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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 112 von 164

 

Grund ihres Namens zum Zug kommen. Das kann sein!

 

Ein anderer Grund kann natürlich sein, dass der Jugendliche wirklich nicht über genügend Qualifikationen verfügt. Auch das ist mir bewusst. Mir sind auch Jugendliche bekannt, die eine Leseschwäche haben, die beim Schreiben grammatikalische Fehler machen und die Unterstützung brauchen, damit sie im Leben weiterkommen können. Und wenn man diesen Jugendlichen einfach eine auf den Deckel haut und – wie es die Freiheitlichen tun – sagt, der kann ja nicht Deutsch, das ist der Grund, warum das so ist!, dann ist das einfach zu kurz gegriffen. Warum? – Ein Jugendlicher ist nämlich nicht nur ein Schüler, sondern ein Jugendlicher ist auch ein Familienmitglied und ein Mensch, der einen Freundeskreis hat, und ein Jugendlicher ist auch ein Konsument.

 

Wenn etwas in der Schule nicht stimmt, dann ist natürlich die Schule heranzuziehen und zu kritisieren. Ich sage das ganz offen. Wenn wir heutzutage nach wie vor Probleme mit der Bildung von Jugendlichen haben, dann müssen wir uns fragen, ob das bisherige Bildungssystem den entsprechenden Erfolg ermöglicht oder nicht.

 

Und wir von Rot-Grün sagen, das bisherige Schulsystem bringt nicht den erwünschten Erfolg, daher gehen wir andere Wege. Und Gesamtschulen oder Ganztagsschulen sind einer dieser Wege, und verpflichtende Kindergartenjahre sind ein weiterer Vorschlag, den auch Ihr Staatssekretär nach dem Vorbild der Wiener Stadtpolitik aufgegriffen hat. Ich werfe ihm kein Plagiat vor. Ich möchte auch nicht, dass er sagt, dass das eigentlich die Roten und die Grünen in Wien gemacht haben. Er soll ruhig etwas Richtiges machen, denn das ist wichtig für die Menschheit!

 

Damit ich den Faden nicht verliere: Mann muss also im Bildungssystem etwas tun, und zum Zweiten müssen wir auch darauf achten, dass jene Jugendlichen, die in der Konsumgesellschaft nicht zum Zug kommen, sich nicht die Diskotheken leisten, in denen sich Herr Strache ständig aufhält und den Jugendlichen den Alkoholkonsum schmackhaft machen will beziehungsweise mit ihnen anstößt und so weiter.

 

Das ist nicht mein Zugang zu Jugendlichen! (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Ich bin nicht gegen Alkohol. aber ich meine, es ist nicht der Weg eines Politikers, sich in irgendwelchen Diskotheken herumzutreiben, um die Jugendlichen für sich zu gewinnen. (Weiterer Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Nein! Vielmehr müssen wir uns darum kümmern, dass Jugendliche, die sich die höhere Konsumgesellschaft nicht leisten kommen, weil sie zu wenig Einkommen beziehungsweise zu wenig Taschengeld haben, von der Stadt aufgefangen werden.

 

Die niedergelassenen Einrichtungen der Stadt, Jugendzentren, Jugendtreffpunkte und sonstige Einrichtungen der Gemeinde Wien, dienen dazu, dass diese Jugendlichen eine Stätte bekommen, wo sie ihre Freizeit ohne Konsumzwang gestalten können, und ich bin froh, dass hier nicht der Sparstift angesetzt wurde und dass dieser Bereich nicht verringert, sondern erhöht wird beziehungsweise diesem Bereich von der Politik ein höherer Stellenwert gegeben wird.

 

Herr Aichinger! Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Ich bin jedes Wochenende bei irgendeiner Veranstaltung von sogenannten Menschen mit Migrationshintergrund, und ich werde – und das ist jetzt meine Bitte, vielleicht können wir uns nachher darüber unterhalten – von sehr vielen Jugendlichen angesprochen, die höhere Abschlüsse haben und Ingenieure, Maschinenschlosser, HTL-Absolventen oder Wirtschaftsuniabsolventen sind und keinen Job bekommen, obwohl sie bereits seit mehreren Jahren Jobs suchen. Daher mein Vorschlag an Sie: Gehen wir die Sache einmal gemeinsam an, vielleicht finden wir für den einen oder den anderen eine Möglichkeit!

 

Was tut die Wiener Jugendarbeit sonst? – Die Wiener Jugendarbeit setzt auf die Stärken der Jugendlichen. Sie, versucht, die Schwächen der Jugendlichen zu reduzieren und die Stärken der Jugendlichen aufzubauen. Eine dieser Stärken ist die Neuentdeckung des Marktes im Sinne einer interkulturellen Entwicklung. Die Wirtschaftskammer hat diesbezüglich gehandelt, hat Plakate in unterschiedlichen Sprachen gemacht und auch eine Homepage errichtet. Das Projekt heißt „Vielfalt schätzen. Vielfalt nutzen!“.

 

Der zukünftige Markt ist interkulturell besetzt. Warum? – Weil Wien eine Drehscheibe nach dem EU-Beitritt Österreichs in der geographischen Lage geworden ist. Von Wien aus werden sehr viele Impulse in die Welt gesetzt, und zwar nicht nur innerhalb der Europäischen Union.

 

Schauen wir uns einmal das Projekt Nabucco an! Ich bin kein Freund von Nabucco, aber um gewisse Dinge zu erklären, können wir es uns ja einmal anschauen. – Nabucco hat eine Grenze, die die Türkei durchläuft, der Iran und Aserbaidschan werden auch noch angeschlossen, und dann geht es durch alle europäischen Länder hindurch bis nach Wien. Die österreichischen Unternehmen werden daher Menschen brauchen, die sich mit der Kultur dieser Länder auskennen. Dazu brauchen wir nicht extra Fortbildungen machen, denn wir haben diese Leute da! Wir brauchen Leute, die die Sprache dieser Länder können, und die haben wir hier auch, und wir brauchen auch Leute, die eine Verbindung zwischen den beiden Ländern auf Grund ihrer historischen Entwicklung herstellen können. Das ist eine Humanressource, die in Wien und sonst nirgends vorhanden ist, und ich plädiere dafür, dass wir diese Ressource aufgreifen, damit wir den interkulturellen Markt erweitern können!

 

Ich appelliere auch an die FPÖ: Seien Sie nicht gegen unterschiedliche Sprachen! Jeder Wiener und jede Wienerin würden in Wien einen Job bekommen, wenn sie hier in Wien ansässige Sprachen lernen würden. Warum soll nicht jeder Wiener und jede Wienerin zusätzlich zu Deutsch Türkisch oder Serbokroatisch oder Afghanisch können? (Zwischenruf von GR Dr Wolfgang Aigner.) Ich sage: Zusätzlich zu Deutsch! Deutsch ist die gemeinsame Sprache. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich werde auf Ihre Provokationen nicht eingehen! Wir reden miteinander Deutsch, sonst funktioniert es ja nicht! Es würde in der Gesellschaft auch nicht funktionieren, aber ich möchte Ihren Horizont erweitern. Die Erweiterung des

 

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