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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 125

 

Anträge, die in den nächsten Stunden, in den nächsten Tagen dazu eingebracht werden. Wir diskutieren, wie gerecht das Wahlrecht ist. Ist es schon so schlimm wie in der Wirtschaftskammer, wo man mit 50 Prozent der Stimmen 80 Prozent der Mandate kriegt? Zum Glück nicht. (GR Mag Wolfgang Jung: Nach einem Jahr wollten Sie ein neues Wahlrecht haben, hat Ihre Stadträtin gesagt!) Es kommt ein neues Wahlrecht. Das steht im Wahlprogramm. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber das ist schon lange her! Das ist wie alle Ihre Versprechungen, heiße Luft!) - Herr Jung, das Jahr 2012 ist noch nicht vorbei. (GR Mag Wolfgang Jung: Ihre Stadträtin hat gesagt, in einem Jahr!)

 

Der Rechnungsabschluss bezieht sich auf das vergangene Jahr. Aber das Jahr 2012 ist noch nicht vorbei. Das dauert noch mehr als sechs Monate. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie hat es vor eineinhalb Jahren gesagt!) - Herr Jung, Ihre Fraktion hat ausgemacht, dass Sie sich nicht aufregen sollen! Er hält sich nicht einmal mehr an die Vorgaben der eigenen Fraktion. Da wird es dann schwierig mit der Zusammenarbeit.

 

Demokratie: Wir kämpfen um ein Wahlrecht. Das ist dem Koalitionsvertrag zu entnehmen. Wir sagen, EU-BürgerInnen sollen in Wien wahlberechtigt sein. Wir werden hinter den Koalitionsvertrag nicht zurückfallen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Aber hinter den Rahmenvertrag!) Jetzt ist die Frage für die FPÖ und die ÖVP, ob Sie da mittun wollen oder nicht. Weil da offensichtlich Unklarheiten bestehen, nur ein paar Sätze, wie das in anderen Ländern schon lange gehandhabt wird. Ich halte es tatsächlich für eine ganz entscheidende Frage, wie wir in den kommenden Jahren in der Stadt miteinander umgehen. Menschen vom Wahlrecht auszuschließen, ist Demokratieentzug pur. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das ist der einzige Punkt, der Ihnen dazu einfällt!) Einem Nullwahlrecht für hunderttausende Menschen hängen Sie immer noch an. (StR Mag Manfred Juraczka: Das ist alles, was Ihnen dazu einfällt!) Deswegen nur in aller Kürze, Dänemark, 1974 - das ist schon eine Weile her -, BürgerInnen nordischer Staaten zuerst wahlberechtigt, dann alle Drittstaatsangehörigen mit dreijährigem, legalen Aufenthalt. Schweden seit 1975, alle, die drei Jahre in Schweden leben, über 18, aktiv und passiv, Provinzlandtage heißt das dort, wahlberechtigt. Finnland seit 1976, seit 1991 Ausweitung auf alle AusländerInnen, für Drittstaatsangehörige gilt eine Zweijahresfrist. Irland seit 1974, alle, die sechs Monate in Irland leben, passiv wahlberechtigt. Niederlande seit 1985, alle, die fünf Jahre im Land leben, aktiv und passiv auf kommunaler Ebene wahlberechtigt. Luxemburg seit 2005, aktiv bei Kommunalwahlen für Drittstaaten und fünf Jahre Aufenthaltsdauer.

 

Weil ich das für eine ganz zentrale Frage halte und das Wahlrecht tatsächlich eine der wichtigsten Regeln ist, wie wir unser Zusammenleben organisieren und wer dazugehört, würde ich mir doch überlegen, ob man tatsächlich weiterhin hunderttausende Leute einfach vom Wahlrecht ausschließt, die da wohnen, die da ihre Steuern zahlen. Sie haben genau das bei der politischen Akademie gehört. Dort hat das Frau Roth genau so gesagt, sie versteht nicht, warum Menschen, die Krankenkassenbeiträge zahlen - das war, glaube ich, ihre Formulierung - nicht mitstimmen sollen. Das versteht sie nicht. Ich verstehe es auch nicht. (GR Armin Blind: Das hat mit einer ganzen Menge zu tun!) Viele andere verstehen es auch nicht. Sie lassen in Ihren Fraktionen Leute mitarbeiten, die keinen österreichischen Pass haben, Sie lassen in Ihren Fraktionen auch Leute kandidieren, die keinen österreichischen Pass haben, Sie haben BezirksrätInnen, die keinen österreichischen Pass haben und verwehren denen, die sich engagieren, die in der Bezirksvertretung sitzen, die da arbeiten, die da Kinder erziehen, die zu Ihrer Fraktion gehören, das Wahlrecht im Landtag. Das verstehe ich nicht. Die Erklärung dafür habe ich noch nicht gehört. Von der FPÖ kenne ich die Erklärung. Aber die Erklärung von der Volkspartei kenne ich nicht. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das ist wirklich nicht notwendig!) Das Einzige, was ich weiß, ist, dass das konservative Parteien, quer durch Europa, anders sehen.

 

Es ist ein bisschen schade, dass wir in einer Stadt, wo alle Parteien irgendwie behaupten, urban zu sein, tatsächlich einem Wahlrecht anhängen, das im vorigen Jahrhundert schon schlecht war, aber auf jeden Fall uralt ist. Ich lade alle, die Interesse an einem fairen Wahlrecht haben, ein, nicht Menschen davon auszuschließen. Nullwahlrecht für hunderttausende Menschen ist allemal ungerader als jede Verzerrung, die ein Wahlrecht beinhaltet. (StR Mag Manfred Juraczka: Das ist alles, was Ihnen zum Wahlrecht einfällt!)

 

Ende dieses Jahres wird es ein neues Wahlrecht geben. Genau das steht im Koalitionsvertrag. (StR Mag Manfred Juraczka: Notariatsakt, Herr Kollege!) Hinter den Koalitionsvertrag werden wir nicht zurückfallen, nur weil die ÖVP und die FPÖ hier offensichtlich leider immer noch im gemeinsamen Boot sitzen. (StR Mag Manfred Juraczka: Notariatsakt, Herr Kollege!) Meine Hoffnung habe ich noch nicht ganz aufgegeben. (StR Mag Manfred Juraczka: Notariatsakt, Herr Kollege!) Im Moment schaut es so aus, dass es eine zentrale Frage für das weitere Zusammenleben in der Stadt ist. Ich will, dass möglichst viele Menschen mit uns gemeinsam die Stadt gestalten. Diese werden dann auch anders ernst genommen. Leute auszuschließen, ist genau das Gegenteil. Das ist Trennen. Das ist nicht ein Zusammenleben.

 

Die Wiener Charta ist ein Beitrag fürs Zusammenleben. Dieses neue Wahlrecht ist ein Beitrag zum Zusammenleben. Wer ein Interesse daran hat, dass wir in der Stadt alle gemeinsam an der Zukunft arbeiten, wird da bei uns sein. (GR Mag Dietbert Kowarik: Auszugrenzen ist eine Spezialität der GRÜNEN!) Wer weiterhin teilen will, ist halt bei den Blauen, die auch davon profitieren. Wo sich da die Volkspartei aufstellt, muss sie selbst wissen. Wir, Rot-Grün, arbeiten daran weiter, dass wir in dieser Stadt nicht nur gut zusammenleben, sondern dass wir uns gegenseitig faire Chancen geben und dass wir auch im ökologischen Bereich - das habe ich bei der Verkehrspolitik angesprochen - sehr viel weiterkommen. - Vielen Dank.

 

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