Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 150
Ich gebe es zu, das war die Hoffnung. Es war auch die Hoffnung, dass wir das hohe Leistungsniveau der Stadt Wien ohne größere Gebührenerhöhungen aufrechterhalten können. Ja, diese Hoffnung war da. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist eine weltfremde Hoffnung gewesen!)
Nur, in einer Situation, in der die Ertragsanteile nicht so steigen werden, wie wir es uns alle erhofft haben, weil die Wirtschaft leider auch nicht in dieser Größenordnung wächst, sage ich ganz offen: Ich stehe zur Erhöhung der Kurzparkzonentarife, ich stehe zur Erhöhung der Wassertarife, wenn das die Alternative dazu, um ein Budget zusammenzubringen, gewesen wäre, was alle anderen ÖVP-regierten und FPÖ-regierten Bundesländer machen: den Gratiskindergarten streichen. Das hätte die Menschen in Wien getroffen! Das hätte genau ins Herz derjenigen getroffen, für die es wichtig ist, finanzielle Mittel bereitzustellen.
Aus diesem Grund kann ich Sie nur ersuchen, diesem Budget zuzustimmen. - Ich danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr StR DDr Schock. Ich erteile es ihm.
StR DDr Eduard Schock: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Es hat ja die Generaldebatte heute interessant eine neue Linie der SPÖ in diesen Fragen gezeigt, die in ihrer Not, weil sie nicht mehr aus und ein weiß, jetzt offenbar einen Schuldigen sucht; ablesbar beim Herrn Klubobmann Schicker, der hier einen großen Teil seiner Redezeit dafür verwendet hat, auf die Spekulanten zu schimpfen. Zu sehen war das auch bei Frau Brauner, die heute in ihrer Budgetrede die Rating-Agenturen beschimpft hat, die weit weg sind. Die sind schuld! Das ist offenbar die neue Linie der SPÖ, dass man einen Schuldigen sucht.
Aber, meine Damen und Herren, ist an Ihnen wirklich die Entwicklung der letzten zwei, drei Wochen vorbeigegangen, dass die Finanzwelt nach Österreich blickt? Dass unsere Risikoprämie steigt, dass wir immer mehr Geld zahlen müssen für unsere Kredite, weil wir eben kein erstklassiger Schuldner mehr sind? Dass wir schon doppelt so viel wie etwa Deutschland für unsere Kredite zahlen müssen? Die Deutschen: 1,7 Prozent; wir sind derzeit schon bei 3,5 Prozent. Haben Sie das alles wirklich nicht mitbekommen, was sich auf den Finanzmärkten abspielt?
Da beginnen Investoren bereits weltweit, Österreich zu meiden, und die Gründe sind klar: völlige Reformunfähigkeit, meine Damen und Herren! Eine Studie hat letzte Woche gezeigt, dass wir bei den Reformen das Schlusslicht sind, dass wir hier überhaupt keine Reformen zustande bringen. Dann kommt hier eine Stadträtin heraus und sagt in ihrer Budgetrede: Es ist eigentlich eh alles okay, es wäre eigentlich eh alles super, wenn hier nicht die bösen Rating-Agenturen wären, die man jetzt an die Kandare nehmen muss, das ist die eigentliche Wurzel des Bösen.
Frau Stadträtin! Schuld sind doch nicht die Rating-Agenturen, schuld sind Sie, ist die SPÖ mit ihrer Schuldenpolitik! Sie sind gerade dabei, auf Bundesebene, aber mittlerweile auch hier in Wien die Bonität Österreichs, die Bonität unseres Landes zu verspielen. Sie haben den Ernst der Lage, wie man sieht, überhaupt noch nicht erkannt. Wachen Sie doch endlich auf, Frau Stadträtin, wachen Sie auf, bevor es zu spät ist! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Die Frau Stadträtin hat natürlich ihr Budget wieder über den grünen Klee gelobt. Schauen wir uns das einmal ganz kurz der Reihe nach an den Budgetindikatoren an, etwa bei der Investitionskraft. Wenn man das mit dem Jahr 2010 vergleicht, dann sieht man, dass wir bei den Investitionen ein gewaltiges Minus haben: bei der Wohnbauförderung 40 Millionen, bei Wiener Wohnen 15 Millionen, bei der Wirtschaftsförderung - bei den Mitteln, die unsere Klein- und Mittelbetriebe direkt bekommen - ein Minus von 6 Millionen, bei der Wirtschaftsförderung insgesamt ein Minus von 41 Millionen, beim U-Bahn-Bau ein starkes Minus von 76 Millionen.
Das heißt, dass die Investitionsquote massiv gekürzt wird. Wenn man das mit dem vorigen Jahr, mit 2010 vergleicht, dann sieht man, dass die Investitionsquote, die im Vorjahr noch 15,1 Prozent ausmachte, im nächsten Jahr, in dem Budget, das Sie uns vorlegen, nur mehr 13,9 Prozent ausmacht. Von 15,1 auf 13,9 Prozent, also ein Minus von 1,2 Prozentpunkten!
Meine Damen und Herren! Schauen wir uns zweitens die Einnahmensituation an. Man könnte ja budgetpolitisch durchaus - und das wäre vielleicht sogar argumentierbar - einen Sparkurs ausgeben. Man könnte sagen: Sparen wir bei den Ausgaben, von mir aus auch bei den Investitionen, um aber dann bei den Einnahmen zu entlasten, um die Einnahmen zu senken, um mehr private Kaufkraft zu schaffen, um gegenüber dem Geld, das bei der öffentlichen Hand, bei der öffentlichen Nachfrage ausfällt, die private Kaufkraft im Gleichklang zu stärken.
Aber, Frau Stadträtin, das passiert ja nicht! Das haben Sie nicht geschafft in dem Budget, das Sie hier vorlegen, davon sind wir meilenweit entfernt. Es ist ja heute wiederholt das Belastungspaket der rot-grünen Regierung zitiert worden: bei den Mieten ein Plus von 5,5 Prozent, Kanal/Müll plus 6 Prozent, beim Gas plus 15 Prozent in nur einem Jahr, beim Wasser plus 33 und beim Kurzparken jetzt sogar plus 70 Prozent.
Meine Damen und Herren! Das heißt, dass eine durchschnittliche Familie, die auf 80 m² wohnt, die in einer 80-m²-Gemeindewohnung wohnt, hier mit 550 EUR pro Jahr zusätzlich belastet wird. 46 EUR pro Monat beträgt die zusätzliche Belastung durch dieses Paket. Frau Stadträtin, es ist also keine Rede von einer Entlastung, ja ganz im Gegenteil: Sie haben die Ausgaben gekürzt, Sie haben aber gleichzeitig die Einnahmen gewaltig hinaufgeschnalzt!
Schauen wir uns drittens die Schuldenentwicklung an, den dritten Parameter eines Budgets neben den Ausgaben und den Einnahmen. Man könnte natürlich auch das Ziel verfolgen, wenn man sagt, wir müssen hier auf die Bremse treten, wir müssen die Ausgaben, die
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