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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 51

 

die erlebte Gewalt übernehmen wollen, haben wir hier im Gemeinderat ja am 15.12.2010 sowie am 29.9.2011 das Projekt „Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt" beschlossen. In Zusammenarbeit mit der Magistratsabteilung 11, der Kinder- und Jugendanwaltschaft und dem Weissen Ring soll Betroffenen durch psychosoziale Angebote geholfen werden, sie sollen finanziell entschädigt werden, und es soll letztendlich auch ihrer Geschichte Gehör verschafft werden - eine Forderung, die gerade auch von vielen Opfern erhoben wurde.

 

Wir haben ja hier im Gemeinderat durch die entsprechenden Beschlüsse auch finanzielle Mittel in Höhe von 5,8 Millionen EUR für Entschädigung, unabhängig von der Verjährungsfrist, bereitgestellt. Wir haben die anerkannte Opferschutzeinrichtung Weisser Ring ersucht und letztendlich mit dem Beschluss des Gemeinderates auch beauftragt, den Betroffenen rasche und auch unbürokratische Hilfe sowie auch eine Entschädigung im außergerichtlichen Weg zukommen zu lassen - wohl wissend, und das haben sowohl der Weisse Ring als auch wir bei der entsprechenden Pressekonferenz, als wir uns zur Verantwortung bekannt haben und uns auch bei den Opfern für diese Jahrzehnte zurückliegenden Demütigungen und Misshandlungen entschuldigt haben, immer wieder auch gesagt, dass völlig klar ist, dass finanzielle Entschädigung erlittenes Leid nicht vollständig tilgen kann, nicht beseitigen kann. Es war für uns daher wichtig, dass wir in der Stadt auch die Möglichkeit geschaffen haben, dass Therapieangebote in Anspruch genommen werden und seitens der Stadt auch hiefür die Kosten übernommen werden.

 

Im Rahmen des Weissen Ringes wurde ein Opferschutzgremium eingerichtet, das sich aus acht Mitgliedern zusammensetzt und vom Präsidenten des Weissen Ringes geleitet wird. Diesem Gremium gehören VertreterInnen der Justiz, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Psychologie, der Opferanwaltschaft, der Kinder- und Jugendanwaltschaft und des Weissen Ringes an. Bisher haben sich bei dieser Einrichtung, nicht zuletzt auch auf Grund einer sehr klaren Kommunikation und auch einer immer wieder ergangenen klaren Aufforderung, rund 500 Personen gemeldet.

 

Um dem Wunsch vieler Opfer - ich habe es schon erwähnt – Rechnung zu tragen, dass ihrer Geschichte Gehör verschafft wird, haben wir darüber hinaus auch die Historikerkommission eingerichtet, um die Geschichte der Wiener Heimerziehung und des Fürsorgewesens der Stadt Wien in der Nachkriegszeit historisch aufzuarbeiten. Es geht hier nicht um die konkreten Untersuchungen, auch nicht um die Leistung entsprechender Entschädigungszahlungen, es geht nicht darum, hier eine Ersatzstaatsanwaltschaft ins Leben zu rufen, sondern es geht dabei um die historische Aufarbeitung der Geschichte der Wiener Heimerziehung, der entsprechenden Rahmenbedingungen, vor allem aber auch um die Geschichte der Opfer in diesem Zusammenhang. Diese Historikerkommission wurde unter der Leitung von Univ-Prof Dr Reinhard Sieder vom Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität installiert, und Opfer sollen dabei eben die Möglichkeit haben, sich und ihre persönliche Geschichte im Rahmen des Oral-History-Projekts entsprechend einzubringen.

 

Unabhängig davon erhalten alle Betroffenen selbstverständlich, wie schon bisher - und auch das wurde noch einmal entsprechend öffentlich kommuniziert, schon im vergangenen Jahr -, auch die Möglichkeit, ihre Unterlagen einzusehen. Den Betroffenen soll damit auch ein transparenter Zugang zu einem Teil ihrer Lebensgeschichte eröffnet werden - einer Lebensgeschichte, die allerdings auf Grund der Tatsache, dass es völlig andere sozialpädagogische Standards, oder Standards der Heimerziehung, gegeben hat, durchaus oftmals nicht den Erwartungshaltungen entspricht, weil eben Dokumentationen, wie sie heute Standard in der Sozialpädagogik sind, in der historischen Zeit der Heimerziehung - und es handelt sich hier wirklich um einen völlig anderen Bereich - nicht Standard waren.

 

Zum Kinderheim Wilhelminenberg, das 1977 geschlossen wurde, ist geplant, eine eigene Kommission einzurichten. Wir werden hier letztendlich diese Kommission mit dem Auftrag auszustatten haben, die aktuellen erschütternden und allerdings immer wieder auch in verschiedensten Darstellungsformen jetzt an die Öffentlichkeit gelangenden Aussagen entsprechend zu prüfen und eingehend zu untersuchen und einen wichtigen Unterstützungsbeitrag dafür zu leisten, dass die Geschichte des Schlosses Wilhelminenberg und all jener öffentlich dargestellten Vorwürfe lückenlos aufgearbeitet wird.

 

Dieser Kommission wird selbstverständlich auch Einsicht in alle Archive der Stadt Wien gewährt werden und gewährt werden müssen. Wenn es hiefür auch entsprechender rechtlicher Grundlagen bedarf, bin ich sicher, dass der Wiener Landtag diese Grundlagen dann auch zu schaffen haben wird, aber auch, so glaube ich, in großer Einheiligkeit schaffen wird.

 

Unmittelbar nach den ersten Vorwürfen zum Kinderheim Wilhelminenberg hat der Abteilungsleiter der MAG ELF im August 2010 alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Abteilung auch angewiesen, alle vorhandenen Unterlagen aufzuheben, nicht zu skartieren, um hier eben möglichst alles an vorhandenen Unterlagen im gesamten Umfang zu sichern. Es betrifft dies nicht nur das Schloss Wilhelminenberg, sondern es betrifft wirklich alle Unterlagen, und das schon im Zusammenhang mit den im vergangenen Jahr bekannt gewordenen Vorwürfen, die letztendlich zu unseren Beschlüssen im Gemeinderat geführt haben, aber auch zu dem klaren Bekenntnis, dass wir hier letztendlich auch Verantwortung tragen.

 

Dies ist vor allem auch im Zusammenhang mit dem damals geplanten und im Dezember 2010 im Gemeinderat beschlossenen Projekt „Hilfe für Oper von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt" zu sehen, und ich bin überzeugt davon, dass diese

 

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