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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 23.09.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 47

 

der nächsten Generation meiner Ansicht nach nicht aufhalsen. Das wäre im Generationenvertrag sehr unsozial und ungerecht, meine Damen und Herren!

 

Meine Damen und Herren! Ich kann jemanden zitieren, der sicherlich sehr unverdächtig ist und sicherlich nicht der ÖVP, sondern eher der SPÖ nahesteht, nämlich Budgetsektionschef Dr Steger im Finanzministerium. Er sagt immer wieder: „Die Verschuldung ist eine Umverteilung von unten nach oben.“ Was meint er damit? – Es müssen ganz einfach die unteren Schichten die Zinsen zahlen, während die oberen Schichten davon profitieren. – Ich glaube, diese Aussage sollten Sie sich auch ins Stammbuch schreiben, meine Damen und Herren, um zu sehen, dass es so nicht weitergeht!

 

Wie Sie sehen, stehen wir einer konstruktiven Sachargumentation positiv gegenüber. Wir wollen dabei mitreden, wie es in diesem Land budgetmäßig weitergeht. Jedenfalls sind wir aber nicht für eine Belastungspolitik für die Wienerinnen und Wiener, denn das haben sie sich nicht verdient. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es ihm.

 

9.52.53

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich habe mir kurz überlegt, mit der Aussage zu beginnen, dass knapp 80 Prozent aller österreichischen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen vollkommen unfähig sind, weil es in knapp 80 Prozent aller Gemeinden Defizite gibt. Stimmt das? – Das stimmt natürlich nicht! Und ich füge ganz bewusst hinzu: Dabei ist es ganz egal, ob dort ein ÖVP-Bürgermeister oder eine ÖVP-Bürgermeisterin regiert, ein SPÖ-Bürgermeister oder eine SPÖ-Bürgermeisterin oder möglicherweise auch irgendwo ein FPÖler oder eine FPÖlerin.

 

Woran liegt das also? Woran liegt es, dass Österreichs Gemeinden durch die Bank verschuldet sind? Liegt es daran, dass alle handelnden Politiker und Politikerinnen, gleich welcher Fraktion sie angehören, keine Ahnung haben? Oder liegt es daran, dass wir entgegen den wirtschaftspolitischen Ausführungen meiner VorrednerInnen die schwerste Krise der letzten 50 Jahre durchmachen? Diese Krise bewirkte Einnahmenausfälle auf Gemeindeebene und Länderebene, und es gab Ausgabenexplosionen insbesondere im Sozialbereich und im Bildungsbereich.

 

Reden wir einmal – nur vorweg – darüber: Mit der Steuer- und Abgabenquote, die unter der blau-schwarzen Bundesregierung geherrscht hat, bräuchten wir in Wien keine Gebührenerhöhung. Das sagt noch nichts darüber aus, wer die Steuern zahlt. Aber mit derselben Steuer- und Abgabenquote wie unter Blau-Schwarz bräuchten wir keine Gebührenerhöhung. Das würde für Wien jährlich 500 Millionen EUR mehr bedeuten. Das sage ich nur, um die Sache wieder ins richtige Licht zu rücken.

 

Die Situation bei den Gemeinden ist dramatisch, das wissen Sie, und zwar in allen Gemeinden mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen. Ich nehme an, Sie lesen dieselben Zeitungen wie ich, und Sie bilden sich fort. Sie erkennen, dass die Einnahmen aus den Ertragsanteilen erst jetzt wieder die reale Größenordnung von 2008 erreichen. Gleichzeitig schlagen Sie in den unterschiedlichsten Anträgen, die es gibt, vor, die Stadt Wien möge zusammengerechnet auf mehrere 100 Millionen EUR verzichten. (GR Mag Wolfgang Jung: Rechnen Sie Ihre Anträge vom Vorjahr einmal zusammen!)

 

Ich habe aus der Opposition heraus oft genug auch die Sozialdemokratie kritisiert, in manchen Bereichen für Verschwendung, in manchen Bereichen für Freunderlwirtschaft, wofür auch immer. Etwas habe ich der Sozialdemokratie jedoch nie vorgeworfen, nämlich dass sie hunderte Millionen Euro verschwenden würde, weil das nicht gestimmt hat. Und es stimmt auch jetzt nicht! Wer der Meinung ist, die Stadt Wien möge hunderte Millionen Euro einsparen, der richtet das Sozialsystem in Wien zugrunde. Dafür stehen wir als GRÜNE mit Sicherheit nicht zur Verfügung! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Zwischenruf von GR Johann Herzog.) Ich komme noch darauf zu sprechen!

 

Sie sagen nicht, dass Sie bei der Gesundheit einsparen wollen. Selbstverständlich nicht! Wir alle miteinander wissen, dass im Wiener Gesundheitssystem und fraglos auch im österreichischen Gesundheitssystem Reformbedarf gegeben ist. Aber gerade vom Gesundheitssystem wissen wir, dass es unmöglich ist, eine große Reform innerhalb eines Jahres über die Bühne zu bringen. Darüber muss man hoffentlich mit Menschen, die von Wirtschaftspolitik, von Budgetpolitik, von öffentlichen Finanzen und von der Führung von öffentlichen Unternehmen eine Ahnung haben, nicht lange diskutieren!

 

Dazu kommt noch, dass im Gesundheitsbereich ungefähr die Hälfte aller Beschäftigten in Wien arbeitet, und wie wir wissen, stehen zum Beispiel jetzt Gehaltsverhandlungen an. Sind Sie der Meinung, dass man – so wie es dramatischer Weise in Griechenland geschieht – den Beschäftigten Geld wegnehmen soll? – Ich hoffe nicht! Eine Erhöhung wird also Geld kosten. Und ich sage es ganz offen: Ich würde mir wünschen, dass die Gehaltserhöhung in Wien zumindest bei allen Einkommen, die unter 2 000 EUR brutto liegen, zumindest die Inflationsrate abdeckt. Ich sage aber jetzt schon: Das wird sich wahrscheinlich auf Grund der Situation der öffentlichen Finanzen nicht ausgehen. Das ist bedauerlich. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: In der Wirtschaft geht es sich aus!) Wir werden erst einmal sehen, was in der Wirtschaft herauskommt! Aber auf die Wirtschaft komme ich auch noch zu sprechen.

 

Wollen Sie im Bereich der Kindergärten sparen? Sie wollen so wie wir die besten Kindergartenplätze. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Bei den linken Vereinen können Sie einsparen!) Kollege Gudenus! Wir können unterschiedlicher Meinung sein. Sie sagen: Linke Vereine kann man einsparen. – Ja! Man kann in Summe ... (Zwischenruf von GR Johann Herzog.)

 

Ganz kurz: Bei den Vereinen, von denen Sie reden, geht es in Summe um Beträge in einer Größenordnung von 6 bis 7 Millionen EUR. Das ist eine schöne Summe.

 

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