Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 79
die Kampagne rund um die Pflegefamilien verwende ich auch als gutes Beispiel. Jetzt habe ich ganz kurz nur überschlagen: 500 000 EUR für die Pflegefamilien, 120 neue Bewerbungen. Das waren die Zahlen, die die Frau Leeb jetzt verwendet hat. Das sind auf die Schnelle 4 167 EUR, gerundet, pro Kind, das vorher nicht besonders gut dran ist und dann eine Familie bekommt. (GR Mag Wolfgang Jung: Wie viele davon sind geblieben?) Herr Jung, wenn es ein Drittel ist, sind es halt 12 000. (GR Mag Wolfgang Jung: Wie viele sind es wirklich?) Na, sagen wir ein Drittel, sagen wir 12 000 EUR. Ist es das wert, dass die Stadt Wien sich bemüht, Pflegefamilien zu finden für ein Kind? Und jetzt nehmen wir das Kind. Das ist ja noch klein, und das wird noch, bis es 17, 18, 20 Jahre alt ist, in einer Familie sein. Das kostet uns 12 000 EUR. Ist es das wert oder nicht? (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Sagen wir jetzt, das ist pro Jahr kein Tausender. Ich schaffe also bessere Bedingungen für ein Kind für weniger als 1 000 EUR im Jahr.
Da sage ich ganz ehrlich ... (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.) Frau Leeb, Sie würden Beispiele finden beim PID, wo wahrscheinlich ein paar Leute von uns oder alle vielleicht auf Ihrer Seite sind, aber verwenden Sie bitte nicht die Kampagne für die Pflegefamilien. Die finde ich tatsächlich gut. Und wir sind doch alle froh, wenn Kinder, denen es nicht gut geht, eine Pflegefamilie finden. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Zur Bildung in Wien an sich. Das ist ja für jeden, der etwas für Gerechtigkeit, für sozialen Frieden und für Möglichkeiten und Chancen übrig hat, das zentrale Thema. Das Ärgerliche an dem Thema ist, dass ganz viele Fakten da sind, dass nahezu alles schon bekannt ist und die Politik trotzdem in die andere Richtung fährt. Und das hat halt leider in dieser Frage sehr, sehr viel mit der Österreichischen Volkspartei zu tun. Das Schräge daran ist, wie das jedes Mal ist, wenn einer ausscheidet aus der Politik. Der Herr Salcher ist lange Jahre hier gesessen. Da habe ich nie irgendwelche konstruktiven Vorschläge gehört in Richtung: Soll man Kinder vielleicht etwas länger gemeinsam unterrichten, wie das in anderen Ländern üblich ist? Soll man ihnen vielleicht die Möglichkeit geben, den ganzen Tag in die Schule zu gehen? Das habe ich nicht gehört. Kaum ist ein ÖVP-Politiker draußen aus der Politik, werden Bücher geschrieben, wo genau die Vorschläge aller progressiven Kräfte von den Grünen, von der Sozialdemokratie und von anderen drinstehen. Das passiert uns immer wieder.
Das ist gut, weil es bedeutet, dass es ohnehin irgendwo vorhanden ist, aber offensichtlich darf man es noch nicht sagen. Es heißt aber, es gibt Bewegung. Das muss man einmal positiv nehmen. Das gilt auch für den Herrn Landeshauptmann aus Tirol, über den ich nicht lauter schöne Sachen sagen kann, aber jetzt konzentrieren wir uns einmal auf die besseren. Der hat natürlich einen Vorteil, der hat nämlich ein sehr gutes Beispiel, wie das anders klappt als mit der alten ÖVP-Politik bei Bildung, nämlich Südtirol. In Südtirol werden die Kinder nicht früh getrennt. In Südtirol ist den ganzen Tag Schule. Übrigens sind Ganztagsschulen ganz auffallend oft katholische Privatschulen, nämlich fast immer, auch in Wien. Mein Sohn geht ja nicht in eine Privatschule, sondern in eine öffentliche in der Zennerstraße, aber daneben ist das Josephinum, und natürlich ist das eine Ganztagsschule, und zwar schon seit, ich weiß nicht, wie lange, seit immer schon. Also dort, wohin die konservativen Eliten ihre Kinder bringen, dort ist schon den ganzen Tag offen. Das ist klar, denn dort muss es gehen, nur für den Rest soll das nicht gelten. (GR Mag Dietbert Kowarik: Wohin gehen Ihre Kinder?) Herr Kowarik, meine gehen in den öffentlichen Kindergarten und in öffentliche Schulen. Überhaupt kein Problem.
Diese Bildungsfragen brauchen in Österreich leider, leider, leider oft Zweidrittelmehrheiten. Aber ich bin zuversichtlich. Nachdem es die Wirtschaft verstanden hat, nachdem es die Industriellenvereinigung verstanden hat, nachdem es der Landeshauptmann von Tirol – das hätte ich nicht für möglich gehalten – verstanden hat, werden wir irgendwann dort sein, dass es die gesamte Österreichische Volkspartei als Linie übernimmt.
Es gibt ja eh Bewegung, auch wenn die zuständige Ministerin auf Bundesebene sagt, sie würde lieber Rot-Grün haben, was ich verstehe, nämlich gerade in dieser zentralen Frage. Bildung ist das Um und Auf. Das fängt beim Kindergarten an. Deswegen ist Wien großes Vorbild. Wir sind immer noch die Einzigen, die einen Gratiskindergarten haben. Wir in Wien sind die Einzigen, die dieses Barcelona-Ziel erreicht haben. Das hat jetzt nichts mit Fußball zu tun, sondern – wer es nicht weiß – es bedeutet, ein Drittel der Ein- bis Dreijährigen in öffentlichen Einrichtungen unterzubringen. Da haben wir alle anderen Bundesländer weit abgehängt. Ziel ist aber nicht ein Drittel, sondern natürlich 50 Prozent. Wir wollen ja nicht nur Erste sein, sondern wir wollen den ersten Platz verteidigen.
Das ist eine große Aufgabe, aber es ist hier bei uns jetzt schon möglich für Familien, wo zwei Leute arbeiten gehen, und – das ist ja gestern von allen Fraktionen auch so gesagt worden – es arbeiten halt in vielen Familien zwei Leute. Gerne. Man muss nicht immer dazusagen, dass sie es müssen, sondern hoffentlich gehen die meisten Leute gerne arbeiten. Das kann man hier machen, weil der Kindergarten offen hat. Nicht wie in Niederösterreich, wo es, ich weiß nicht, wie viele Schließtage im Jahr gibt. Wir haben ja nicht einmal zehn Schließtage im Jahr. In Niederösterreich haben sie mehrere Monate geschlossen. Wie das Leute organisieren sollen, weiß ich nicht. Trotzdem muss man immer dranbleiben, denn man verteidigt einen ersten Platz nicht, indem man sich einfach zurücklehnt, sondern indem man darum kämpft, dass es immer besser wird.
Bei den Schulen, Ganztagsschulen, Campusschulen ist alles vorbildlich hier. Man sollte mehr machen. Ja, allerweil! Wenn wir das Geld selber drucken können, werden wir viel mehr machen, aber von der Richtung und im Vergleich in Österreich ist Rot-Grün in Wien mit Abstand die Nummer 1.
Das Schulsanierungspaket ist angesprochen worden. Ich gebe schon zu, natürlich wäre es ideal, wäre jede Schule auf einem Topstandard, und jede Schule hätte es verdient, dass sie die Stückeln spielt, die diese Campus
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