Gemeinderat, 12. Sitzung vom 23.09.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 47
Darüber kann man politisch diskutieren. Und ich weiß nicht, ob es Ihnen bereits aufgefallen ist: Bei den Inseraten hat es schon heuer weniger Eigenwerbung gegeben. Und Sie können überzeugt sein: Nächstes Jahr wird weiter reduziert, und nächstes Jahr wird das auch erheblich transparenter. Wir können nicht innerhalb eines Jahres alles verändern. Aber das ist uns ein Anliegen, insbesondere weil wir die Budgetknappheit sehen.
Aber Sie wollen im Kindergartenbereich sparen, und Sie wollen bei der Schule sparen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie wollen Containerklassen!) Sie wollen bei den Wohnungen sparen. Aber dann können Sie doch nicht der Gemeinde Wien ständig das Geld wegnehmen!
Jetzt komme ich zu einer ganz wesentlichen Frage, die wir auch heute einmal erörtern sollten, und ich würde mir wünschen, dass da die vereinigten Oppositionsparteien vielleicht einmal lauter aufschreien. – Wer sind die Abzocker in diesem Land? Und jetzt kommen nicht die Banken, die kommen vielleicht nebenbei. (GR Johann Herzog: Die kassieren sehr wohl ab!) Wer sind in Österreich die Parteien der Hausbesitzer? – Die ÖVP und die FPÖ! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie sind ... (GR Mag Wolfgang Jung: Wohnen Sie in einer Gemeindewohnung?)
Die Kosten für die Wohnungen der Gemeinde Wien steigen im Großen und Ganzen um die Inflationsrate. Bei den Wohnungen auf dem privaten Wohnungsmarkt explodieren die Mietkosten. Sie sind diejenigen, die die Mieter und Mieterinnen abzocken und jede Mieterhöhung auf dem privaten Wohnungsmarkt ist schlimmer als jede Gebührenerhöhung von Gemeinden!
Reden wir tatsächlich übers Wasser und über andere Gebühren, bei denen es etwa 5-prozentige Erhöhungen gibt. – Wie Sie wissen, sind die Preise auf dem privaten Wohnungsmarkt in den letzten 3 Jahren in Wien um ungefähr 20 Prozent gestiegen. Jede Mieterhöhung der privaten Hausbesitzer kostet jeden einzelnen Mieter im Schnitt 1 400 EUR im Jahr. Das ist Geld, das nur ins Sackel der Hausbesitzerparteien ÖVP und FPÖ läuft! Und dann stellen Sie sich heraus und spielen Robin Hood, obwohl Sie die Menschen permanent abzocken! Das ist tatsächlich verwerflich. Ihnen ist die soziale Situation in Wien vollkommen egal! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Dann reden wir doch tatsächlich über die Steuer- und Budgetpolitik. Ich habe es vorhin schon kurz erwähnt: Wir haben momentan eine Steuer- und Abgabenquote von knapp 42 Prozent. Wie Sie wissen, lag diese unter Blau-Schwarz bei über 44 Prozent, und über den Daumen gerechnet sind 2 Prozent des BIP Steuereinnahmen für den Staat – die dann wieder dem Finanzausgleich unterliegen – von 6 Milliarden EUR mehr. Das österreichische Budgetdefizit wäre dann entsprechend geringer und die Situation der Gemeinden um ein Vielfaches leichter. Es geht immer darum, wer Steuern bezahlt. Sie haben zu Recht beide angemerkt, dass man nicht eine Situation herbeiführen darf, in der vorwiegend die unteren Einkommensschichten belastet werden. Wenn aber eine Rechnung präsentiert wird und auch bezahlt werden muss: Sollen in dieser Situation tatsächlich diejenigen, die große Vermögen und große Vermögenszuwächse haben, geschont werden?
Schauen Sie sich doch an, wie die Entwicklung der letzten Jahre trotz Krise war! – Wir haben es in den vergangenen Sitzungen, aber auch öffentlich wirksam gehört, ich erwähne etwa den Valluga-Report oder den Global-Wealth-Report et cetera. Wessen Einkommen sind gestiegen? Wessen Vermögen sind gestiegen? – Diejenigen der obersten 10 Prozent, unter anderem die Vermögen der „Was ist meine Leistung?-Leistungsträger“, etwa eines Martin Graf, der Abfertigungen kassiert hat und so weiter. Die Vermögen der angeblichen Leistungsträger sind gestiegen, die spekulieren und damit die Welt an den Abgrund führen.
Daneben gibt es wirklich Leistungsträger – das stimmt –, und zwar sowohl unter den oberen 10 Prozent und vorwiegend bei den unteren 90 Prozent, die tagtäglich ihre Leistung bringen, zum Beispiel im Supermarkt, wo sie arbeiten und ihre Leistung bringen, in handwerklichen Berufen oder als Lehrer und Lehrerinnen. Das sind die Leistungsträger dieser Gesellschaft!
Wir haben jetzt die Möglichkeit, diese Rechnung, die uns präsentiert wird, aufzuteilen. (GR Johann Herzog: Alle müssen Gebühren zahlen!) Die entscheidende Frage ist: Zahlen den Großteil dieser Rechnung die 90 Prozent oder die 10 Prozent? (GR Johann Herzog: Sie belasten die Massen und nicht Wlaschek!) Ich sage es ganz offen: Ich stehe dazu, dass die 10 Prozent diese Rechnung zahlen! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Zweifelsfrei!
Kommen wir jetzt zu Wien. Was ist der Unterschied zwischen 2008 vor der Krise und heute? (GR David Lasar: Wir sind um zwei Jahre älter geworden!) Ja! Von 2008 bis 2011 sind es zwei Jahre! Das ist auch die Wirtschaftspolitik der FPÖ, ungefähr so wird gerechnet. Das stimmt, aber macht nichts, Kollege Lasar. Jung geblieben, ja.
Nichtsdestoweniger ist es Fakt, dass in dieser Zeit die Einnahmen weggebröckelt sind, und Fakt ist weiter – das müssten Sie aber eigentlich alle wissen –, dass Gemeinden wie die Gemeinde Wien keine eigene Steuerkompetenz haben. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: O ja, laut Rechnungshof schon!) Kollege Gudenus! Machen Sie sich nicht dümmer! Das ist nicht notwendig! Sie wissen, dass die Stadt Wien keine eigene Steuerkompetenz hat. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: De facto schon!)
Sie wissen, dass sich die Stadt Wien prinzipiell zu rund 80 Prozent oder – wenn man alle Transferleistungen, Ertragsanteile et cetera zusammenzählt, abgesehen von den Posten, die nicht Durchlaufposten sind – zu 70 Prozent vom Bund her finanziert. (GR Mag Wolfgang Jung: Wer ist denn seit zwei Jahren Kanzler?) Sie wissen, dass die Stadt Wien die Möglichkeit hat, Gebühren zu erhöhen, um eigene Einnahmen zu lukrieren beziehungsweise Leistungen zu verkaufen. Viel mehr Möglichkeiten hat eine Gemeinde nicht. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Gebühren sind selbstverständlich Steuern?)
Kollege Aichinger! (GR Mag Johann Gudenus, MAIS:
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