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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 125

 

mein Ernst –, das ist eine Zunahme von 21 Prozent innerhalb eines Jahres. Und welches Bundesland ist das zweitplatzierte Bundesland im Bereich der Mindestsicherungsempfänger und armutsgefährdeten Haushalte? … Es ist Niederösterreich. Aber Niederösterreich hat 9 153 Mindestsicherungsbezieher, armutsgefährdete Haushalte und ist einwohnermäßig ungefähr ähnlich groß wie Wien. Einwohnermäßig ähnlich hat Niederösterreich 9 153 Mindestsicherungsempfänger, Wien 129 000. Das zeigt, dass Sie auch im Bereich der Sozialpolitik kläglich versagt haben; nicht nur in der Wirtschaftspolitik, sondern gerade im Bereich der Sozialpolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und noch eine Kennzahl zu den armutsgefährdeten Haushalten. Nicht nur innerhalb von Österreich ist Wien das Bundesland mit den meisten armen Menschen, sondern laut einer Statistik auch europaweit. Wien ist die Großstadt in Europa mit den drittmeisten Haushalten mit niedrigem Einkommen. Das Einkommen wird hier gemessen am Anteil der Haushalte mit Einkommen unter der Hälfte des nationalen Durchschnitts. Schlechter als Wien sind nur Rotterdam und Amsterdam. Wien hat das drittniedrigste Einkommen im europäischen Städtevergleich, und das muss uns zu denken geben. Wien ist nicht nur national schlecht aufgestellt, sondern auch auf europäischer Ebene. (Beifall bei der FPÖ. – GR Mag Thomas Reindl: Wenn hier alles so schlecht ist, dann können Sie ja auswandern!)

 

Ich wandere deshalb nicht aus, weil ich, genauso wie Sie, eine Wienerin bin und diese Stadt liebe, so wie das auch meine Kollegen tun, und weil wir diese Politik hier verändern wollen. Deshalb wandere ich nicht aus, sondern bleibe bis 2015 hier, wenn wir wieder die Wahlen gewinnen werden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf von GR Kurt Wagner.)

 

Wettbewerbsfähigkeit – auch das wurde heute schon kurz angesprochen. Ein Indikator insbesondere für die zwei Bereiche, die ich schon genannt habe, nämlich für den Arbeitsmarkt und die Wachstumspolitik. Im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit ist Wien bedauerlicherweise auch schlecht aufgestellt, das zeigt das WIFO im Rahmen der 10-Jahres-Trendprognosen auf. Im Trend liegt Wien dabei immer schlechter als die anderen österreichischen Bundesländer, nämlich um 0,5 Prozentpunkte im 10-Jahres-Verlauf schlechter als alle anderen österreichischen Bundesländer.

 

Ein ähnliches Bild zeichnet die Cushman & Wakefield-Studie zur Standortattraktivität, aus der StR Herzog heute schon zitiert hat. (GR Prof Harry Kopietz: Stadtrat?) Er ist Zweiter Präsident des Landtages. Verzeih! Auch in der Cushman & Wakefield-Studie mit dem Titel European Cities Monitor – auch das wurde heute schon zitiert – fällt Wien zurück. Insbesondere bei der Wirtschaftsfreundlichkeit fällt Wien zurück; da rangiert Wien auf Platz 33 von 36. Das ist bei Gott kein Ruhmesblatt für unsere Gemeinde!

 

Daneben gibt es den UBS-Kaufkraft-Report. Auch da ist Wien zurückgefallen. Und auch der World Competitivness Report 2012 des schweizerischen IMD zeigt auf, dass Österreich insgesamt in der Wettbewerbsfähigkeit immer weiter zurückfällt, nämlich aktuell auf den 21. Rang von insgesamt 59 Rängen. Die Hauptgründe dafür sind mangelnde Effizienz in Regierung und Verwaltung.

 

Uns trifft das nicht, wir sind die Opposition, wir wollen das verbessern, aber Sie trifft das, meine Damen und Herren, insbesondere von Rot, denn Sie sind nicht nur in Wien in der Regierung, sondern Sie sind auch im Bund in der Regierung, und Sie sollten tunlichst daran arbeiten, dass sich das verbessert und dass Österreich wieder ein wettbewerbsfähiges Land wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es sind von unserer Seite heute schon einige konstruktive Vorschläge gemacht worden, wie man dieses Budget wieder in Ordnung bringen könnte. So hat auch StR Schock einige Vorschläge diesbezüglich gemacht. Ich kann auch noch weitere Punkte dazu anführen, die wir in der Vergangenheit schon als Anträge hier eingebracht haben.

 

Wir brauchen ein neues Finanzmanagement für die Stadt, ein Risikomanagement mit einer Schulden- und Veranlagungspolitik. – Ein Punkt, den auch der Rechnungshof schon kritisiert hat, das interessiert Sie aber offenbar nicht.

 

Wir brauchen eine verstärkte Kontrolle bei Bauprojekten mit Öffentlichkeitscharakter. – Die Gesiba-Zuschläge für die Spitäler sind heute bereits erwähnt worden.

 

Wir brauchen eine Reform der Vergabepraxis und ein Durchforsten der Förderungen. Ich erwähnte heute schon den Rechnungshofbericht dazu. Förderungen sind intransparent und ineffizient.

 

Wir brauchen eine umfassende Verwaltungsreform. Da wird uns leider das papierlose Büro, Frau Vizebürgermeisterin, nicht ausreichen. Wir brauchen da viel, viel mehr, wir brauchen wirklich strukturelle Reformen im Bereich der Verwaltung.

 

Wir brauchen daneben Einkommensobergrenzen im stadtnahen Bereich, wir brauchen die Stadtwerke neu geordnet und die Schaffung einer Wiener Gesundheitsholding.

 

Wir sind gerne bereit, all diese Punkte mit der rot-grünen Stadtregierung zu diskutieren. Wir stellen unser Know-how zur Verfügung. Wir würden uns freuen, wenn wir mit Ihnen in einen Dialog eintreten könnten, weil wir der Meinung sind, dass nur durch strukturelle Reformen, zu denen wir alle beitragen sollten, dieses Wiener Rechnungswesen, dieses Rote Buch der Rechnungslegung für die nächsten Perioden genesen wird.

 

Wenn Sie nicht der Meinung sind, dass Sie das mit uns umsetzen möchten, haben Sie ja immer noch die Chance, dass Sie sich in der nächsten Periode unter den ESM begeben. Hier wird man Ihnen sicherlich den einen oder anderen Kredit gewähren zu günstigen Konditionen, wie Sie sie vorher nur vom Schweizer Franken kannten. Der Rettungsschirm wird Ihnen dann beistehen, wenn Sie auf Bundesebene Österreich in dieses ESM-Abenteuer gestürzt haben, das Sie ja auch noch

 

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