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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 26.03.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 38

 

hat, weil es bisher eine Usance in diesem Haus gegeben hat, eine gute Usance, dass ehrenrührige Behauptungen, etwa wie das Wort Lügner, hier mit einem Ordnungsruf geahndet werden. Es hat dann schon seit mehreren Sitzungen eine Entwicklung begonnen, wo man bewusst, so scheint mir, mit dieser Usance gebrochen hat. Es war bereits im Herbst des Vorjahres, es war im September, als die grüne Vorsitzende Pilz begonnen hat, plötzlich, aus heiterem Himmel, mit diesen Usancen zu brechen und von oben herab verkündet hat, was falsch ist und was richtig ist. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Soll sie denn herunterkommen?)

 

Meine Damen und Herren, es war für mich eigentlich nicht verwunderlich, dass eine Grüne, die aus einer Fraktion kommt, die eine lange realsozialistische Tradition hat, begonnen hat, hier von oben herab plötzlich autoritär zu beurteilen, festzustellen, was richtig ist, was falsch ist. Frau Vorsitzende, das hat es bisher in diesem Haus nicht gegeben! (GRin Dr Sigrid Pilz: Das ist jetzt unwahr!) Das habe ich zum ersten Mal aus Ihrem Mund gehört, dass hier von oben herab verkündet wird, was falsch ist, was richtig ist (GRin Martina Ludwig-Faymann: Sie sitzt halt dort oben!), dass hier autoritär über die Wahrheit geurteilt wird. Wie gesagt, es hat mich bei Ihnen nicht verwundert!

 

Aber, meine Damen und Herren, dass heute der sozialistische Vorsitzende, Herr Schuster, das Gleiche getan hat, hier in das gleiche Horn gestoßen hat, offenbar im Zuge einer rot-grünen, abgemachten Strategie, sich anzumaßen, hier von oben herab die Wahrheit zu verkünden, hat mich erschüttert! (GR Godwin Schuster: Weil es so ist!) Das hat mich echt erschüttert, Herr Kollege Schuster! (Beifall bei der FPÖ. - GR Godwin Schuster: Es ist so, wie es ist!)

 

Weil was heißt denn das? Das würde einerseits eine Verrohung der Sitten heißen, Herr Kollege Schuster! In Zukunft ist der Zwischenruf Lügner also erlaubt, wie Sie das heute hier erstmals festgestellt haben. Er ist vom sozialistischen Vorsitzenden erstmals legitimiert. Das heißt, jeder hier wird behaupten, das sei wissentlich die Unwahrheit und wir werden dann hören: „Lügner, Lügner!" So werden die zukünftigen Sitzungen stattfinden. Das haben eigentlich Sie zu verantworten, Herr Kollege Schuster! (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das haben eigentlich Sie zu verantworten!) Das finde ich eigentlich als eine sehr unerfreuliche Entwicklung! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber was heißt denn das noch? Das ist viel schlimmer als der Stil in diesem Haus, der schon schlimm genug ist. Aber zweitens, meine Damen und Herren, heißt das, und das ist viel schlimmer, der Beginn einer Sprachpolizei, dass hier eine rot-grüne Regierung beginnt, eine Sprachpolizei auszuüben, wo der Vorsitzende von oben herab Polizei spielt und entscheidet, was richtig ist und was falsch ist (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Heißt das jetzt, die FPÖ entscheidet das?), wo der Vorsitzende von oben herab die Wahrheit verkündet, wie das - Herr Margulies, das gefällt Ihnen wahrscheinlich - in autoritären Regimen natürlich an der Tagesordnung ist. Aber, meine Damen und Herren, eigentlich ist diese Entwicklung in diesem Hause bestürzend, dass heute eine Entwicklung begonnen wurde, einerseits zu einer Verrohung der Sprache, aber zweitens eine Entwicklung mit autoritären Zügen, wo in Zukunft die Mehrheit entscheidet, die Mehrheit mit 51 Prozent der Mandate, was richtig ist, was falsch ist, wo eine rot-grüne Sprachpolizei, eben wie in autoritären Staaten, von oben herab die Wahrheit verkündet!

 

Herr Kollege Schuster, ich appelliere daher an Sie! Ich habe Sie bisher als redlichen Kollegen und auch als aufrechten Demokraten kennen gelernt. Ich appelliere wirklich an Sie, lassen Sie sich hier nicht von Ihrem grünen Koalitionspartner vor sich hertreiben, Herr Kollege Schuster! Hören Sie auf, sich von den GRÜNEN vor sich hertreiben zu lassen! Wehren wir den Anfängen und hören Sie auf, hier eine rot-grüne Sprachpolizei in diesem Haus einzuführen, Herr Schuster! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber, meine Damen und Herren, jetzt zum Kollegen Deutsch und zu seiner Wortmeldung: Das ist einer der wesentlichsten Gründe für diese Sondersitzung, nämlich die Doppelbödigkeit, mit der eine Partei in diesem Haus argumentiert. Der Kollege Deutsch hat hier wieder ein klassisches Beispiel dieser Doppelbödigkeit einer Partei abgegeben, die vor den Wahlen immer von Gerechtigkeit spricht, dann aber ganz anders handelt, einer Partei, die sich wundert, dass sie immer mehr an Stimmen verliert. Da gibt es eine Partei, die im Hinblick auf die nächsten Wahlen immer von Reichensteuern spricht, dass man die Oberen zur Kasse bitten muss, aber dann das Gegenteil tut. Meine Damen und Herren, Faymann hat im ganzen Land plakatieren lassen: „Fairness ist die Voraussetzung für eine soziale und gerechte Politik." - Das ist ein wörtliches Zitat von ihm. Und nach den Wahlen? Schauen wir uns das einmal an, gerade weil der Kollege Deutsch die Gerechtigkeit in Wien eingemahnt hat. In Wien Steuerbelastungen beim Wasser plus 33 Prozent, beim Gas plus 50 Prozent in nur 5 Jahren, meine Damen und Herren. Ist denn das gerecht, wenn man hier beim Wohnen und beim Heizen verteuert, wo man nicht aus kann? Man kann nicht bei 15 Grad die Heizung auf 15 Grad hinunterdrehen oder nicht mehr duschen. Hier bei den einfachsten Lebensbedürfnissen die Menschen zu belasten, Herr Kollege Margulies, ist Wahnsinn, wo Sie hier mittun, Steigbügelhalter spielen und dann hier herauskommen, um von Reichensteuern zu sprechen (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das stimmt doch nicht!) und versuchen, die anderen in ein unsoziales Eck zu stellen! Herr Margulies, das ist die Unredlichkeit Ihrer Politik! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber schauen wir uns an, was auf der Bundesebene passiert, das aktuelle Paket: Beitragserhöhungen für die Selbstständigen, Einschränkungen beim Vorsteuerabzug, Anhebung der Höchstbeitragsgrundlagen. Meine Damen und Herren, damit werden die Lohnnebenkosten erhöht. Dieses Paket trifft nicht die Reichen. Es trifft den Mittelstand, die Mittelbetriebe, wo Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

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