Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 51
Kirchen und Kirchenvertreter betroffen. Da gab es eine Historikerkommission, eine Klasnic-Kommission und man weiß, und hat es von den Opfern danach erfahren, dass die Hemmschwelle sehr groß war durch die Nähe der Kirche. Damals wurde über Entschädigungszahlungen gesprochen, aber was ist sonst passiert in den letzten eineinhalb Jahren? Deshalb ist es in unser aller Verantwortung, und ich gebe es auch an die ÖVP mit, schon damals war das Thema, wie es mit dem Zivilrecht, dem Strafrecht, den Verjährungsfristen ist, und ich frage Sie: Was ist seit damals passiert.
Das Zweite, was auch entscheidend ist, ist, auch wenn ich keine Hoffnung habe, dennoch richte ich mich hier an die Opfer und an die Menschen, die es ernst meinen. Auch die SPÖ sollte die Fehler von damals nicht wiederholen. Wir haben vor eineinhalb Jahren auch im Bund viel darüber diskutiert, ob es nicht eine staatliche Einrichtung geben muss, die alle Vorwürfe in Heimen und auch in Kirchen überprüfen soll. Da gab es keinerlei Unterstützung einer SPÖ, man hat nichts gehört, anscheinend waren damals die Opfer nicht so wichtig.
Gerade im Gegenteil, die Opfer haben sich bei uns nach den Nationalratsdebatten gerührt, sie haben sich von der FPÖ missbraucht gefühlt, weil es wieder zu einer Abrechung mit Parteien gekommen ist sowie hier und heute, auf dem Rücken der Opfer. Was noch entscheidend ist, ist: Völlige Transparenz erkennen wir an, dieses Leid, das diesen Kindern widerfahren ist, klären wir aber klar und deutlich und was konkret passiert ist. Wir dürfen es aber auch nicht den Medien überlassen.
Was ist konkret passiert und wie konnte es passieren, ist die entscheidende Frage. Beim Strafrecht ist es wichtig zu schauen, nicht den Opfern Hoffnungen zu machen, dass es nach den Anzeigen auch tatsächlich zu einer Bestrafung kommt, sonst werden sie noch einmal gedemütigt. Hier müssen Experten entscheiden, Forensiker, Traumexperten, wie es sinnvoll ist, hier die Gesetze zu verändern. Unsere Aufgabe ist es, aufzuklären und auch in die Prävention zu investieren, weil eines ist schon klar: Das passiert in sehr autoritären radikalen Strukturen, und viele haben davon gesprochen, dass hier auch ErzieherInnen mit nationalsozialistischem Gedankengut tätig waren. Jede autoritäre Struktur ...
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen, ich bitte um ihren Schlusssatz!
GRin Birgit Hebein (fortsetzend): In Ordnung. Wie auch immer, bleiben wir sensibel, auch wenn die FPÖ heute noch Straflager für Jugendliche fordert. Vielen Dank! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.- Heiterkeit bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Vettermann gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Heinz Vettermann (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Was uns hier im Gemeinderat eint, ist, wir sind für eine lückenlose und vollständige Aufklärung und Aufarbeitung der Vorwürfe und der Vorkommnisse und ich glaube, wir haben auch da immer gemeinsame und auch einstimmige Beschlüsse dazu gefasst. Es gibt aber neue Vorwürfe, massive Vorwürfe, viele Vorwürfe, und darauf wurde auch entsprechend rasch reagiert und ich sehe auch da die Aufklärung und Aufarbeitung ebenfalls gesichert. Wir haben für die nächste Woche den Sonderausschuss einberufen, den Gemeinderatsausschuss, er wurde vom Stadtrat selbst angeregt, wird von den Regierungsparteien einmal getragen, und auch die Opposition war durchaus dafür, dass wir uns diesem Thema widmen, sodass auch das hier gemeinsam getragen ist, und es wird eine Sonderkommission, eine Aufarbeitungskommission nur zum Wilhelminenberg allein geben, die man deshalb auch herauslösen muss, weil es hier natürlich eine schnellere Aufarbeitung braucht und auch außerdem die Zahl der Meldungen durch die Veröffentlichung explosionsartig angestiegen ist, sodass man nicht sagen kann, dass das auch in der normalen Historikerkommission bearbeitet wird.
Auch das ist gesichert und wird vorgestellt werden und, so glaube ich, es werden entsprechend alle Vorwürfe behandelt werden. Denn wie sind wir vorgegangen? Es war ja so, dass sich im Rahmen der Vorwürfe an die kirchlichen Einrichtungen zuerst Menschen an die Kinder- und Jugendanwaltschaft, die ja gänzlich unabhängig war, gewandt haben, wir haben aber gesagt, nein, es soll sozusagen von Wien wirklich ganz wegkommen, damit nicht jemand gehindert ist, weil er wieder Wien trifft - und da kann man nicht erwarten, dass sich der genau auskennt, was ist Kinder- und Jugendanwaltschaft, wie ist das mit der Unabhängigkeit - und daraufhin wurde der Weisse Ring, eine wirkliche und anerkannte Opferschutzorganisation, beauftragt, hier diese Abklärung vorzunehmen.
Die schaffen es auch, eine sensible Prüfung und Befragung durchzuführen, denn viele wollen ja nicht, dass sie ihre Erlebnisse im Rahmen der Befragung noch einmal durchleben müssen, und sie wollen auch nicht Öffentlichkeit. Was wir aber machen, ist, dass wir die Therapiekosten, die Therapie übernehmen, dass dort, wo Öffentlichkeit gewünscht wird, diese auch gegeben ist und dass der Weisse Ring auch zu der Historikerkommission entsprechend, nicht überweist, sondern den Kontakt herstellt, sodass wir die beglaubigten Fälle auch haben, und gleichzeitig entscheidet der Weisse Ring auch über die Entschädigung. Wir sollten gemeinsam auch dem Versuch widerstehen, das politisch zu missbrauchen.
Jetzt einen einzigen Nebensatz zu Kollegen Dr Wolfgang Ulm: Bis 1973 war die ÖVP mit amtsführenden Stadträten vertreten, aber auch das sei gesagt, wenn man es aufarbeitet, werden wir uns nicht drücken, und es wird sich die gesamte Wiener Politik nicht drücken können vor dem, was hier an Verantwortung kommt. Denn eines ist klar, dass es diesen Bericht gegeben hat, und dass natürlich darauf reagiert wurde, indem 1974, 1976, 1977 Heime geschlossen wurden. Ob das schnell
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