummt. Ein sehr, sehr guter Tipp! Hetze und Verfolgung hat es ja bei uns schon in besonders widerlicher und tödlicher Form gegeben, aber es gab eine interessante Ausnahme. „Wenn alle Juden so wären wie der Herr Dr Bloch, dann hätten wir kein Judenproblem.“ Das hat ein Mann gesagt, dessen Mutter von Dr Bloch in Linz fürsorglich gepflegt worden ist. Der Mann war Adolf Hitler. Nach dem Einmarsch in Österreich ist Bloch unter dem persönlichen Schutz Hitlers gestanden. Gleichzeitig hat Hitler Millionen Juden und andere Menschen vernichten lassen, die er und seine Gesinnungsfreunde für minderwertig gehalten haben. Das ist Geschichte, davon sollten wir lernen.

 

Und Menschen schaffen es auch heute, andere Menschen wegen ihrer Abstammung oder Religion für grundsätzlich böse, verlogen, faul, gefährlich und sonstwas zu halten. Am Stammtisch sind solche Reden schlimm genug. Schlimmer sind sie aber in der Politik, denn die hat dafür zu sorgen, dass die Menschen die Möglichkeit bekommen, einander besser zu verstehen und das wollen wir Sozialdemokraten. Je besser uns das gelingt, desto besser für die Stadt. Wir lernen vom Vorwärtsgehen dazu, zum Glück auch die anderen.

 

Ein Integrationsstaatssekretariat, wie von der ÖVP geschaffen, ist grundsätzlich eine sehr gute Idee. Damit hat das Kind einen Namen. Das Thema Integration bekommt dadurch gleichsam ministerielle Aufmerksamkeit. Aber ich schließe mich auch der Meinung meines Kollegen Stürzenbecher an, dass das Staatssekretariat bes

 

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