Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 164
Schulden steigen; 2010 um 2,4 Millionen EUR, wenn man die inneren Darlehen dazuzählt, also die Darlehen, die die Bezirke bei der Gemeinde intern aufnehmen müssen, insbesondere für die Schulsanierungen - ich komme noch dazu. Zwar haben es einige Bezirke geschafft, ihren Schuldenstand mehr oder weniger geringfügig zu verringern, und ich freue mich auch, dass es zwei Bezirke gibt, die schuldenfrei geworden sind, nämlich Mariahilf und Hernals, dafür sind aber leider zwei Bezirke dazugekommen, die neu verschuldet sind, nämlich Döbling und die Brigittenau. Insgesamt bleiben 17 Bezirke derzeit ohne Rücklage, sondern mit Vorgriffen, an der Spitze Hietzing, gefolgt von Favoriten, Simmering, Penzing. Das waren auch die vier Bezirke, die schon 2009 die am stärksten verschuldeten waren, nur eben in anderer Reihenfolge.
Die Verschuldung der Bezirke, meine sehr geehrten Damen und Herren, die derzeit bei etwas mehr als 50 Millionen EUR liegt, ist seit 2005 ebenfalls dramatisch gestiegen. Wenn man die Schuldenlast prozentuell weiterführt, dann ist das eine Zunahme der Schulden um 87 Prozent. Dadurch können die Bezirke die großen Brocken nicht mehr alleine bewerkstelligen, und der größte Brocken ist wohl in allen Bezirken die jeweilige Schulsanierung oder eben die Sanierung der bezirksansässigen Schulen. Das kann jetzt leider ohne weitere Hilfe durch die Gemeinde nicht mehr verkraftet werden. In manchen Bezirken muss bereits ein Drittel des Bezirksbudgets für diese Schulsanierungen aufgebracht werden.
Dass nur sechs Bezirke überhaupt Rücklagen anbieten können, ist aber, meine Damen und Herren - und das möchte ich auch ganz, ganz offen feststellen -, nicht die Schuld der Bezirke. Es gibt eben zu wenig Geld, und weil es zu wenig Geld gibt, muss man sich Gedanken machen, ob der Finanzierungsschlüssel noch ein wirklich tauglicher ist, wenn die Bezirke dann letzten Endes keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr haben.
Es wäre daher nötig, die Bezirksbudgets drastisch anzuheben. Und ich meine jetzt nicht die 1,8 Millionen EUR, die im Rechnungsabschluss 2010 ausgewiesen sind, sondern ich meine eine Anhebung der Bezirksbudgets um einen wirklich namhaften Betrag, sagen wir um ein Drittel oder wenigstens um 30 Prozent, wenn sich schon die Schuldenlast der Bezirke so dramatisch erhöht hat. Dass dabei in manchen Bezirken zumindest für Märkte, Straßenreinigung und so weiter weniger ausgegeben wird, das hilft jetzt nicht wirklich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen uns, oder vielmehr die Gemeinde Wien muss sich wirklich überlegen, ob man es nicht bald angeht mit einer Evaluation der Aufgaben der Bezirke, soweit diese Aufgaben eben die direkte Entscheidung der Bezirke betreffen. Denn manche Aufgaben, die den Bezirken seinerzeit, 1987 und knapp davor, übergeben wurden, sind absolut zu überdenken, weil sie, zu einem Teil zumindest, überholt sind. Es gibt Bezirke, in denen der einzige Markt geschlossen hat - Simmering zum Beispiel. Es gibt Bezirke, in denen Kanalbauten vervollständigt oder so gut wie vervollständigt sind - Simmering zum Beispiel. Es gibt aber vielleicht auch neue Aufgaben für die Bezirke. Diese zu erheben, wäre dann Sache der Gemeinde, sodass man wirklich von einer echten Dezentralisierung sprechen könnte.
Seit der Einführung der Dezentralisierung vor knapp 25 Jahren ist in diesem Bereich nicht wirklich etwas passiert. Die Gemeinde hat, schätze ich jetzt einmal, zirka tausend verschiedene Aufgaben. Die Bezirke haben, ohne dass ich es jetzt im Kopf geistig durchgehe, aber ich sage jetzt einmal, 20 Aufgaben. Das ist nur ein ganz, ganz geringer Teil der Aufgaben, die die Gemeinde hat. Da würden sich sicherlich mehr Aufgaben finden, die an die Bezirke abgetreten werden können. Aber wenn man schon dezentralisiert und wenn man den Bezirken dezentral Aufgaben übergibt, dann muss man, bitte, auch dafür sorgen, dass genug Geld vorhanden ist.
Bemerkenswert an der Wiener Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist - und ich gebe zu, das betrifft nicht nur Wien, aber wir sprechen jetzt nun einmal von Wien -, dass die Schulden der Gemeinde, wie gesagt, zunehmen, dass die Bevölkerung aber trotzdem immer stärker belastet wird. Diese Schere, wenn Sie so wollen, klafft auch auseinander - eine der vielen Scheren, die in unserem gesellschaftlichen Leben auseinanderklaffen. Dieses Zunehmen der Schulden und diese Belastung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger und Wählerinnen und Wähler resultieren zunächst einmal aus dem Belastungspaket des Bundes.
Dazu sage ich jetzt nur drei Worte und dann auch, was das mit Wien zu tun hat: Sie alle wissen, dass die Familienbeihilfe eingeschränkt und zum Teil auch gestrichen wurde. Sie alle kennen die Kürzungen beim Pflegegeld, bei den Stufen 1 und 2. Sie alle wissen von der Erhöhung der Tabaksteuer - ich weiß schon, man soll ohnedies nicht rauchen; das ist gescheiter, dann zahlt man auch keine Tabaksteuer; und die Schnupfer und so weiter sind bei uns doch eher selten. Sie wissen, dass die Pensionsvorsorge, die Pensionsversicherung der Selbstständigen insofern in Mitleidenschaft gezogen worden ist, als die Bundesleistung gesenkt wurde. Sie kennen auch die Flugticketabgabe und die Solidaritäts- ist gleich Bankenabgabe und den CO2-Zuschlag. Da brauche ich jetzt gar nichts dazu zu sagen.
Aber dieses Belastungspaket des Bundes, meine Damen und Herren, hat schon auch mit Wien zu tun. Wien kann nicht so tun, als würde Wien das gar nichts angehen und als wäre das sozusagen der böse Bund, der diese grauslichen Sachen macht, wodurch die armen Wienerinnen und Wiener belastet werden. Das ist ja nicht so, denn dieses Belastungspaket ist ja auch von den Landeshauptleuten mit ausverhandelt worden, und ich gehe jetzt einmal stark davon aus, dass der Herr Bürgermeister von Wien als Wiener Landeshauptmann da auch dabei war und dass der Herr Bürgermeister von Wien das mit ausverhandelt hat. Dieses Belastungspaket des Bundes hat also schon auch einen Wiener Hintergrund.
Das Zweite, und was uns jetzt viel, viel enger und näher betrifft, ist das Belastungspaket der Gemeinde Wien. Die Gemeinde Wien hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von Erhöhungen von Preisen, Abgaben, Gebüh
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