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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 164

 

Die Verantwortung dafür liegt naturgemäß bei der zuständigen Finanzstadträtin, Frau Mag Renate Brauner. Natürlich liegt aber die Verantwortung auch bei Herrn Bgm Dr Michael Häupl und bei der Wiener SPÖ, denen wir die genannten Funktionsträger - ich glaube, es ist jetzt nicht herabwürdigend, wenn ich das sage - zu verdanken haben.

 

Die Problemlösungskapazität des Herrn Bürgermeisters und seiner Partei, der SPÖ, hat sich bei der letzten Landtagssitzung anlässlich der Fragestunde zum Stabilitätspakt gezeigt, als ganz einfach mit Leugnen und mit der Behauptung, dass die festgestellten Fakten unwahr seien, reagiert wurde. Nun haben wir die Zahlen auf dem Tisch, die Fakten liegen auf dem Tisch: Alles, was in dieser Fragestunde von der FPÖ gesagt wurde, hat sich leider Gottes bewahrheitet!

 

Wir haben einen Schuldenstand von über 3 Milliarden EUR. Wir haben im Jahr 2010 233 Millionen EUR verspekuliert, meine Damen und Herren, und da nützt es auch nichts, wenn man davon schwärmt und sagt, nein, nein, das ist jetzt einmal nur in den Büchern so. - Die 233 Millionen liegen auf dem Tisch und sind festgestellt! Ich kann jetzt nur auf neue Spekulation hoffen, indem ich weiterspekuliere und eine neue Spekulationsrunde starte, dass das Geld irgendwie zurückkommt. Man wird in der Diskussion heute und morgen noch mehrere Male darauf zurückkommen, wie verwerflich eigentlich das Geld der Steuerzahler einfach hinausgeworfen wird.

 

An dieser Stelle - wenn man festgestellt hat, 233 Millionen EUR stehen als verspekuliert im Rechnungsabschluss, die Schulden sind explodiert - besteht Anlass für einen Kassensturz. In jedem Unternehmen würde man dann zum Finanzchef gehen, würde den Finanzchef zur Situation befragen und würde in den Büchern nachschauen, ob die Beurteilung durch den Finanzchef mit den Zahlen in den Büchern übereinstimmt.

 

Jetzt hat die Frau Stadträtin in ihrer Rede sehr wenige Zahlen genannt. Ich habe mir aber einige Stellungnahmen von ihr aus ihrer Rede aufgeschrieben, weil sie ja Hoffnung geben.

 

Wenn gesagt wird, der Jahresabschluss ist gut dokumentiert und nachprüfbar, wenn die Frau Stadträtin sagt, wir sind offen und transparent, dann möchte ich das gerne glauben. Wenn man an „Kontrolle", „offen", „Transparenz" denkt, dann fällt einem der Rechnungshof ein. Dann wird man den im Jahr 2010 erstellten Rechnungshofbericht zur Hand nehmen. Das ist der Bericht 2010/06 zur Haushaltsstruktur der Stadt Wien.

 

Dort liest man als Prüfungsziel des Rechnungshofes definiert: „Angesichts zunehmender Anforderungen an das öffentliche Rechnungswesen war das Prüfungsziel festzustellen, welchen Informationsgehalt die Rechnungsabschlüsse der Stadt Wien aufweisen." Dann kommt aber auch schon die ernüchternde Antwort: „Weiterentwicklungen des öffentlichen Rechnungswesens in Richtung einer integrierten Vermögens-, Finanz- und Erfolgsrechnung fand in den Rechenwerken der Stadt Wien noch keinen Niederschlag." Wir sprechen vom Jahr 2010!

 

„Diese ... boten über die tatsächliche finanzielle Lage und die Nachhaltigkeit der Haushaltsführung nur eine eingeschränkte Aussagekraft." Ja, das ist einmal etwas, da wird man schon leicht unruhig! Denn dann reicht der Verweis auf das Zahlenwerk in der Rede der Frau Finanzstadträtin nicht mehr so einfach, und man beschäftigt sich weiter mit dem Rechnungshof, weil es dort noch dicker kommt.

 

Über den im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Vermögensstand der Stadt Wien steht Folgendes drin - ich zitiere wörtlich, um Diskussionen darüber zu vermeiden, ob das stimmt, was man da sagt, ich zitiere immer wörtlich: „Der Vermögensstand wurde nur unvollständig abgebildet. Einige der in der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung ... vorgesehenen Nachweise stellten zwar Teilaspekte des Vermögens- und Schuldendienstes der Stadt Wien dar. Ein umfassender Überblick war aber dadurch nicht gegeben."

 

Nur zum Verständnis: Unter Vermögensstand wird auch der Schuldenstand verstanden, und in Wirklichkeit geht es, wenn man von der Verschuldung gehört hat, mehr um Schulden als um Vermögen. Der Vermögensstand wurde also „nur unvollständig abgebildet"!

 

Es geht weiter: Wir haben heute schon gehört, dass die Zahlen, die ohnehin nicht in den Mund genommen werden, die man dann aber doch erlesen kann - zum Beispiel die Schuldenzahl von über 3 Milliarden EUR -, ja nicht die Wahrheit sind. Jeder, der sich ein bisschen damit befasst, weiß - und besonders dann, wenn man verantwortlich ist, sollte man es wissen -, dass diese Zahl nicht die vollständige Zahl ist, weil es ja noch andere, ausgelagerte Betriebe der Stadt Wien gibt.

 

Um wiederum nicht eigene Interpretationen zum Besten zu geben, sondern neuerlich den Rechnungshof zu zitieren, zitiere ich aus demselben Bericht des Rechnungshofes: „Bei der Stadt Wien – Klammer: war - in den letzten Jahren eine vermehrte Übertragung von Aufgaben an ausgegliederte Gesellschaften zu beobachten. Damit einher ging auch die Zunahme der Bedeutung dieser außerhalb des Haushalts stehenden Bewirtschaftungsbereiche für eine gesamthafte wirtschaftliche Beurteilung ihrer Ergebnis- und Vermögensentwicklung."

 

Da würde man meinen, in demselben Atemzug, in dem man ausgliedert - mit welcher Begründung auch immer -, wird man dafür sorgen, dass der Überblick über das gesamte Finanzwesen der Stadt Wien gewahrt bleibt. Aber der Rechnungshof muss Folgendes feststellen: „In der kameralen Rechnungslegung der Stadt ist auch eine gesonderte Abbildung von ergebniswirksamen ökonomischen Sondereffekten nicht vorgesehen."

 

Das ist der Teil, der dann über die Beteiligungen hinausgeht. Zuvor lautet der Satz, der zu zitieren ist: „Konsolidierte Aufstellungen von Ergebnisdarstellungen sowie Schulden- und Vermögensdarstellungen der Stadt mit ihren Gesellschaften, Stiftungen und Fonds waren im vorherrschenden Prinzip der Einzelrechnungslegung nicht vorgesehen."

 

Das bedeutet, wir haben keine Konsolidierung, wir haben keinen Überblick! Wir haben heute schon gehört, dass allein Wiener Wohnen weitere Schulden in Höhe von 2,36 Milliarden EUR zu verzeichnen hat, die irgend

 

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