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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 113

 

2010 wurde – und auch hier gibt es keinen Stillstand – die Kirche St Rochus und Sebastian im 3. Bezirk restauriert. Ferner wurden das Innere der Jubiläumskirche auf dem Mexikoplatz und der Bergkirche Rodaun, das Dach der Pfarrkirche Am Tabor sowie Dach und Fassade der Kirche St Georg im 19. Bezirk restauriert. – So viel zu den Kirchen. Wie Sie sehen, hat das rote Wien auch keine Berührungsängste mit Kirchen! Kirchen sind ein wertvolles Bauerbe, das für Wien gesichert und erhalten wird, das ist völlig klar.

 

Zu den Profanbauten: Ich nenne zunächst die alten Gruftarkaden auf dem Zentralfriedhof in Simmering. Deren Restaurierung war mir ein besonderes Anliegen. Wer kürzlich auf dem Zentralfriedhof war, konnte diese Gruftarkaden besichtigen: Es handelt sich um wunderbare Backsteinbauten, die hier zu finden sind. Weiters erfolgte die Wiederherstellung von Fassaden einer Jugendstilvilla in Hietzing, eines Biedermeierhauses in Döbling und einer Gebäudeindustriearchitektur auf dem ehemaligen Schlachthof St Marx. Außerdem nenne ich die Wiederherstellung von Originalfassaden in der Loos-Siedlung im 17. Bezirk und die Renovierung von Außenfassaden und des bedeutenden Deckenfreskos im Baumgartner Casino im 14. Bezirk.

 

Herr Ebinger! Das nennen Sie Stillstand? – Sie mögen sich vielleicht den Kulturlotsenbericht durchgelesen haben, aber das, was der Altstadterhaltungsfonds für Wien leistet, haben Sie sicherlich nicht durchgelesen, denn sonst könnten Sie nie und nimmer von einem Stillstand sprechen!

 

Über den Altstadterhaltungsfonds konnten seit 1972 über 215 Millionen EUR für 4 200 Objekte in Wien zur Verfügung gestellt werden. Dazu zählen selbstverständlich auch kleine Objekte. Es geht in diesem Zusammenhang aber auf jeden Fall um den Erhalt von Kulturgut im öffentlichen Raum, wo all die Ästhetik und das traditionelle Bauerbe dieser Stadt erleben können. Es geht also um die Sichtbarmachung der reichen Wiener Baukultur der verschiedensten Epochen. Dazu zählen auch die Sicherung zahlreicher Denkmäler, Ehrengräber, jüdischer Gräber und Gedenktafeln.

 

Die Erinnerungskultur in Wien findet allerdings nicht nur über den Altstadterhaltungsfonds statt, sondern auch über die Bezirksmuseen. Erfreulich ist etwa auch für den Bezirk Simmering, dass das Bezirksmuseum in einer gemeinsamen Anstrengung von Stadt und Bezirk jetzt generalsaniert wird. Ich glaube, die Zeit ist schon sehr reif dafür, man mag diese Generalsanierung auch als überfällig bezeichnen.

 

Auch wir kochen nur mit Wasser, es wird in Wien eben eines nach dem anderen finanziert. Gott sie Dank haben wir in Wien keine Hypo Alpe-Adria! Wir haben saubere Stadtkassen. In Wien wird auf das Geld der Steuerzahler geschaut, und daher ist das Bezirksmuseum Simmering eben erst jetzt an der Reihe. Das ist keine Utopie, das nimmt heuer noch ganz klare Formen an, und das ist erfreulich! Ich bin schon neugierig, wer von Ihnen bei der Eröffnung des Bezirksmuseums mit dabei sein wird, vielleicht kommt auch Frau Leeb doch einmal zu einer Kulturveranstaltung! Ich werde die Ehre haben, Sie persönlich zur Eröffnung des Bezirksmuseums Simmering einladen zu dürfen, vielleicht haben Sie doch Interesse! Man soll die Hoffnung nicht aufgeben!

 

Ein weiterer bedeutender Aspekt von Kultursicherung ist die Wiener Straßenbenennung. Diese erfüllt nicht nur den Zweck einer eindeutigen und klaren Orientierung in dieser Stadt, sondern das ist auch gelebte Erinnerungskultur. Man erinnert sich an Ereignisse, an Stadtgeographie, an Flurnahmen und Heimat, besonders aber auch an verdiente Wienerinnen und Wiener, an Menschen, die sich für diese Stadt eingesetzt haben, also auch an Wiener Lebensgeschichten.

 

Wenn wir aber von Teilnahme am Kultur- und Wissenschaftsleben in der Stadt sprechen, dann darf eine Einrichtung nicht übersehen werden, die es schon seit knapp 25 Jahren gibt, nämlich die Wiener Vorlesungen. Mit den Wiener Vorlesungen zeigt Wien, wie die Vermittlung von Wissen und Wissenschaft auf anspruchsvolle und gleichzeitig niederschwellige Weise stattfinden kann.

 

Christian Ehalt hat die Wiener Vorlesungen vor 25 Jahren gestartet. Seitdem waren über 3 000 Personen aus Wissenschaft und Fachbereichen bei über 1 100 Veranstaltungen. Diese sind offen für alle, und der Eintritt ist frei. Das nennen Sie Stillstand, Herr Ebinger? Diese klaren Zahlen der Wiener Vorlesungen bezeichnen für mich keinen Stillstand! Ich nenne die Wiener Vorlesungen ein Dialogforum von Wissenschaft, Fachbereichen und Bevölkerung, welches das Wiener Klima der Offenheit und der gelebten Auseinandersetzung mit Wissenschaft und geistigem Fortschritt nachhaltig prägt. Der Leiter des Wissenschaftsreferates der Kulturabteilung, Kollege Ehalt, sei – wie bereits geschehen – stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kulturabteilungen der Stadt, die sich darum verdient machen, erwähnt. Nicht nur dafür, dass Kulturpolitik umgesetzt und Kulturarbeit geleistet wird, sondern auch für das herzliche Engagement und die soziale Einstellung, dass Kultur auch sozial unterprivilegierten Schichten offen stehen soll, bedanke ich mich vielmals. Dieses Verständnis ist bei den Mitarbeitern der Kulturinstitutionen der Stadt sehr groß, und für diesen Einsatz und diese Haltung möchte ich ein ausgesprochenes Dankeschön aussprechen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich komme nun noch zu einem Punkt, zum Finanziellen: Das Finanzielle kann oft eine Barriere für Menschen sein, um kulturell aktiv zu werden. Das möchte ich jetzt noch ansprechen. Es gibt viele Menschen, die schon Interesse an Kultur entwickelt haben, die Kunstverständnis haben und gern aktiv sein wollen, bei denen also der Hunger auf Kunst und Kultur sozusagen schon gegeben ist, bei denen dann aber die Eintrittspreise doch eine Barriere darstellen. Im Hinblick darauf hat die Stadt Wien schon vor einigen Jahren den Kulturpass für sozial Benachteiligte eingeführt. Ich möchte daran erinnern, dass das Schauspielhaus und die Armutskonferenz diesbezüglich eine beispielhafte Aktion gesetzt haben. Das war ursprünglich nicht die Idee der Wiener Kulturpolitik, aber die Wiener Kulturpolitik und StR Andreas Mailath-Pokorny waren so offen und flexibel, diese Idee aufzugreifen, für die Stadt zu gewinnen und umzusetzen.

 

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