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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 164

 

gut so. Aber man soll sich gegenseitig respektieren und man muss auch einen gewissen Vergleich zulassen. Ich habe mir das schon gestattet. Das haben wir schon öfters gemacht. Die Freiheitlichen haben schon sieben Jahre lang Regierungsverantwortung gehabt. Keine Angst, ich werde jetzt keine Aufzählung machen. Das haben wir eh schon oft durchdiskutiert. Ich sehe schon freudiges Zunicken. Von Kärnten, glaube ich, kann Wien nicht viel lernen. Das ist eh schon alles gesagt worden: Wörthersee, Hypo, Notverstaatlichung und so weiter. In Wahrheit haben sie über die Verhältnisse gelebt und sie haben wenig Handlungsspielraum. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe schon mitbekommen, dass sich der Parteivorsitzende der FPÖ, was durchaus legitim ist, schon als Bundeskanzler ausgerufen hat. Trotzdem ist es natürlich durchaus legitim, darüber nachzudenken, was kommen könnte. Wird dann der Honig für alle fließen? Das heißt, wir alle werden weniger Steuern zahlen, die Krankenkasse wird es gratis geben, die Pensionen werden verdoppelt, die Mehrwertsteuer wird gesenkt, es wird alles billiger, weil Strom auch nichts mehr kosten darf? Da habe ich mir schon Gedanken darüber gemacht, wie das denn sein könnte. Ich habe schon gesagt, Kärnten brauchen wir sicher nicht. Aus den sieben Jahren Regierung habe ich meinen Erfahrungsschatz mitgenommen.

 

Auf eines bitte ich aber schon zu achten, und das haben auch die Österreicherinnen und Österreicher gespürt und haben es bekannt gegeben, in einer Umfrage bewertet: In der Personalpolitik sollte man schon ein bisschen aufpassen. Jetzt rede ich nicht von Grasser oder Meischberger, weil ich glaube, das ist etwas Einzigartiges, was hier im Finanzbereich passiert ist. Es gab auch andere, die kurzerhand wieder zurückgetreten sind, einen Justizminister, weil er seinen Jaguar nicht gekriegt hat, Sozialminister sind gekommen und gegangen. Bei der Infrastruktur war überhaupt eine Inflation. Insbesondere haben in sieben Jahren neun Minister einfach gewechselt.

 

Was mir aber Sorge macht, und das habe ich auch als Betriebsrat und als Gewerkschafter miterlebt, ist, wer kritisiert, wird geschwächt. Heute ist hier von Mobbing gesprochen worden. Ich kann mich schon daran erinnern, als versucht wurde, die Sozialpartnerschaft zu zerschlagen oder wie man der AK angedroht hat, 40 Prozent ihrer Umlage einfach wegzunehmen.

 

Aber was könnte noch kommen? Dass die Krankenkassen wieder geschwächt werden. Wir wissen, dass alle Leistungen teurer werden, weil es eben eine Inflation gibt. Wenn man den Krankenkassen nicht mehr Geld gibt, dann werden wahrscheinlich zwangsläufig die Leistungen für die Versicherungen weniger werden. Davon, eine Höchstbemessungsgrundlage aufzumachen, so wie bei den Beamtinnen und Beamten, wird nicht gesprochen, weil da könnte man wahrscheinlich einiges für die Zukunft hintanhalten und besser gestalten. Ambulanzgebühren werden Sie sicher nicht einführen, weil die Freiheitlichen, wenn sie ans Ruder kommen, haben da, glaube ich, vom Gericht gelernt. Aber was kommen könnte, ist zum Beispiel der Eingriff bei Lehrlingen, Probezeit verlängern, Behaltepflicht verkürzen. Das könnte durchaus vor sich gehen. Natürlich wird es einige Steuern- und Abgabenerhöhungen geben, auf Energie, auf PKW und so weiter und so fort. Wahrscheinlich würde auch bei den Pensionen gespart werden. Warum müsste das so gemacht werden? Weil das ganze System ein kommunizierendes Gefäß ist. Wenn du etwas einnimmst, dann kannst du etwas ausgeben. Aber wenn ich eine Flat Tax mit wenig, von 19 bis 25 Prozent, finanzieren möchte – Irland hat übrigens in schweren Zeiten auch Schiffbruch erlitten –, dann muss ich jemand anderem irgendwo irgendetwas wegnehmen. Wir wollen nicht, dass man nur die Reichen entlastet, weil nichts anderes ist das. Es gäbe noch viel mehr in diesem Bereich zu sagen, ich will das aber nicht weiterführen.

 

Aber auch die ÖVP, meine sehr verehrten Damen und Herren, nur kurz noch angesprochen, findet einen politischen Zugang. Wie könnte man in der Zukunft im sogenannten „Rausverkauf" weitermachen? Jetzt ist eh bald der Sommerschlussverkauf. Da gibt es Forderungen. Heute sind wieder die Friedhöfe gekommen. Monopol habe ich gehört. Man braucht aber nur im Internet zu googeln, dass sich neben der Wiener Bestattung noch sechs andere Unternehmen auf dem Wiener Markt bewegen, plus die zwei, die durch das Angebot der Privaten die Wiener Bestattung gekauft hat. Als zweiten Punkt haben wir den Wiener Hafen. Lauter Filetstücke. Natürlich privatisiert man das gerne, weil Verluste sozialisiert man. Aber warum sollen wir den Wiener Hafen, ein Herzstück von uns, privatisieren? Er liefert doch jedes Jahr Geld in die Holding, wie die Friedhöfe in die Wiener Stadtwerke, meine sehr verehrten Damen und Herren.

 

Genauso wäre es unsinnig, wie ich auch schon von der FPÖ gehört habe, dass wir den Flughafen privatisieren, der jährlich, glaube ich, eine zweistellige Millionenzahl ins Wiener Budget fließen lässt. Bei 200 Millionen EUR braucht man sich nur auszurechnen, wie lange es dauert, bis sich das amortisiert hat. Wir haben ja schon schlechte Beispiele gehabt. Über die BUWOG rede ich gar nicht mehr. Ein schlechtes Beispiel war die ATW. Das hätte jeder um das Geld, um das Cash, wie das verschenkt worden ist, gemacht. Das hätte man auch bald kaufen können, weil in drei bis vier Jahren hat sich das amortisiert. Was dabei herausgekommen ist, wissen wir. Ich glaube, das wissen Sie alle. Es gibt halt keine Jobs mehr und es gibt eben keinen Beitrag mehr, wenn es uns schlecht geht.

 

Geschätzte Damen und Herren, es gäbe noch einiges zu den Gebühren zu sagen. Was zum Beispiel auch gekommen ist, ist, wenn man die Gebühren so gestalten würde, dass sie deckungsgleich sind. Das wissen alle, die sich ein bisschen mit Finanzpolitik beschäftigen. Sie sagen immer, die sind überdeckt. Derzeit schießt aber die Stadt Wien, weil sie unterdeckt sind, summa summarum zirka 600 Millionen EUR hinzu. Das hat der ÖVP schon im Wahlkampf nicht gut getan, dass man eine Gebührensenkung gefordert und darauf gedrängt hat. Eine qualitativ gute Dienstleistung kostet auch ihren Preis, geschätzte Damen und Herren. Das wissen wir von anderen Staaten, dass das Geld kostet. Wenn etwas

 

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