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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 113

 

schaftliche Studien gelesen, die belegen, wie wichtig es ist, dass man schon intrauterin, also wenn das Kind noch nicht geboren ist, die nötige Kompetenz an die Eltern und insbesondere an die Mutter vermittelt, dass Krankheit nicht entsteht. Kinder, die im Uterus mangelernährt werden, und Kinder, die bei der Geburt schon unter Stresssituationen sind, beginnen eine Karriere der gesundheitlichen Benachteiligung, und das kann insofern Kettenreaktionen nach sich ziehen, als aus der einen Benachteiligung die nächste erwächst: So wird zum Beispiel aus frühen kindlichen Erkrankungen ein verspäteter Schuleintritt oder eine Benachteiligung, die es dem Kind nicht erlaubt, am Regelschulwesen teilzunehmen und, und, und.

 

Wir wissen, dass Frühsterblichkeit und Krankheitsanfälligkeit ganz klar an den sozialen Status gekoppelt sind. Menschen der untersten Bildungs- und Einkommensschicht sterben signifikant früher, sind häufiger krank und haben durch die Krankheit wesentlich weniger berufliche und soziale Möglichkeiten als alle anderen. Es ist schlimm genug, dass die Kranken und früh Sterbenden am unteren und die Gesunden am oberen Ende sind, aber dieses Verhältnis dekliniert sich auch praktisch stufenweise durch alle sozialen Schichten.

 

Prävention kommt oft leider – und das ist gar nicht böse gemeint! – eher dort an, wo die Leute eh schon kompetent sind, gesund essen, Sport betreiben, einiges für sich tun, zum Beispiel jetzt auch noch ins Rathaus zum Gesundheitstag gehen et cetera. Das ist für diese Leute auch gut, aber wir sollten uns doch um diejenigen kümmern, die all das nicht bekommen. Im Hinblick darauf sind Gesundheitstage wichtig, aber sie sind nicht das Einzige. Solche Maßnahmen sind im Sinne der von dir eingemahnten Nachhaltigkeit oft gut gemeint, aber zu kurz gegriffen.

 

Darum geht es, und jetzt komme ich wieder zu diesem Projekt zurück, dass wir nämlich dort anfangen müssen, wo das Kind – um bei einem Bild zu bleiben – noch nicht in den Brunnen gefallen ist. Wir müssen dort ansetzen, wo man Mütter unterstützen kann, und so haben es die Frauen auch erlebt: Da kommt einmal jemand von der Stadt, der nicht Behörde ist, keine Vorwürfe macht, straft, ausweist oder Ähnliches tut, sondern der sagt: Ich bin dazu da, um dir und deinem Kind zu helfen und dich zu unterstützen.

 

Ich glaube, ich habe es hier schon einmal erzählt: Das für mich drängendste Beispiel dafür war, dass ein kleiner Bub durch Fehlernährung in eine lebenslange Behinderung gekippt ist. Und der kleine Bruder war auf demselben Weg, weil die Mutter durch ihre fehlende Gesundheitskompetenzen nicht gewusst hat, wie wichtig es ist, dass man eine ziemlich banale Diät gibt, und dass nur eine Umstellung der Ernährung bewirken kann, dass diese Behinderung verhindert wird.

 

Und wenn eine solche Frau sagt: Ich weiß nicht, wer das erfunden hat, ich weiß nicht, wer gesagt hat, dass jemand kommen soll, aber es war eine gute Idee!, dann sieht man, dass man Menschen auch dort abholen kann, wo sie sind und nicht darauf warten muss, bis auch ökonomisch wesentlich höhere Spitalskosten und Heilungskosten entstehen.

 

Das heißt: Gesundheitsförderung ist nicht nur Aufgabe der Gesundheitsstadträtin. Es ist dies klarerweise ein Auftrag für die Sozialstadträtin, aber auch für das Bildungsressort, für die Verkehrs- und Umweltpolitik, für die Arbeitsmarktpolitik, also für alle impliziten Gesundheitsfelder. Wenn Menschen aus einer Stresssituation herauskommen, die sie in eine Spirale der Armut und Krankheit bringt, dann haben wir für unsere Stadt etwas gewonnen. Und daher ist es mir wichtig, dass wir, so sehr wir unter Kostendruck sind, durch kluges und vernünftiges Wirtschaften – was auch bedeutet, alte Zöpfe abzuschneiden – ein Stück im Budget für diese Dinge frei machen, und zwar nicht nur im Gesundheitsbudget, sondern da will ich – und wollen mit mir viele Grüne – wie eine Wanderpredigerin in allen Budgets herumkommen, um das zu erreichen.

 

Es ist wirklich unfassbar, wenn ein Viertel der jungen Leute zu dick beziehungsweise adipös sind! Das ist schrecklich, das kann nicht gut enden! Das endet sicherlich in Diabetes, Gelenkschäden und so weiter.

 

Aber es nützt überhaupt nichts, den Zeigefinger zu erheben. Mein Sohn hat immer gefragt: Ist das Essen heute gut oder gesund? Und das war natürlich für mich eine Niederlage, denn „gesund“ hatte zur Folge, dass es hieß: Ich habe keinen Hunger! – Das Essen muss also gut und gesund sein.

 

Genauso verhält es sich auch bei der Bewegung. Wenn im Turnsaal verordnet wird, dass man im Kreis rennen soll, denn schlapft man hinterher, so wie wir hinterhergeschlapft sind. Bewegung muss also Spaß machen, und das bedeutet etwas für unsere Spielplätze und für unsere Radwege. Ich bin eigentlich ein Sportmuffel, aber ich liebe es, jeden Tag mit dem Rad in die Stadt zu fahren. Das ist mein Arbeitsweg, und ich will ihn eigentlich nur mehr mit dem Rad zurücklegen! Und ich tue das nur, weil es mich freut. Wenn es nämlich nur gesund wäre, würde ich mit der U-Bahn fahren, dann wäre mir das zu blöd.

 

Und so muss es sein! Die Jugendlichen müssen das Gefühl haben, dass Bewegung urcool ist. Ich wohne in Hadersdorf, da ist Hütteldorf nicht weit, und dort gibt es hinter dem Bauhaus eine super coole Skater-Bahn, und wenn man in der Früh zum Merkurmarkt einkaufen geht, dann sieht man oft schon die Jugendlichen mit den Skateboards kommen. Sie sind dann ziemlich eilig unterwegs, und am Abend sieht man sie ziemlich fertig und verschwitzt wieder heimfahren. Ich meine, wir brauchen mehr solche Orte, wo es cool ist, sich zu bewegen! – Man darf nicht den moralischen Zeigefinger erheben, sondern man muss Lebensqualität anbieten, ohne dass dann gefragt wird, ob das gesund oder gut ist.

 

Ich will mich aber nicht verschließen, dass wir auch über den Krankenanstaltenverbund und den Reformbedarf reden. Ich habe schon darüber gesprochen, dass wir uns mit der Spitalsreform 2030 viel vorgenommen haben. Das kann nicht schon heute umgesetzt sein, manches wird morgen in Angriff genommen, vieles dann halt aber in Jahresschritten.

 

Parallel dazu und integriert findet auch eine Struktur

 

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